Sie haben in den vergangenen drei Jahren vom Leben des Kiebitzes viel gelernt: Roger, Peter und Vreni Schwab aus Ins. Im Frühling 2017, kurz vor der Zuckerrübensaat, liessen sich Kiebitzpaare auf einer 3,5 Hektar grossen Parzelle von Roger Schwab nieder. Paul Mosimann von Mosimann und Strebel, Ins, einem Planungsbüro im Bereich Landschafts- und Naturschutz, das eng mit Bird-Life zusammenarbeitet, suchte daraufhin die Familie auf. Mögliche Varianten wurden besprochen, damit die Kiebitze in Ruhe brüten können. Roger Schwab seinerseits suchte das Gespräch mit der Zuckerfabrik, die sich lösungsbereit zeigte.
Lösung gefunden
Das Feld wurde auf Rotationsbrache umgemeldet, das Rübenkontingent eingefroren. Ein Teil des Ertragsausfalles wurde durch Direktzahlungen abgegolten, der Rest von Bird-Life Schweiz, erzählt die Familie im Gespräch mit der BauernZeitung. Auch Zusatzaufwände, wie das Einrichten einer "Glungge", seien anstandslos bezahlt worden. "Die Entschädigung war kein Problem", betont Peter Schwab, "Du musst aber auch fair sein und keine überrissenen Forderungen stellen." Von Beginn weg sei von beiden Seiten Klartext gesprochen worden. Das sei wichtig. So wussten Schwabs auch früh, dass der Kiebitz standorttreu ist und oft an den alten Brutplatz zurückkehrt. Die Vogelschützer Strebel und Mosimann waren für Schwabs jederzeit als Ansprechpartner da. Erstere zäunten die ganze
Parzelle ein, um die Gelege vor Füchsen zu schützen, und bauten auch wieder ab. Nach der Brut mulchte Roger Schwab die Parzelle und säte Gründüngung an. Kiebitze mögen abfrierende Gründüngungen, weiss Peter Schwab mittlerweile. Die Chancen zur Rückkehr im Folgejahr standen also gut.
Dauerhafte Lösung suchen
Die Familie Schwab suchte bereits im Sommer 2017 das Gespräch mit Mosimann und Strebel, um eine dauerhafte Lösung zu finden. Sie und auch andere Bauern wären bereit, ihre von Kiebitzen beliebten Parzellen nicht mehr in der Fruchtfolge zu bewirtschaften, sondern nach der Brut zu putzen und wieder für die Vögel herzurichten – wenn sie denn Realersatz bekämen. Roger Schwab erklärt dazu: "Die Vogelschützer gehen nach Vorschrift, nach Büchlein und machen zuwenig Druck beim Kanton." Eine dauerhafte Lösung ist daher bis heute noch nicht zustande gekommen. So kam es, dass sich im Frühling des vergangenen Jahres die Situation von 2017 wiederholte. Diesmal wurde jedoch der Versuch unternommen, beim Zuckerrübenanbau Aussparungen zu machen. Ein aufwendiges Unterfangen. Die Vogelschützer öffneten vor jedem Bearbeitungsschritt den Zaun, suchten die Nester, markierten diese mit blauen Kesseln und entfernten sie
später wieder. Die Brut war mit 24 Nestern zufriedenstellend. Im Vorjahr waren es 21 Nester. Noch immer fehlte eine dauerhafte Lösung, welche Familie Schwab immer noch anstrebt. Für heuer war in der Fruchtfolge auf der Parzelle Winterweizen gesät worden. Wiederum kamen sehr viele Vögel, erzählt Roger Schwab. Doch Winterweizen ist den Tieren zu hoch, sie haben keinen Überblick. Schwabs wären bereit gewesen, das Getreide auszueggen. Die verzögerte Entscheidungsfindung durch die Vogelschützer und der einsetzende Regen verunmöglichten die Massnahme. Der kalte Frühling und die Trockenheit sorgten zusätzlich für schlechteres Balzverhalten und dadurch weniger Bruten, weiss Roger Schwab. In der Parzelle hat es daher nur gerade ein einziges Gelege. Um dieses zu erhalten, hat der Betriebsleiter rundherum eine Fläche ausgeeggt und hofft, dass die Brut erfolgreich ist.
Verständnis für andere Seite
War Naturschutz für Familie Schwab bereits vor dem Besuch der Kiebitze ein Thema, sind die drei nun noch sensibler und offen für sämtliche Naturfragen geworden. «Es war ein Erlebnis, die Bruten mitzuerleben», erzählt Vreni Schwab. Für Peter Schwab ist positiv, dass er und die Vogelschützer Mosimann und Strebel gegenseitiges Verständnis für die jeweilige Arbeit gefunden haben. Und: "Zusammenarbeit muss der Weg in die Zukunft sein." Die Arbeit mit dem Planungsbüro sei jederzeit lösungsorientiert gewesen. "Im Gespräch muss die gleiche Flughöhe gefunden werden", ist sich Peter Schwab bewusst. Mit Mosimann und Strebel habe das super geklappt, mit Bird-Life leider nicht ganz so gut. Aber: "Nicht nur die anderen müssen sich bewegen, auch wir Bauern müssen das unsere beim Naturschutz dazutun", betont Peter Schwab abschliessend.
Betriebspiegel
Betriebsleiter: Roger Schwab
Familie: Vater Peter arbeitet Vollzeit auf dem Betrieb, Mutter Vreni ist zuständig für Haushalt und Buchhaltung.
Fläche: Rund 40 ha Ackerbau nach den Richtlinien von ÖLN und Swiss-Gap
Produkte: Kartoffeln, Bohnen, Getreide, Zuckerrüben, Zwiebeln, Karotten.
Mitarbeiter: Erntehelfer während der Kartoffelernte
Tiere: Hofhund Sämu, Katzen. Die Milchproduktion wurde vor vier Jahren aufgegeben.