Der Schweizerische Freibergerverband (SFV) braucht nach der Wahl von Albert Rösti in den Bundesrat einen neuen Präsidenten. Eine gewisse Ausstrahlungskraft scheint diese Funktion innezuhaben – das beweist die jüngst bekanntgewordene Kandidatur von Andreas Aebi, der in die Zielgerade als Nationalrat abgebogen ist.
Richter gesucht
Neben dem Präsidenten wählen die Freibergerzüchter anlässlich ihrer DV auch zwei Rassenrichter. Vorgeschlagen sind bisher Roland Kathriner, Römerswil LU, und Werner Pfister, Maisprach BL. Pfister scheint zumindest für den Vorstand des SFV kein Wunschkandidat zu sein. Wie einem Schreiben des SFV-Vorstands an alle Genossenschaften der Nordwestschweiz zu entnehmen ist, kann dieser die Kandidatur von Werner Pfister «aus verschiedenen Gründen nicht unterstützen». Begründet wird mit dem Umstand, dass Pfister seine Stuten mit ungekörten Hengsten belege. Damit handle er gegen die Reglemente und die Richtlinien des SFV. Darüber hinaus äussere er sich sehr kritisch gegenüber dem Verband. «Schliesslich hat er sich auf den Schauplätzen wiederholt respektlos gegenüber den Richtern und freiwilligen Helfern verhalten», ist dem Schreiben zu entnehmen.
Keine Kontaktaufnahme
Satte Vorwürfe. «Allerdings», sagt Werner Pfister auf Anfrage der BauernZeitung. Er hat das Schreiben «auf Umwegen» erhalten. Vom Vorstand habe ihn niemand direkt mit den Vorwürfen konfrontiert.
Auch mit Hansjakob Leuenberger, Präsident der Aargauer Genossenschaft, die Werner Pfister als Rassenrichter vorgeschlagen hat, habe im Vorfeld zum Versenden des Schreibens kein Austausch stattgefunden. «Und das ist schliesslich die Katastrophe», sagt Leuenberger, der, wie Werner Pfister auch, praktizierender Tierarzt ist. «Ich hätte erwartet, dass man auf mich zukommt», sagt Leuenberger auf Anfrage. Ein solches Schreiben in elektronischer Form in Umlauf zu bringen, sei ein kapitaler Fehler. «So etwas verbreitet sich in Windeseile», sagt der Präsident der Aargauer, der die Vorwürfe gegenüber Pfister als «bedenklich» bezeichnet. Gefragt nach dem «wie weiter», sagt Hansjakob Leuenberger:
«Die Aargauer Genossenschaft steht zu ihrem Beschluss und damit weiterhin hinter Werner Pfister. Wir werden ihn zuhanden der Delegiertenversammlung als Rassenrichter vorschlagen»,
so Leuenberger.
Wer sonst?
Der SFV-Vorstand hofft nun auf eine weitere Nomination. Eine mögliche Kandidatin aus der genannten Region wäre Anita Gisler aus Ramiswil SO. Die Bäuerin zeigt im Gespräch mit der BauernZeitung aber kein Interesse am Richtersitz. Vor zwölf Jahren, als es aus dieser Region zum letzten Mal einen Rassenrichter brauchte, wäre dieses grösser gewesen. Damals hätten aber die familiären und betrieblichen Bedingungen eine Kandidatur von Anita Gisler verhindert. Heute hat die fünffache Mutter und namhafte Freiberger-Züchterin, die zusammen mit ihrem Mann Beat einen Milchwirtschaftsbetrieb mit Brown Swiss führt, nicht mehr Interesse an diesem Sitz. «Ich habe immer noch die Hoffnung, dass sich junge Kandidaten melden», sagt sie zudem.
Baustelle eröffnet
Durch den Vorwurf, Werner Pfister setze ungekörte Hengste ein, bricht im Verband zudem eine Baustelle auf, die an der Körung von letzten Samstag in Avenches fast mehr zu reden gab als die Hengste selbst. Wie Pfister und auch weitere Züchter der BauernZeitung gegenüber bestätigen, erhalten sie für die Fohlen aus solchen Paarungen die übliche Prämie von 500 Franken.
Wie das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) auf Anfrage schreibt, sind aber nur «im Herdebuch eingetragene, tierschutzkonform gehaltene Stuten mit einem im Beitragsjahr identifizierten und im Herdebuch eingetragenen sowie in der Tierverkehrsdatenbank registrierten Fohlen, das von einem im Herdebuch der Freibergerrasse eingetragenen Hengst abstammt, zu Beiträgen berechtigt». Somit muss bei den Beiträgen für die Freibergerrasse der Vater des Fohlens ein im Freibergerverband zur Zucht zugelassener Hengst sein.
«Haltung des Verbands erscheint nicht konsistent»
Also ein gekörter Hengst? Wie Christian Stricker, Fachbereichsleiter Tierische Produkte und Tierzucht am BLW, auf Anfrage präzisiert, geht man davon aus, dass für die Zucht der Fohlen, die Beiträge vom Bund auslösen, entsprechend gekörte Hengste zum Einsatz kommen. «Gekört ist kein Begriff, der in der Tierzuchtverordnung benutzt wird. Wir sprechen von im Herdebuch eingetragenen Zuchttieren», so Stricker. Ihm erscheint die Haltung des SFV, an Stuten mit Fohlen von nicht gekörten Hengsten Prämien zu zahlen, nicht konsistent. Das BLW mache bislang bereits Stichproben, werde in diesem Bereich aber künftig «genauer hinschauen».
400 Franken nur für Fohlen gekörter Hengste
«Fohlen von nicht-gekörten Hengsten haben immer eine Prämie von 500 Franken erhalten», sagt Pauline Queloz, Geschäftsführerin des SFV auf Anfrage der BauernZeitung. Sie nehme an, dass die Idee der Zuchtverordnung gewesen sei, dass diese Fohlen Freiberger sind und somit einen Anspruch auf die Prämie hätten.
«Aber die Position des SFV zu diesem Thema ist ganz klar: Für uns ist es nicht gerechtfertigt, die Prämie an Fohlen von nicht-gekörten Hengsten zu geben»,
hält Pauline Queloz fest.
Der vom Verband empfangene Beitrag von 400 Franken werde nicht für Fohlen von ungekörten Hengsten gewährt, fährt Queloz fort. «Artikel 16 Abs. 3 Bst. b der Zuchtverordnung besagt eindeutig, dass dieser Beitrag für Fohlen gewährt wird, die ‹Nachkommen von Hengsten sind, die vom Verband als Zuchthengste zugelassen sind›».
Die Stellungnahme des SFV erreichte uns nach Redaktionsschluss für die Print-Ausgabe der BauernZeitung vom 10. März 2023.
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