Kund(innen) müssen sich derzeit etwas gedulden, wenn sie neu auf ihren Dächern Solarstrom produzieren wollen. Die Hagelschäden, vor allem in Luzern, haben viele Photovoltaikanlagen beschädigt. Die Reparaturen dürften sich über Monate erstrecken, zumal die Lieferfristen für Module und die Preise auf dem Weltmarkt aufgrund der hohen Nachfrage wieder etwas angezogen haben.

Marktberuhigung erwartet

Der aktuelle Preisausschlag bei PV-Modulen und Unterkonstruktionen um 20 bis 25 Prozent dürfte auch bei Solaranlagen nur vorübergehend sein und sich wieder einpendeln, prognostizieren Fachleute. Eine Beruhigung am Markt bis Ende Jahr wird auch für andere kurzfristig teils markant teurer gewordene Baumaterialien wie Holz, Stahl oder Kunststoffe erwartet.

Die Solarbranche berichtet grundsätzlich von einer sehr grossen Nachfrage, dies nach einer Stagnation vor einigen Jahren. «2020 war ein absolutes Rekordjahr, trotz oder wegen Corona», sagt David Gautschi, Leiter erneuerbare Energien beim Aargauischen Elektrizitätswerk (AEW). Die AEW Energie AG mietet auch grosse Dächer und investiert selber. Realisiert wurden auch mehrere bäuerliche Anlagen.

So bei Benjamin und Doris Feuz-Strebel im aargauischen Muri, wo auf dem neuen im April 2020 in Betrieb genommenen Stall (64x19 m, BTS und RAUS) für 9100 Legehennen auf den Ost- und West-ausgerichteten Dachhälften von AEW eine PV-Anlage aufgebaut wurde. Die leistet rund 220 kWp.

Strom für Vertragspartner

Feuz ist technisch sehr versiert und hat auch mit PV-Anlagen schon einige Jahre Erfahrung, stehen doch solche mit einer Leistung von 23 kWp auch auf weiteren Gebäuden auf dem Hofareal. Der Weiler Hasli in Muri ist im Inventar der Ortsbilder von nationaler Bedeutung. Der Bau eines neuen Hühnerstalls war alles andere als einfach, auch auf seinem Betrieb mit nur 11 ha LN, erzählt Feuz über die lange Planungszeit mit vielen behördlichen Hürden. Und dies, obwohl am gleichen Standort schon vorher ein kleinerer Stall für 3000 Legehennen stand. Auf dem Dach eine PV-Anlage auch noch selber zu finanzieren, hätte sein Budget gesprengt. Zwar kann er nur einen kleinen Teil des Solarstroms der grossen Anlage selber nutzen, der Rest wird aber an den Contracting-Partner AEW Energie AG verkauft. Mit ihr hat Feuz einen 30 Jahre dauernden Dienstbarkeitsvertrag für die Dachnutzung abgeschlossen.

Ganze Dächer belegen

Es seien aber auch raumplanerische Gründe gewesen, wieso sich Feuz entschied, die ganze Dachfläche zu belegen. «Ein Eternitdach wollte ich nicht, und ein so grosses Blechdach wäre an dieser Lage nicht bewilligt worden, mit PV-Modulen belegt aber schon.» Einerseits bedauerlich, anderseits aufgrund der aktuellen Rahmenbedingungen verständlich sei, dass oft auch auf Bauernhöfen nur Teilflächen von geeigneten Dächern mit PV-Modulen bestückt würden, sagt David Gautschi. Mit ein Grund seien teils die teuren Ableitungen für überschüssigen Solarstrom von Bauernhöfen, wenn der Eigenverbrauchsanteil nicht so hoch ist. Die Bundespolitik habe dies erkannt und plane für 2023 Fördermassnahmen für Betriebe mit wenig Eigenstromverbrauch, aber grossen Dachflächen.

Solaroffensive im Aargau

Auch im Aargau laufen Bestrebungen, brachliegende grosse Dächer besser zu nutzen. Zumal das Potenzial gross sei, wie Simone Brander von der Abteilung Energie erklärt. Derzeit würden mit Umfragen in der Landwirtschaft die Gründe evaluiert, um entsprechende Fördermassnahmen vorzubereiten. Konkret soll dem Regierungsrat Mitte August ein Kreditantrag gestellt werden. Zur Diskussion steht die Unterstützung von Stromableitungen, sodass es sich lohnen würde, ganze Dachflächen zu belegen. Grundsätzlich soll der Zubau von grossen Dachflächen unterstützt werden. Und auch die Energieberatung soll verstärkt werden. Diese Fördermassnahmen im Rahmen der «Solarofffensive Landwirtschaft» könnten im Aargau bereits 2022 in Kraft treten.

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Kantonale Agrarkredite

Unterstützung für Energiegewinnung zur hofeigenen Verwendung gibt es bereits, wie Markus Gfelller von der Aargauischen Landwirtschaftlichen Kreditkasse bestätigt. Und zwar kantonale Darlehen, für maximal 80 Prozent der Anlagekosten, zinslos und in zehn Jahren rückzahlbar. Dies sei allerdings ein geringer Anreiz und in der Regel für die Realisierung nicht matchentscheidend, sagt Gfeller. Kantonale Darlehen gäbe es auch für Elektrizitätsanschlüsse, für maximal 50 Prozent der Anlagekosten, ebenfalls in zehn Jahren rückzahlbar, aber zu 0,25 Prozent zu verzinsen. Ein solches Beitragsgesuch für den Netzausbau für Solarstrom sei allerdings noch nie gestellt worden. Gfeller geht davon aus, dass die Erschliessungen auf gutem Niveau seien. Und wenn ein Betrieb nicht peripher am Ende einer Netzleitung gelegen sei, finanziere der Energieversorger in der Regel die Erschliessung. Auch er stellt fest, dass die Nachfrage für PV-Anlagen in der Landwirtschaft angezogen hat, sowohl für neue wie für Erweiterungen. Auch bei kleineren Anlagen zur Optimierung des Eigenverbrauchs könne Solarstrom sehr wirtschaftlich sein. «Schliesslich gibt es viele Betriebe mit hohem Tagesverbrauch von Strom.»

«Auch kleinere Anlagen können rentieren.»

Das stellt Markus Gfeller von der ALK in Aussicht.

Einspeisetarife sinkend

Grundsätzlich kann heute mit den meisten Solaranlagen auf Bauernhöfen Strom deutlich günstiger produziert werden. Häufig sogar unter 10 Rappen pro kWh im Vergleich zu Preisen von 16 bis 20 Rappen oder mehr, wenn dieser vom Netz bezogen wird. Für Überschussstrom werden derzeit je nach Elektrizitätswerk Preise von 6 bis 12 Rappen bezahlt, inklusive Herkunftsnachweis. Künftig müsse wohl davon ausgegangen werden, dass diese Tarife sinken, mit zunehmendem Anteil Solarstrom untertags. Optimierung des Eigenverbrauchs stehe deshalb noch immer klar im Vordergrund und definiere somit die Anlagengrösse, weiss David Gautschi. Mit Speicherung könne der Anteil erhöht werden. Batterien lägen zwar im Trend, die Wirtschaftlichkeit sei aber häufig noch fraglich, ausser wenn so allenfalls ein Netzausbau vermieden werden könne.

Strombedarf steigend

Gautschi weist darauf hin, dass Solaranlagen für 30 Jahre gebaut würden, und in den nächsten Jahren tue sich noch sehr viel. Er rät deshalb auch Bauernbetrieben, ihre Dachflächen zu nutzen und mit Beizug der Energieberatung ein optimales System zu entwickeln. Auch in der Landwirtschaft werde die Elektromobilität zum Thema, beispielsweise E-Traktoren. Und mit der zunehmenden Spezialisierung werde der Stromverbrauch eher steigen, so auch durch den Einsatz von mehr Robotern im Stall.