Der Frühling 2023 war bisher eher zu nass und auch eher kühler als in den letzten Jahren üblich. Für die Natur ist der Umstand, dass es genug Niederschlag gab, jedoch (noch) von Vorteil, denn die Grundwasserspiegel sind hoch, und wir sind derzeit weit entfernt von Trockenheits- oder Dürrestress.

Wetter hat kein Gedächtnis

Spannend ist nun die Frage, wie sich die eher feuchten Bodenverhältnisse auf die Atmosphäre und auch auf unsere Witterung auswirken beziehungsweise ob sich bereits eine erste Tendenz für die Sommermonate bezüglich Niederschläge ableiten lässt.

Grundsätzlich sind solche Langzeitprognosen mit Vorsicht zu geniessen. Das Wetter hat kein Gedächtnis, und trotzdem können gewisse Faktoren die Atmosphäre und somit die Witterung beeinflussen. Eine typische Sommerwetterlage über dem europäischen Raum ist zum Beispiel die Flachdrucklage.

Bei dieser Wetterlage liegen die Isobaren des Bodendruckfeldes weit auseinander, das heisst, es herrscht weder eine klare Hochdrucklage noch eine definitive Tiefdrucklage über einem definierten Raum, in unserem Fall über Mitteleuropa, vor.

Flachdruck sorgt für Gewitter

Flachdruck hat in der Schweiz die typische Gewitterlage zur Folge, das sogenannte Tagesgangwetter. Gemeint ist damit, dass es am Vormittag jeweils trocken und sonnig ist. Am Nachmittag hingegen bilden sich Quellwolken, zuerst über den Bergen und später auch im Mittelland. Diese wachsen im Lauf des Nachmittags immer weiter in die Höhe und entwickeln sich schliesslich zu Gewitterwolken.

Bei der Entstehung von Gewittern gibt es zwei wichtige Faktoren. Einerseits die Thermik, welche genug stark sein muss, um ein Luftpaket vom Boden abzulösen. Anderseits braucht es Feuchtigkeit, damit sich eine Wolke bilden kann.

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Wichtige Bodenfeuchtigkeit

Ist der Boden nun eher trocken, dann fehlt ein Bestandteil zur Bildung einer Wolke. Ist der Boden hingegen eher feucht, dann gibt es genügend «Treibstoff» für die Bildung einer Wolke. Bei der vorherrschenden flachen Druckverteilung kann die Luft gut nach oben aufsteigen und durch Abkühlung eine Wolke bilden. In einem ausgeprägten Hoch da-gegen hindern absinkende Luftmassen die feuchte Luft am Aufsteigen.

Somit wäre bei den für die Schweiz typischen Flachdrucklagen in Anbetracht der aktuellen feuchteren Gegebenheiten öfters ein Gewitter zu erwarten. Bleiben diese vorherrschend, dürfte es bezüglich Trockenheit und Dürre also kaum zu heiklen Situationen kommen.

Zu viel Wasser möglich

Wird sich hingegen ein markantes Hoch über dem mitteleuropäischen Raum über längere Zeit oder immer wieder etablieren, so dürfte es trotz aktuell feuchten Böden zu Trockenheit kommen.

Wenn sich hingegen immer wieder ein Tiefdrucktrog über dem mitteleuropäischen Raum ausbildet, dann ist unabhängig von den aktuell feuchten Böden regelmässig mit Regen und Gewittern zu rechnen. Dieser Umstand könnte aber aufgrund der bereits eher gut gesättigten Böden für ein anderes Problem sorgen, nämlich, dass es zu viel Wasser gibt.

So wie im Sommer 2021, in welchem es nach einem bereits nassen Frühling durch Tiefdruckwetter auch einen nassen Sommer gab und es sodann in Süddeutschland und vor allem in der Schweiz zu Hochwasser kam.

Bise wahrscheinlich

Wenn wir nun einen Blick auf die mögliche Wetterentwicklung werfen, dann zeigen die Langzeitprognosen, dass es vor allem im Juni und Juli vielmals sogenannte Skandinavienhochs geben wird und wir in der Schweiz jeweils an deren Südrand liegen. Diese Wetterlage bedeutet für uns Bise oder Bisentendenz.

Ist das Hoch stark und weitet sich bis weit in den Süden aus, dann besteht die Chance für stabileres und somit trockeneres Wetter mit eher stärkerer Bise und gemässigten Temperaturen. Wenn das Hoch aber weniger stark und nicht so sehr nach Süden ausgeprägt ist, dann wird die Lage im Alpenraum wieder heikler, denn so ist dieser anfälliger für Störungen, und auch thermische Vorgänge werden von der oberen Atmosphäre weniger stark abgebremst.

Am Südrand eines Hochs

Aktuell liegen wir ebenfalls am Südrand eines Hochs über den Britischen Inseln, welches im Laufe der Woche weiter nach Osten wandert. Die Schweiz liegt somit in einer Bisenströmung, jedoch wird immer wieder feuchte Luft in die Grundschicht eingespeist, die dann im Laufe des Tages vor allen den Alpen entlang aufkocht und lokale Regengüsse oder Gewitter verursacht.