Seit März 2023 ist im Naturmuseum Thurgau in Frauenfeld die Sonderausstellung «Hühner – unterschätztes Federvieh» zu sehen. Sie dauert noch bis zum 10. Februar 2024. «Das ABC der Hühnerhaltung» - unter diesem Titel fand in der dritten Januarwoche im Museums-Café ein Tischgespräch zu den kulinarischen und anderen Vorlieben des Menschen für das Huhn statt.

Museumsdirektor Dr. Hannes Geisser befragte den Hühner-Experten Rolf Steffen. Er ist Agronom und seit 20 Jahren bei der UFA AG als Verkaufsleiter Geflügel tätig. Die Veranstaltung fand vor kleinem, aber sehr interessiertem Publikum, vornehmlich aus der Hobby-Hühnerhaltung, statt.

Die vierköpfige Familie Steffen hält privat 24 Legehennen, die von einem Hahn beherrscht werden, war eingangs vom Gast des Naturmuseums zu erfahren. «Damit können wir uns mit gutem und hochwertigem Eiweiss-Protein versorgen», sagt Rolf Steffen. In den Sommermonaten gebe es gelegentlich Poulets vom Grill. Auch die Wohnnachbarschaft komme je nach Bedarf und Vorrat in den Genuss von Produkten aus der privaten Hühnerhaltung.

Bei der UFA AG ist Rolf Steffen neben dem Verkauf Geflügel auch für die Beratung von Kunden zuständig. Acht Mitarbeitende stehen ihm zur Seite. Das auf Tierernährung spezialisierte Agrarunternehmen mit Hauptsitz in Herzogenbuchsee ist breit aufgestellt. Es produziere hochwertige Futtermittel, Mineralsalze und Spezialitäten, für die professionelle aber auch für die hobbymässige Tierhaltung. Grossen Wert lege das Unternehmen auch auf den Einbezug hochwertiger Rohware in die Tiernahrungsproduktion, sagt Rolf Steffen. Zudem wird im Versuchsbetrieb Bühl im aargauischen Hendschiken im Bereich Tierernährung geforscht. Die Ergebnisse fänden Eingang in die UFA-Produkte, so Steffen.

Was muss im Futter sein?

Museumsdirektor Hannes Geisser fragt seinen Gast nach der Biologie der Hühner. Bekannterweise seien die Tiere ja Allesfresser. Von Insekten, Würmern bis zu verschiedenen Körner stünde so ziemlich alles auf ihrem Speiseplan. Wie würden die Tierernährungsproduzenten die vielfältigen Vorlieben des Federviehs in ihre Produkte integrieren? «Wir schauen bei der Hühnerfutter-Herstellung auf eine möglichst grosse Vielfalt beim Mix», sagt Rolf Steffen. «Dazu gehören vor allem pflanzliche Beigaben wie Raps-, Sonnenblumenkerne und verschiedene Getreidekörner, aber auch Nebenprodukte aus der Lebensmittelindustrie».

Wie kann der Hühner-Alltag spannend gemacht werden?

Der Museumsdirektor wollte wissen womit der Hühner-Alltag aufgelockert werde. Ob es dafür spezielle Gadgets gebe? Es gibt sie, und damit kann man Hühner wirklich glücklich machen. Das Federvieh mit solchen Dingen zu beschäftigen käme seinem angeborenen Verhalten sehr entgegen, sagt Rolf Steffen dazu.

«Die Pickschläge bei der Futtersuche liegen zwischen 12'000 bis 15'000 täglich. Daher ist es auch sinnvoll – vor allem bei der Hobby-Haltung – für die Beschäftigung der Tiere Picksteine in den Ställen anzubieten. Das dient zudem der Gesundheit, weil solche Steine Kalk und Vitamine enthalten. Im Weiteren sorgen aufgehängte Strohballen für die Beschäftigung des Federviehs.»

Rolf Steffen wird auch immer wieder von Kunden professioneller Betriebe, aber auch von Hobby-Hühnerhaltern, bei Problemen um Rat angefragt. Sich darum zu kümmern sei der tägliche Job der Mitarbeitenden im Aussendienst, sagt er. Zu den klassischen Fragen in diesem Zusammenhang gehörten die Bestimmung der Futtermenge für die Tiere. Sie müsse ausgewogen sein, sagt der Hühner-Experte. Zuviel sei nicht gut, weil die Hühner dann zu schwer und träge würden.

Was beeinflusst die Eier-Grösse?

Hat die Art des Futters Einfluss auf die Form der Eier, welche die Tiere legen? Rolf Steffen sagt nein, aber die Grösse der Eier könne je nach Wachstumsphase der Hühner differieren. Entsprechend dem Alter der Tiere werde unterschiedliches Futter eingesetzt, bei Jungtieren werde damit die Kropfbildung und der Muskelaufbau beeinflusst. Je nach Futter könnten auch die Eier und das Fleisch der Hühner unterschiedlich schmecken.

Goldgrube oder Knochenjob?

Hannes Geisser will wissen: Ist die Hühnerhaltung eine Goldgrube oder ein Knochenjob? Die Realität liege dazwischen, sagt Rolf Steffen. Mit der professionellen Hühnerhaltung lasse sich noch immer Geld verdienen, obwohl das Kostenumfeld in letzter Zeit grösser geworden sei. Die Gesellschaft sei in punkto Nutztiere sensibilisiert und achte auf eine artgerechte Haltung, meint der Experte. Die professionellen Hühnerhalter hätten darauf reagiert und in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren auch einiges unternommen, um die dieser Forderung entgegenzukomme. So seien auch Voraussetzungen für die Winterhaltung von Hühnern im Freien geschaffen worden.

Welche Kosten kommen auf Hobby-Hühnerhalter zu?

Wie teuer ist die Hobby-Hühnerhaltung? So lautete eine weitere Frage des Museumsdirektors. Anhand seiner eigenen Hobby-Haltung rechnet Rolf Steffen die Kosten dem Publikum vor. Ein Hühnerstall mit Wintergarten für die Tiere komme auf 3’000 bis 4'000 Franken zu stehen, sagt er. Zudem fresse ein Huhn im Jahr rund 40 Kilogramm Futter. So gesehen würden sich die Kosten pro Tier auf rund 100 Franken im Jahr belaufen. Je nach Rasse lege ein Huhn pro Jahr zwischen 200 und 300 Eier, was bei der Hobby-Haltung als Ertrag verbucht werden könne.

Hannes Geisser will wissen, was es für die Hobby-Haltung von Hühnern summa summarum brauche? «Wichtigste Voraussetzung sei die Freude daran», sagt Rolf Steffen. Es brauche im Weiteren einen Stall mit genügend Auslauf und grosszügigem Wintergarten. Es müsse auch darauf geachtet werden, dass Platz zum Scharren und Sitzstangen für die Nacht vorhanden seien. Bei der Haltung sei vor allem auf die Hygiene zu achten, denn Hühner seien anfällig, beispielsweise für Salmonellen. Die Beseitigung von Kot im Stall sei wichtig. Ideal wäre eine tägliche Reinigung.

Mehr Tierwohl ist nicht gratis

Bei der kommerziellen Poulet-Produktion würden täglich viele Küken sterben oder getötet, weil sie zu schwach seien, heisst es oft aus Tierschutzkreisen. Masthähnchen seien hocheffiziente Fleischlieferanten, die in ihrem kurzen Leben möglichst schnell Gewicht zulegen müssten, vor allem an Brust und Bein. Die Hühnerkörper könnten aber mit diesen Anforderungen nicht Schritt halten, deshalb sei die Hühnermast qualvoll.

«In den Mastbetrieben wird auf das Tierwohl geachtet. Die Abgänge sind meiner Erkenntnis nach nicht überdurchschnittlich hoch», sagt Rolf Steffen. Das Poulet sei aber ein sehr effizientes Tier. Deshalb gebe es einen gewissen Handlungsbedarf. Es komme immer wieder zu politischen Vorstössen, wie es die Massentierhaltungsinitiative gewesen sei. Der Markt habe bereits reagiert. So gebe es eine Reihe von Integratoren, die auf ein Poulet hinarbeiteten, das extensiver wachse, also länger Zeit dafür brauche. Das sei aber nicht gratis zu haben, denn effizientes Fleisch könne mit wenig Ressourcen produziert werden. Wenn Tierwohl und Tierschutz bei der Produktion grössere Beachtung erhielten, brauche es auch mehr Ressourcen. Das wiederum könne zu Konflikten mit dem Umweltschutz führen.

Auch Legehennen sind ein viel diskutiertes Thema. Als Hochleistungs-Hühner sollen sie infolge von Stress und Überzüchtung selber oder auch gegenseitig in die picken bis Blut fliesse, so Tierschützer. In vielen Ställen hätten dadurch etwa zehn Prozent der Tiere Verletzungen, in Extremfällen sogar bis zu 75 Prozent. Sind das Übertreibungen?

«Die Wahrheit liegt wahrscheinlich in der Mitte», meint Rolf Steffen. Hühner würden bereits im Aufzuchtalter Federn abstossen, sagt der Experte weiter. An dieser Stelle gebe es einen Bluttropfen. Andere Hühner verwechselten dies mit einem Wurm und pickten auf die Stelle. «Möglicherweise tun sie das auch, wenn sie zu wenig Beschäftigung haben», sagt Rolf Steffen. «Vor allem wenn die Hühner Stress haben, können sie es wieder tun. Beim ersten Mal war ja ihre Erfahrung eine gute.» Die Produzenten seien in diesem Zusammenhang gefordert. Sie müssten dafür sorgen, dass das gegenseitige Picken gar nicht erst anfange. Eine Lösung des Problems sei die ausreichende Beschäftigung der Tiere.