Trotz anderslautender Prognose ist das Wetter frühlingshaft warm. So treffen wir uns am frühen Sonntagnachmittag mit Andrea und Kurt Tanner-Schwarz aus Steffisburg zum Gespräch. Von der Laube geht der Blick übers Schloss Thun zu den Oberländer Viertausendern. Tanners leben wie viele andere auch mit der Natur, setzen auf bewährte Werte, denken über den eigenen Hof hinaus und setzen bewusst auf Partnerschaften. Dass ihre Kinder Freude «an der Scholle» haben, erfüllt Andrea Tanner mit Stolz.

Auf den Hof zurück

Andrea Tanner wuchs auf dem jetzigen Hof auf, dachte jedoch zuerst an ein Studium. So folgte nach dem Gymnasium ein Praktikum in der Käserei Oberhünigen mit dem Ziel, am Technikum in Zollikofen zu studieren. Ein Jahr hielt sie durch, dann kehrte sie nach Oberhünigen zurück. «Ich wollte wieder mehr mit den Händen arbeiten», schaut sie zurück. So produzierte sie einen guten Emmentaler, Joghurt und diverse Spezialitäten, besorgte die Milchannahme und war für die Qualitätssicherung zuständig. Zudem hatte sie jenen Jungbauern nicht vergessen, der jeweils Schotte für die Schweine holen kam – obwohl ihr die Mutter empfohlen hatte, nicht zu früh «anzubändeln» …

«Sind Sie Bio?»

Kurt und Andrea Tanner haben 2015 den elterlichen Hof von Andrea übernommen. 2018 folgte der Neubau eines Laufstalls, wobei noch mit der bestehenden Rohrmelkanlage im alten Stall gemolken wird. Zudem ist ein Hofladen zu einem wichtigen Standbein geworden. Nach bewährter Tradition (schon die Grossmutter verkaufte ab und zu Salat oder Früchte) wurde der gefällige, rund 20 m2 grosse Raum weiterentwickelt. Nebst eigenen Produkten finden sich naturnah produzierte Lebensmittel von Partnerbetrieben mit gleicher Einstellung wie sie.

Betriebsspiegel
Betriebsleiter: Kurt und Andrea Tanner-Schwarz mit den Kindern Lukas, Stefanie und Evelyn
Ort: Steffisburg
Betriebsform: IP-Suisse
Betriebszweige: Milchproduktion, Nutz- und Zuchtviehverkauf, Hofladen mit breiten Sortiment (auch von Partnerbetrieben)
Tierbestand: 30 Milchkühe, plus Nachzucht

Nicht bewährt

Leider hat sich der Selbstbedienungsbetrieb nicht bewährt. Ein bedienter Hofladen hat den Vorteil, dass direkte Kontakte mit der Kundschaft möglich sind. In Gesprächen lassen Andrea Tanner und ihr Frauenteam immer wieder Informationen über die Landwirtschaft einfliessen. «Nein, wir sind nicht Bio», erklärt sie zum Beispiel. Der Grund ist einfach: Man will sich nicht über eine Etikette definieren. Vielmehr bezweckt das Paar eine Landwirtschaft, «hinter der wir stehen können». Das heisst: Man ist mit Herzblut und Wissen an der Arbeit, geht haushälterisch mit den Ressourcen um, beachtet die Fruchtfolgeflächen, setzt Pflanzenschutzmittel verantwortungsbewusst ein und versorgt die Tiere mit selber angebauten Futtermitteln. Dass dieser Weg nicht immer einfach ist und viel Überzeugungsarbeit bedingt, nimmt die Familie Tanner in Kauf.

Hofladen als Geheimtipp

Nebst der Milchwirtschaft wurde der Hofladen als wichtiges Tätigkeitsfeld entwickelt. «Immer wieder finden neue Menschen den Weg zu uns», freut sich die Bäuerin. Wer oft «nur» Eier holen will, wird nicht selten vom breiten und schön präsentierten Sortiment von Partnerbetrieben überrascht. «Wir bieten an, was die Natur und unser Garten hergeben», sagt sie. Das ist eine ganze Menge: bis zu acht Sirupvariationen, «klassische» Konfitüren und überraschende Mischungen, eingemachte Früchte und Tomatensugo sowie allerlei Gebranntes wie Gravensteiner, Kirsch oder Quitte. Die Eier kommen aus Fahrni und Gerzensee, das Gemüse aus Thierachern.[IMG 2]

Ein weiteres Standbein

Ein weiteres Standbein ist der Zimmereibetrieb von Kurt Tanner. Seit 22 Jahren führt er eine Einzelfirma. Spezialisiert ist er, wen wunderts, auf landwirtschaftliche Bauten: Neubauten, Renovationen, Innenausbau. «Zu rund 80% bin ich für die Bauern tätig», erklärt Tanner. Dabei arbeitet er temporär mit anderen Landwirten zusammen. Diese schätzen den Zusatzverdienst, während der Chef gerne auf kompetente und unkomplizierte Leute setzt, welche die Materie aus dem eigenen Erleben kennen.

Teamarbeit als DNA

Andrea Tanner schätzt die Zusammenarbeit mit den beiden jungen Frauen, die Ideen einbringen und ihr Leben bereichern. Einige pensionierte Teilzeitangestellte dürfen erleben, dass sie noch längst nicht zum alten Eisen gehören. «Der Mix von Jung und Alt macht es aus», ist sie überzeugt. «Zusammen sind wir stärker» steht auf dem Pulli von Sohn Lukas geschrieben. Genau das ist es, was für die Tanners und ihre Mitarbeitenden gilt. Auch der Grossvater findet lobende Worte. «Die Jungen machen vieles anders. Sollen sie! Auch wir hatten damals ab und zu eine gute Idee», sagt er, als man sich überraschend beim Betriebsrundgang begegnet. Trotz Schwierigkeiten haben Kurt und Andrea Tanner immer wieder nach vorne geschaut und mutig angepackt. Diese Haltung wollen sie auch ihren Kindern vermitteln. «Weiter afe ga Fuetter parat mache»?, fragt Kurt Tanner die Kinder. Die beiden Mädchen springen auf, während Lukas noch kurz «seinen» John Deere erklärt.