Die Verhandlungen um ein Freihandelsabkommen mit dem Mercosur sind im Gang, ohne dass man viel davon hören würde. Hinter verschlossenen Türen wird über Konzessionen und Marktzutritt diskutiert. Was im Detail läuft, erfuhren auch die Teilnehmer einer Delegation nicht, die Anfang Mai mit Bundesrat Schneider-Ammann nach Südamerika gereist ist, um dort einen Augenschein zu nehmen.

"Schneider-Ammans Coaching erfolgreich"

Nun werden die Teilnehmer der Reise in einem Leserbrief von Schweizer-Tierschutz-Geschäftsführer Hansuli Huber an die Agrarpresse scharf kritisiert. Indirekt wirft Huber ihnen vor, dass sie sich haben einlullen lassen: "Viele sind Bundesrat Schneiders Lockruf des Geldes nach Südamerika gefolgt", schreibt Huber, "sein Coaching und Team-Building waren erfolgreich, indem das von den offiziellen Stellen ausgewählte Vorgezeigte allseits Lob fand".

An die Kasse kommt auch die mitgereiste bäuerliche Delegation. Zu dieser gehörten Philippe Bardet, Direktor Interprofession du Gruyère; Heinrich Bucher, Direktor Proviande; Christof Dietler, Geschäftsführer Agrarallianz; Pierre-André Geiser, Präsident Fenaco; Lorenz Hirt, Präsident Switzerland Cheese Marketing; Fritz Rothen, Geschäftsführer IP-Suisse; Markus Willimann, Leiter Industrie Emmi und Thomas Zwald, Generalsekretär Crémo. Ferngeblieben ist dem Ausflug der Schweizer Bauernverband.

"Selbst mitreisende Bauernvertreter sahen in den voraussichtlich tausenden von Tonnen an zusätzlichen Geflügel-, Rind- und Pferdefleischimporten nur mehr eine Petitesse", schreibt Huber. Kein Wort hätten die Reisenden verloren über die Naturzerstörungen für Futtermittel-Monokulturen, den fehlenden Tierschutz, über den extremen Einsatz von Antibiotika und Glyphosat oder die Fleischskandale.

"Unser Grasland böte beste Voraussetzungen"

Für Huber verhielten sich die Reisenden ähnlich, wie jene westeuropäischen Intellektuellen, die in den 1950-er Jahren zu Stalins Diktatur pilgerten und stets lobende Worte fanden. Er erwähnt unter anderen Schriftsteller Jean-Paul Sartre, "der sich vom Sowjet-Tyrannen noch so gerne ein X für ein U vormachen liess, während er zu Hause jedes Haar in der Suppe fand".

"Brauchen wir tatsächlich noch mehr tierschutzwidrige Billigfleischimporte, die nur den Mehrkonsum anregen?", fragt sich Huber abschliessend. In der Schweiz werde doch mehr als genug Fleisch erzeugt und gegessen: "Unser Gras- und Weideland böte beste Voraussetzungen für eine naturnahe Rinder-Weidehaltung. Diese wäre x-mal ressourcen- und umweltschonender als die kraftfutterbasierte Intensivmast in den südamerikanischen Feedlots", so Huber.

akr