Ostern – Frühling – Zeit des Erwachens: Die finsteren Tage und frostige Starre des Winters weichen dem Licht und der Wärme einer langsam erstarkenden Sonne. Ostern – Frühling – Zeit des Neubeginns: Blumen, Kräuter und Bäume blühen, Bauern bestellen Felder und Äcker, säen und pflanzen, hoffen auf eine reiche Ernte.

Ostermorgen: Nach der Leidenszeit Jesu von Nazareth, nach der Finsternis von Kreuzigung und Tod erklingt im Strahle eines hellen Lichtes die Freudenbotschaft der Auferweckung und Auferstehung Jesu Christi: dieses Ur-Ereignis christlicher Überzeugung. Ostermorgen: Im Glanze der Morgensonne beobachtet uns, versteckt hinter Büschen, der Osterhase. Ein geheimnisvolles Tier, das uns mit bunt verzierten Eiern beschenkt: ein Symbol für Fruchtbarkeit, es steht für den Sieg des Lebens über den Tod.

Ein doppeltes Erwachen

Ostern: Im besten Sinne ein «doppelbödiges» Fest neuen Lebens. Neues Leben in der Auferweckung Christi, neues Werden im Erwachen der Natur. Das Erleben dieses doppelten Erwachens inspirierte im Jahre 1622 den Liederdichter Friedrich Spee zu einem österlichen Loblied, das heute zum ökumenischen Liedschatz gehört (RG 471 / KG 449).

«Die ganze Welt, Herr Jesu Christ, Halleluja, Halleluja, in deiner Urständ fröhlich ist, Halleluja, Halleluja.» Die ganze Welt sei ab der Kunde der Auferstehung Christi in Fröhlichkeit geraten, verkündet das Osterlied. «In deiner Urständ» bedeutet, in der Auferstehung Christi, und dies wiederum im «doppelbödigen» Sinne: Spee setzt die Freude über die Auferstehung Jesu Christi mit der Freude am Aufblühen der Natur im Frühling gleich und deutet dieses Aufblühen als Teilnahme der geschaffenen Welt an der Osterfreude.

Im Himmel wie auch auf Erden verschafft sich die Osterfreude Gehör: «Das himmlische Heer im Himmel singt, die Christenheit auf Erden klingt», singen wir in der zweiten Strophe.

Nun folgen Strophen des frühlingshaften Erwachens und Aufblühens in Feld und Flur, begleitet vom Jubilieren der Vögel: «Jetzt grünet, was nur grünen kann, die Bäum zu blühen fangen an. Es singen jetzt die Vögel all, jetzt singt und klingt die Nachtigall.»

Ein neuer Schein

AboDasein (er-)tragen: Kreuzwegauf dem Feld. OsternWas ist Wahrheit? Auferstehung!Sonntag, 20. April 2025 Die nächste Strophe wird wieder «doppelbödig»: «Der Sonnenschein jetzt kommt herein und gibt der Welt ein’ neuen Schein.» Mit der Frühlingssonne als Spenderin von Licht und Wärme rückt zugleich auch ein zentrales Auferstehungssymbol in die Mitte: Das Osterlicht ruft aus dem Dunkel der Gräber in Gottes neue Welt, wo durch Christi Auferstehung Himmel und Erde verbunden und versöhnt werden. Mit dem jede Verszeile abschliessenden «Halleluja» stimmen Himmel und Erde, ja, die ganze Kreatur, mit in den Osterjubel ein und verbinden als Zeugen Frühling und Auferstehung – Fröhlichkeit und Freude.

Ein Jubellied zum Osterfest 2025, wo uns gegenwärtig doch eher schwere Gedanken und Zukunftssorgen zu schaffen machen? Friedrich Spee, der Kämpfer für mehr Menschlichkeit, hat diese Worte in der finsteren Zeit des Dreissigjährigen Krieges aufgeschrieben, einer der grössten Katastrophen, die Europa je erleiden musste. Seine Jubelworte sind nicht Worte des Verdrängens, vielmehr Worte der Ermutigung, gerade auch im Loben und Preisen von Gott.

Wie das Osterlicht die Nacht des Todes zu verdrängen vermochte, wie die Sonne die Natur jeden Frühling zu neuem Erwachen ruft, so soll beim Singen dieses Lobliedes unser Vertrauen, unsere Hoffnung und unsere Freude genährt und gestärkt werden in den, in dessen Hände wir unser aller Säen, Wachsen, Reifen und Ernten glauben.

Ulrich Schürch amtete bis zu seiner Pensionierung als reformierter Pfarrer im Eggiwil BE und wohnt heute in Zeglingen BL. Er hat ursprünglich Landwirt gelernt, bevor er sich der Theologie zuwandte.