Der im August angesäte Hanf macht über den Winter eine sogenannte Winterröstung (Standröste) durch. Das braucht es, damit sich der Holzteil (Schäben) von den Fasern löst.

Anspruchsloser Tiefwurzler

Auf dem Feld wachsen die Sorten Futura, Santhica und Fedora in drei Saatstärken auf 36 kleinen Parzellen. Als Startergabe bekamen sie Nmin-korrigiert 30 Einheiten Stickstoff. Ansonsten sei Hanf anspruchslos und brauche keine Pflanzenschutzmittel, erklärte Daniel Fröhlich den Teilnehmer(innen) der Flurbegehung. Hanf sei ein Tiefwurzler, gut für die Bodenstruktur – einzig Staunässe vertrage es nicht, so Fröhlich.

Ähnliche Felder sind in Bolligen BE und Zollikofen BE zu finden. Sie entstanden im Rahmen eines Forschungsprojekts und befinden sich im ersten von vier Versuchsjahren. Finanziert wird das Projekt, das unter der Leitung von HAFL-Dozent Dominik Füglistaller steht, vom Bundesamt für Landwirtschaft. Erste Resultate gibt es aber bereits aus den sogenannten Exaktversuchen. Dabei schnitt Fedora im Feldaufgang am besten ab. Futura besass aber bei der Einwinterung mit knapp 150 cm die grösste Bestandeshöhe.

Saatdichte von 45 kg/ha

Beim Ertrag an Frischsubstanz schnitt Futura signifikant besser ab als Santhica, jedoch nicht besser als Fedora. Am optimalsten schnitt die Saatdichte von 45 kg/ha ab. Nächstens werden auch Ernteverfahren getestet sowie Vollkostenrechnungen erstellt. Die Kosten schlagen bereits bei der Saat zu Buche, denn der Samen ist teuer. Laut Dominik Füglistaller muss man mit Fr. 14.50/kg rechnen, für 45 kg/ha macht das dann schon über Fr. 650.– aus.

Will man den Winterhanf also in der Schweizer Landwirtschaft wieder ansiedeln, muss eine Wertschöpfung her – am besten in der Textilindustrie.

Für Winterhanf am Netzwerken 

Bei diesem Thema verwandelte sich die Flurbegehung in einen Netzwerkanlass. Mit Landwirten, die sich für den Hanfanbau interessieren. Thomas Streule von der Firma Hanfhandwerk GmbH aus Mels war dabei und demonstrierte, wie sich aus den Holzteilen der Hanfstängel (Schäben) mit Kalk und Wasser vermischt Hanfsteine als Baumaterial herstellen lassen. [IMG 2]

Hans-Ueli Scherrer, Geschäftsführer Vias Sozialwerkstatt, sieht Potenzial in den Kurzfasern für die Herstellung von Vliesmatten.

Dominik Füglistaller ist nicht nur HAFL-Dozent, sondern auch Geschäftsführer der Swiss Flax GmbH, die Emmentaler Landwirten Flachsstroh abkauft, die Weiterverarbeitung zu Garn und die Vermarktung organisiert. Ähnlich könnte man es auch mit Hanffasern aufgleisen.

[IMG 3] Auch Timon Schwarz war dabei. Schwarz führt einen Biobetrieb in Tägerwilen und ist als Maschineningenieur Miteigentümer der Firma RHS-Innovation. Er wäre durchaus willens, Maschinen für die Hanfverarbeitung zu konstruieren. Seit der Hanfanbau von den Schweizer Feldern verschwunden ist, gibt es nämlich keine der Kultur angepassten Ernte- und Verarbeitungsmaschinen mehr. Auch Swiss Flax muss mit einer holländischen und einer polnischen Firma zusammenarbeiten, um den Emmentaler Flachs in Garne zu verwandeln.

Thurgauer Naturhanf

Ankurbeln will den Winterhanf Agro Marketing Thurgau mit einem Projekt zur regionalen Entwicklung (PRE). Im mehrstufigen Bewilligungsprozess für das PRE «Thurgauer Naturhanf» hat Brigitte Süess von Agro Marketing Thurgau bereits die Stufen Projektskizze und die Vorabklärung gemeistert. Projektziel ist es, mit Blüten, Fasern und Schäben sämtliche Verwendungszwecke und Absatzkanäle zu nutzen und Mehrwert zu generieren.

[IMG 4] Bereits in engem Kontakt mit Agro Marketing Thurgau ist Marco Baltensweiler, Leiter Landwirtschaftsamt Glarus. «Wir haben in unserem Kanton eine futterbaubetonte Landwirtschaft. Winterhanf wäre eine Bereicherung für unsere Fruchtfolgen», sagt Baltensweiler und zudem knüpfe man dabei an die lange Tradition der Glarner Textilindustrie an. Eine Zusammenarbeit von Glarus und dem PRE Winterhanf der Thurgauer sei in Planung, so Baltensweiler.

Der grosse Abwesende in der Runde war Martin Klöti von der Genossenschaft Glärnisch Textil.

AboHanf für TextilienMartin Klöti will mit Kooperativen Anbau und Verarbeitung von Winterhanf fördernFreitag, 24. März 2023