An den Abenden vor dem sechsten Dezember ziehen Chläuse, Schmutzlis, Esel, Trychler, Geiselchlöpfer, Iffelenträger und Örgeler durch das Dorf und klopfen an jede Tür. Mitten im Geschehen ist der Bauernsohn, Student und Samichlaus Dario Dittli.

Goldene Bücher und schwarze Gesichter

Die Vorbereitungen für den Abend sind schon in vollem Gange. Goldene Bücher werden vorbereitet, 56 junge Männer verkleiden sich und werden geschminkt. Die alten Hasen instruieren die jungen, die zum ersten Mal dabei sind. Ab der sechsten Klasse dürfen alle Buben in die Chlausrotte Mitteldorfberg eintreten. Bleiben können sie so lange bis sie heiraten. Auch Dario Dittli war schon als Primarschüler beim Chlauseslen dabei. Zuerst ist er nur am Nachmittag um die Häuser gezogen, musste aber um fünf zu Hause sein. Denn dann kam schliesslich der Samichlaus.

Ein guter Samichlaus

Später machte Dittli bei den Grossen mit, zuerst als Iffelen- also Laternenträger. Die Aufstiegschancen vom Schmutzli und Trychler bis zum Samichlaus sind gut. Dittli ist dieses Jahr bereits zum vierten Mal Samichlaus. Natürlich braucht man auch gewisse Voraussetzungen, um ein guter Samichlaus zu sein. «Man sollte gut reden können, nett zu den Kindern sein und die Leute im Dorf ein bisschen kennen», sagt Dittli. Mittlerweile muss man sogar Französisch und Englisch können, denn immer mehr Menschen, auch aus dem Ausland, ziehen nach Oberägeri. «Wahrscheinlich, weil es so schön ist bei uns.»

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Der Esel kassiert ein

«Das Chlauseslen, so wie in Oberägeri gibt es nirgendwo sonst», erzählt Dario Dittli. Die Samichläuse besuchen mit ihren Gehilfen ausnahmslos jedes Haus, auch wenn keine Kinder dort wohnen. «Wenn jemand zu Hause ist und die Türe nicht öffnet, machen wir einfach eine halbe Stunde lang Lärm», scherzt Dittli. Die meisten freuen sich aber auf Samichlaus, Schmutzli, Esel und Örgeler. Oft gibt es einen kurzen Schwatz an der Haustüre, in einigen Häusern bekommen die Chlausesler etwas zu essen und zu trinken und fast immer warten die Kinder schon ganz gespannt auf den Besuch.

«Viele Kinder haben Angst und fallen fast ab dem Stüehli, wenn sie mich sehen. Sie vergessen ihr Sprüchli und das Mami muss helfen», erzählt Dittli. Wenn die Kinder ihre Sprüchli aufgesagt haben und der Samichlaus mit den Familien über die guten und schlechten Dinge des letzten Jahres geredet hat, verteilt er die Geschenke. Es gibt Nüsse, Mandarinli und Lebkuchen, dazu machen die Örgeler Musik. Ganz zum Schluss sammelt der Esel – einer von der Truppe mit Steckenesel – die Spenden der Familie ein.

Eine Erfindung der Bauern

Woher diese Tradition genau kommt und wie lange es sie schon gibt, weiss niemand aus der Rotte so genau. Der Samichlaus kommt von der christlichen Religion, das Trychlen und die Iffelen hingegen sind eher keltische Bräuche. Die Kombination von allem haben dann die Bauern erfunden. Eigentlich ging es darum, dass die jungen Bauern Mädchen treffen konnten. Sie besuchten die Familien als Schmutzli und färbten die Wangen desjenigen Mädchens schwarz, das sie interessierte. So wusste jeder, welches schon vergeben war. Ausserdem war der 6. Dezember ein Feiertag. «Am Vorabend hatten die Jungen deshalb die Gelegenheit, um über die Stränge zu schlagen», vermutet Dario Dittli.

Es gibt für alle etwas

In Oberägeri gibt es den Brauch des Chlauseslens schon lange; vielleicht schon so lange, wie die Kirche im Dorf. «Er soll so beibehalten werden, wie er ist», findet Dittli. Das heisst, es dürfen nur ledige Männer mitmachen. In anderen Orten sind mittlerweile auch Frauen und verheiratete Männer dabei.

In Oberägeri gibt es für Mädchen den Brauch des «Engelens». Sie ziehen um den Dreikönigstag in kleinen Gruppen durch das Dorf und singen für die Menschen. «So gibt es für alle etwas», erklärt Dario Dittli den Grund, weshalb es keine Chläusinnen gibt.

Los gehts

Mittlerweile ist die Rotte Mitteldorfberg bereit zum Abmarsch. Vier Chläuse sind mit je einer Gruppe unterwegs. Voraus geht der Chlaus mit den Schmutzlis, dann folgen die Iffelenträger und Trychler. Der Geisselchlöpfer ist mal hier und mal da. In Garagen, die besonders schön hallen, knallt er extra laut. Man hört die Rotte schon von Weitem und die Kinder wissen: Jetzt kommt der Samichlaus.

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Dem Chlaus begegnen

Am Samstag, 7. Dezember ziehen alle fünf Rotten aus Oberägeri ZG durch das Dorf. Der Umzug beginnt um 19.30. Start ist die Kreuzung von Hauptstrasse und Bachweg. Alle Chläuse, Trychler, Iffelenträger, Geiselchlöpfer und Schwyzerörgeliformationen von Oberägeri sind dabei. Gegen die Kälte werden warme Getränke ausgeschenkt. Nach dem Umzug findet beim Feuerwehrdepot ein Ustrychle statt. Der Umzug mit allen Rotten wird nur alle fünf Jahre durchgeführt.