Mit der Tradition, der Kultur und den Werten ist die Bäuerin Ursula Hadorn-Wittwer tief verbunden. Durch ihre Lebenserfahrung weiss sie auch, dass in der heutigen, materialistischen Gesellschaft die Menschen oft auf der Strecke bleiben. Das Engagement für andere ist Ursula Hadorn seit jeher ein persönliches Anliegen "Weme e guete Ton wott träffe, mues me ufeneang lose, bim singe u im Läbe", ist die dankbare Bäuerin überzeugt, die einige Jahre im Jodlerquartett Chüejerlüt, Schangnau BE, sang.

Verwurzelt und weltoffen

Als Älteste von sechs Geschwistern wuchs Ursula Hadorn im Breitmoos, Siehen, auf einem Bauernhof inmitten des Emmentals auf. Durch ihre Heirat mit Daniel Hadorn im Jahre 1980 blieb sie dem Bauernstand und der bekannten Gegend treu. Fortan war die Buchhütten im Schangnau ihr Daheim. Und mit der Geburt der drei Söhne Niklaus, Bernhard und Adrian durfte eine Familie wachsen.

Durch den Besuch der Haushaltungsschule Hondrich und mit der Berufsprüfung 1984 erlangte Ursula Hadorn den Titel "Diplomierte Bäuerin" und so das Rüstzeug für ihre vielfältigen Aufgaben in Haus und Hof. Mit den Anliegen, Problemen, Freuden und Sorgen der Landwirtschaft ist die Bäuerin tief verwurzelt, aber ebenso immer weltoffen für das aktuelle Geschehen in der ganzen Bevölkerung.

Die Werte der Kirche

Den Spruch vom bekannten Urwaldarzt und Pfarrer Albert Schweizer "Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er eine Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch nicht ein Auto, wenn man in einer Garage steht", begleitet Ursula Hadorn schon seit vielen Jahren. Es wird ihr aber immer von Neuem bewusst, wie viel Wahrheit in diesen Worten steht.

Im Vorstand der ehemaligen Hondrich-Schülerinnen hat Ursula Hadorn erste Erfahrungen gesammelt, wie man in einem Amt Verantwortung übernimmt. 2006 wurde sie in den Kirchgemeinderat von Schangnau gewählt und amtete während neun Jahren als Präsidentin. Ebenfalls stellte sie ihre Kräfte als Synode-Mitglied der reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn zur Verfügung.

Eines nach dem anderen

Wie es ihre Art ist, schön eines nach dem andern, legte sie dieses Amt ab, als sie 2018 als Präsidentin des kirchlichen Bezirks Oberemmental gewählt wurde. Seit gut einem Jahr steht sie nun an vorderster Front dieser Organisation, unterstützt von einem aktiven Vorstand.

Fünfzehn Kirchgemeinden umfasst der Bezirk, dies sind Affoltern, Eggiwil, Langnau, Lauperswil, Lützelflüh, Röthenbach, Rüegsau, Rüderswil, Schangnau, Signau, Sumiswald, Trachselwald, Trub, Trubschachen und Wasen. Darin eingeschlossen ist mit Lützelflüh der Wirkungsort des bekannten Pfarrers Albert Bitzius, besser bekannt als Jeremias Gotthelf, sowie einen grossen Teil des Gebietes, wo seine bekannten Romane spielen.

Hilfe vor Ort

"Für mich ist die Kirche nicht nur Predigt und beten. Durch die heutige, rationalisierte, fusionierte Zeit bleiben die Menschen oft auf der Strecke. Die Werte der Kirche sind für alle da, in der Zeit der Freude und dem Leid", erkennt Ursula Hadorn. Sie hat in ihrer langjährigen Tätigkeit auch festgestellt, dass die Kirche helfen kann, wenn es nicht nur gute Worte braucht.

Gezielt mit Nothilfefonds konnte schon oftmals rasch und unbürokratisch Hilfe geleistet werden. Not lindern und Hoffnung auf bessere Momente wecken sind christliche Werte auch ausserhalb der Kirchenmauern. Um aber zu wissen, wo was und wann nötig ist, sind engagierte und lebensbejahende Menschen gefordert. "Häreluege vor Ort isch wichtig", ist die Bäuerin überzeugt. Wegweisend und human in vielen Lebenssituationen hat Ursula Hadorn die Kirche in ihrem Leben und Umfeld schon oftmals wahrgenommen.

Engagierte Viehzucht

Auf dem Betrieb Buchhütten im Schangnau hat die Viehzucht einen besonderen Stellenwert. In der obersten Emmentaler Gemeinde, die das Entlebuch mit dem Berner Oberland verbindet, steht die Milchwirtschaft an erster Stelle. Bereits ist mit dem Sohn Bernhard und dessen Freundin Rita Muster die nächste Generation in der Betriebsleitung integriert.

Ursula Hadorn hat mit ihrem Mann zusammen seit zwanzig Jahren ein zusätzliches Standbein auf dem Hof aufgebaut. Vermittelt von zwei Organisationen, Landwirtschaft und Behinderte (LuB) und Teamwork, werden auf dem Landwirtschaftsbetrieb auch Jugendliche betreut. "Ich habe spezielle Ausbildungen gemacht und mich stets an den neusten Kriterien orientiert. Ganz klar sind die Anforderungen an die Familien und Betreuungsbetriebe mit den Jahren stetig grösser geworden", erkennt die Bäuerin.

Einen Ausgleich zur Arbeit auf dem Bauernhof findet Ursula Hadorn bei ihrem Nebenerwerb. Sie arbeitet während zwei Tagen pro Woche im Bereich der Hauswirtschaft im Hotel Kemmeribodenbad. "Ich bekomme so Einblicke in ein ganz anderes Berufsfeld und lerne verschiedene Menschen kennen", meint die vielseitige Bäuerin lächelnd. Ursula Hadorn wurde vom Leben geprägt, aber steht mit beiden Beinen auf dem Boden und setzt sich gerne zum Wohle der anderen ein.

Barbara Heiniger