Selina Hug ist Agrotechnikerin HF und am Strickhof im Bereich Tierhaltung und Milchwirtschaft tätig. Als ausgebildete Tierheilpraktikerin lässt sie dieses Wissen in ihre Betriebsberatungen einfliessen, zudem hat sie eine private Praxis.

Was raten sie Tierhalterinnen und Tierhaltern, die sich einen Einstieg in die Homöopathie überlegen?

Selina Hug: Zunächst braucht es ein gewisses Grundverständnis, wie diese Heilmethode funktioniert. Dies vor allem auch, weil sich ihre Wirkungsweise von derjenigen der Schulmedizin deutlich unterscheidet. Daher rate ich zum Besuch eines Grundkurses, um sich das Hintergrundwissen anzueignen.

Gibt es Situationen im Stall, die sich für Einsteiger(innen) besonders eignen?

Ich denke da vor allem an die Themen rund um die Geburt. Man kann die typischen Mittel bereithalten, und es sind relativ schnell Wirkungen festzustellen. Als Einsteiger(in) empfiehlt es sich, nicht von Anfang an alles behandeln zu wollen, sondern mit einem einzelnen Bereich zu starten und sich nach und nach an weitere Themen heranzutasten. Zuerst gilt es, das Vertrauen zu gewinnen in die Heilmethode.

Gibt es auch andere medizinische Themen im Stall, bei denen der Einsatz der Homöopathie oftmals schnell zum Erfolg führt?

Gute Erfolge lassen sich beispielsweise rund um typische Jungtiererkrankungen wie Durchfall oder Husten erzielen. Dass dabei regelmässig dieselben Beschwerdebilder auftreten, macht es für die behandelnde Person einfacher. Doch taucht ein Problem im Stall häufig auf, heisst das nicht, dass es auch einfach zu therapieren ist. Mastitis zum Beispiel gehört eher zur Königsklasse. Homöopathie-Einsteiger(innen) sollten bei der Behandlung von Euterkrankheiten eine Fachperson zur Unterstützung beiziehen.

Sind manche Tiere mehr für eine Behandlung mit Homöopathie geeignet als andere?

Alle Tiere können homöopathisch behandelt werden, da gibt es keine Unterschiede. Der springende Punkt ist: Man muss dazu die Tiere sehr gut beobachten, und dafür ist es wichtig, sich häufig im Stall aufzuhalten und die Tiersignale verstehen.  

Ist die Behandlung mit Homöopathie vor allem im Akutfall angezeigt? Oder können auch chronische Erkrankungen auf eigene Faust behandelt werden?

Der Einsatz der Homöopathie lohnt sich auch bei chronischen Erkrankungen, nur ist bei diesen die Diagnose oft komplexer. In solchen Fällen sollte eine Fachperson beigezogen werden, zum Beispiel von Kometian (komplementärmedizinisches Tierheilangebot). Ein Gespräch muss nicht zwingend vor Ort stattfinden. Viele Tierhomöopathen bieten heute telefonische Beratungen an.[IMG 2]

Welche Rolle spielt die Prävention bei der Homöopathie?

Zum einen kann die Homöopathie das Immunsystem und den Organismus stärken, indem sie beispielsweise die entgiftenden Organe wie Leber und Niere unterstützt. Sie kann jedoch auch erkrankungsspezifisch eingesetzt werden. Die IG Homöopathie Nutztiere beispielsweise hat ein Prophylaxen-Projekt zur Blauzungenkrankheit lanciert. Dabei geht es darum, die Tiere zu stärken – und auf diese Weise vor der Erkrankung zu schützen. Diese Prophylaxe ist jedoch nicht mit einer Impfung gleichzusetzen, deren Wirkungsmechanismus darauf beruht, dass sie eine spezifische Immunreaktion aktiviert.

Wo liegen die Grenzen der Homöopathie? Wann gilt es, einen Tierarzt beizuziehen?

Das ist ein sehr wichtiges Thema. Die Homöopathie kann vieles, aber nicht alles. Beispielsweise kann sie nicht Wunden nähen oder ein gebrochenes Bein schienen. Wer seine Tiere homöopathisch behandelt, muss seine eigenen Grenzen kennen. Das heisst, anfangs lieber früher den Tierarzt rufen und die Homöopathie parallel dazu einsetzen. Dazu kommt, dass man Tiere nicht leiden lassen darf, wie es auch das Tierschutzgesetz vorschreibt. So ist es manchmal sinnvoll, während einer homöopathischen Behandlung herkömmliche Schmerzmittel zu geben.

Was war für Sie der Einstieg in die Homöopathie?

Ich bin damit aufgewachsen, schon meine Mutter behandelte Kinder und Tiere auf dem Betrieb homöopathisch. Auf diese Weise fand ich selbst das Interesse daran und habe später entsprechende Ausbildungen absolviert.

Strickhof-Grundkurs zur homöopathischen Stallapotheke 2026
5./12./19./26. Januar sowie 16. März, Strickhof Wülflingen, Winterthur.
Jeweils 8.45 bis 12 Uhr, letzter Kurstag 8.45 bis 17 Uhr.
Kosten 460 Fr.
Anmeldung bis 22. Dezember

Auskunft: Selina Hug, Tel. 058 105 83 20,
E-Mail: selina.hug@strickhof.ch.

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