In unserer Regionalpresse liefern sich die Journalisten fast einen Zweikampf, wer mehr über die moderne Trachtenbekleidung des Couture-Unternehmens schreiben kann. Schon vor ein paar Wochen habe ich mich ereifert, da wurde moderne Trachtenmode in einem Artikel mit Ausdrücken der traditionellen Trachten vermischt, es ergab das reinste «Birchermüesli».


Bereits da habe ich mir überlegt, ob ich als diplomierte Trachtenschneiderin mit Leserbrief und E-Mail meinen Unmut über solche Unterfangen kundtun soll. Ich habe mich dagegen entschieden und gedacht, es wird nichts so heiss gegessen, wie es gekocht wird.

Nun fand wohl erneut eine Modeschau statt, und die Regionalblätter überschlagen sich mit

Bildern und Berichten der Trachtenmode unter dem Label «Blüemlisalp». Der aufmerksamen Leserin wird aufgeführt, diese Trachtenmode entspreche einem neuen Stil. Ein Designer aus Zürich (woher denn sonst) habe sich von Bildern der Schweizer Trachten inspirieren lassen.

Der Designer besitzt wahrscheinlich das Bild einer Bernertracht, da fast ausschliesslich Teile davon übernommen worden sind. Die drei Models stolzieren in ihren Trachtenkostümen auf hohen Absätzen durch die Räume des Couture-Geschäfts. Ihre Kleider bedecken knapp die Knie. Die Röcke sind in der Taille gerafft, darüber werden schürzenähnliche Gebilde getragen.


Ein Mieder, ebenfalls dem bernischen Mieder mit der vorne verlängerten Taille abgeschaut, ergänzt das Kleidungsstück im oberen Bereich. Eine hübsche weisse Bluse bauscht sich um die Oberarme, luftig und mit Spitzenabschluss. Der Ausschnitt! Passender wäre, das Dekolleté tief ausgeschnitten, wölben sich da etwa, dem Label gerecht, die (Blüemlis-)Alpen aus dem Mieder?


Irgendwie wollte der Designer vom Ausschnitt ablenken, die Kostümierung schliesst am Hals mit einem Cöller ab. Im Aargau und im Kanton Bern, sicher auch in anderen Kantonen, gehören die Cöller zur Tracht. Die meisten schliesst man am Hals mit einer Brosche und hängt den Cöllerschmuck daran. Also im Trachtenbereich ein überlieferter Abschluss.

Im modischen Design stört dieses Teil gewaltig, es ist zu gross, zu schwer und wirkt einfach unpassend. Schade, dass der Designer in den Trachtenbüchern nicht weitergeblättert hat. Es gibt in der Schweiz etliche Trachten mit wunderschönem Halsschmuck.


Die Zeitungen berichten über die Trachtenkleider mit schwärmerischen Worten. Wahrscheinlich haben die Reporter die Michel-Jordi-Zeit noch nicht erlebt. Schon damals fanden Blumen wie das Edelweiss oder andere Alpenblumen ihren Platz in der Folklore-Mode.

Nun geht man noch etwas weiter. Die gut betuchte Dame kann sich ihre individuelle Tracht nach eigenen Wünschen in Farbe und Material zusammenstellen lassen. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, Leder, Stoffe mit Pailletten oder Strasssteinen besetzt sind vorhanden. Wer noch etwas grössere Zahlen in der Kreditkartenabrechnung haben will, lässt sich das Mieder mit aus Silber gestanzten Edelweiss schmücken.


Möchten Sie noch weitere Angaben? Vielleicht lasse ich mir im Atelier einen Termin geben oder schaue mich im Internet um. Nein natürlich nicht, ich trage meine überlieferten und traditionellen Trachten wie bis anhin. Da weiss ich, was ich habe und woher ich komme.