Was als sauberes Trinkwasser gilt, kann sich heutzutage einigermassen schnell ändern. Dann nämlich, wenn nach der Überprüfung einer Pflanzenschutzmittel-Zulassung plötzlich strengere Grenzwerte gelten. Als Beispiel für einen solchen Fall nennt Nationalrat Kurt Fluri (FDP/SO) den fungiziden Wirkstoff Chlorothalonil. Es seien dann neue Transportleitungen und Aufbereitungsanlagen nötig und damit Investitionen in Millionenhöhe. Diese Kosten sollen nicht an den Wasserversorgern hängenbleiben, findet Fluri.

In anderen Fällen ist die Finanzierung geregelt

Kurt Fluri ist auch Präsident des Schweizerischen Städteverbands. Als solcher sei es ihm wichtig, dass Städte und Gemeinden nicht allein wegen der Tatsache, dass sie Wasserversorger sind, hauptsächliche Träger zusätzlicher Infrastrukturkosten als Folge strengerer Grenzwerte werden.

Sowohl bei der Finanzierung der Altlastensanierungen als auch beim Ausbau der kommunalen Kläranlagen zur Elimination von organischen Spurstoffen aus dem Abwasser habe der Bund verursacherorientierte Finanzierungslösungen geschaffen. Im Fall strengerer Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel, Düngerprodukte und Biozide sei das aber trotz vergleichbarer Ausgangslage versäumt worden. Der FDP-Nationalrat hat daher 2020 eine entsprechende Motion auf den Weg gebracht.  

Nicht nur die Landwirtschaft im Sinn

Wem die Kosten denn nun zur Last gelegt werden sollen, darüber bleibt der Motionär auf Anfrage der BauernZeitung vage. «Die meisten werden wohl spontan an die Landwirtschaft denken. Selbstverständlich sind damit aber auch die Kantone und Gemeinden gemeint», erklärt er. Es seien schliesslich noch viele Deponien und andere Altlasten zu sanieren, aus denen in der Vergangenheit und auch heute noch «erhebliche Schadstoffe» in die Umwelt gelangen. Weiter gehören laut Kurt Fluri auch der Bund mit seinen Liegenschaften oder bundesnahe Betriebe wie die SBB oder die Post zum Kreis möglicher «Verursacher» dazu.

«Ich gehe davon aus, dass Landwirte die Vorschriften bei der Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln einhalten», stellt der Solothurner klar. Das Problem bestehe aber darin, dass diese Vorschriften durch strengere ersetzt werden. Dann gehe es eben um die Finanzierung der daraus folgenden Infrastrukturkosten.

Auch der Bund könnte als Verursacher gelten

«Grundsätzlich kann man aber auch der Auffassung sein, dass der Bund im Allgemeinen Verursacher ist, weil er die Grenzwerte festlegt», ergänzt Kurt Fluri. Diese würden schlussendlich die Investitionen erst nötig machen. Die Definition der Verursacher werde aber natürlich Sache der allfälligen Umsetzung der Motion auf Gesetzes- und Verordnungsebene sein. Gleiches gelte auch für die Frage danach, wie diese identifiziert und belangt werden sollen.

Wenig Hoffnung auf eine Annahme

Neben der Motion Fluri liegen zwei weitere mit ähnlichem Anliegen auf dem Tisch: Die Motion 20.3494 von Nadine Masshardt (SP/BE) und die Motion 20.3022 von Felix Wettstein (Grüne/SO). Beide sehen aber lediglich vor, dass die Finanzierung vom Bund übernommen wird. Der Schweizerische Städteverband unterstützt diese Vorstösse zwar, zieht aber eine verursacherorientierte Lösung vor. Damit orientiere man sich am Verursacherprinzip, das im Umweltschutzgesetz verankert ist.

«Ich nehme an, dass die Motionen abgeleht werden», sagt Kurt Fluri. Viele Ratsmitglieder würden davon ausgehen, dass die Problematik mit der Motion 20.3625 von Ständerat Roberto Zanetti (SP/SO) gelöst werden kann. Zanetti verlangt darin die konsequente Ausscheidung von Zuströmbereichen für alle Grundwasserfassungen von öffentlichem Interesse. Zwar hat der Bundesrat diesen Vorstoss abgelehnt, aber nur aus formalen Gründen. In seiner ablehnenden Stellungnahme zu Fluris Motion schlägt der Bundesrat eine Änderung derselben vor: Namentlich eine generelle kantonale Pflicht für die Ausscheidung der Zuströmbereiche. Dabei solle allerdings eine Mitfinanzierung der Verursacher geprüft werden.

Die Behandlung der Motion Fluri im Nationalrat ist für den 17. März 2022 vorgesehen.