Der Klimawandel ist spürbar, und zwar nicht nur wenn im Sommer, wenn Mensch, Tier und Pflanzen unter der Hitze leiden. Plötzlich sind Temperaturen über 40 bis gar 50 Grad über Wochen Realität, wenn auch glücklicherweise (noch) nicht in der Schweiz. Wärmer ist es aber bereits im Frühling und bis in den Herbst.
Rund einen Monat verlängert
Mit Daten des Bundesamts für Meteorologie und Klimatologie (MeteoSchweiz) hat Agroscope die Entwicklung der Vegetationsperiode in der Schweiz untersucht. Ausgehend von Temperaturangaben lässt sich feststellen, dass die Vegetationsperiode seit 1900 um rund 30 Tage länger geworden ist.
Anpassung teilweise bereits geschehen
Diese Entwicklung hat laut den Studienautoren vor allem in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts stattgefunden. Daher hat man sich in der Landwirtschaft auch bereits an die neuen Verhältnisse angepasst, etwa mit einem früheren Beginn der Heuernte. Eine Analyse von Agristat hat jedoch gezeigt, dass sich – anders als man vielleicht erwarten würde – der Beginn der Winterfütterung trotz wärmerem Herbst kaum nach hinten verschoben hat. Tatsächlich sei in den letzten 20 Jahren sogar leicht früher mit der Winterfütterung begonnen worden. Agristat nennt als mögliche Gründe Nässe oder Trockenheit, die der Weidesaison frühzeitig ein Ende setzen können.
Insgesamt scheint sich der Klimawandel bisher wegen langer trockener Perioden auf die Versorgung mit inländischem Grünfutter eher negativ auszuwirken: Mehrfach musste man in der jüngsten Vergangenheit mit dürrebedingten Verlusten kämpfen, hält das Forscherteam von Agroscope fest.
Nicht nur die Temperatur entscheidet
Auch im Ackerbau spielt die Wasserverfügbarkeit fürs Wachstum der Kulturen unbestreitbar eine Rolle. Die Temperatur ist aus einem weiteren Grund nicht der einzige Einflussfaktor: So orientieren sich manche Pflanzen für ihre Entwicklung auch an der Tageslänge. Der verfrühte Start der Vegetationsperiode geht mit zu Beginn um rund 30 Minuten kürzeren Tagen einher, schreiben die Studienautoren. Die effektive Wachstumsperiode könnte daher nicht dem gleichen Trend folgen wie die thermische Vegetationsphase, jedenfalls für Langtagpflanzen wie z. B. Spinat, Getreide oder Erbsen. Nicht alle Pflanzen dürften also bei frühlingshaften Temperaturen sogleich zu spriessen beginnen.
Frühere Ernten
Im Zusammenspiel mit Trockenheit lassen höhere Temperaturen Ackerpflanzen später im Jahr schneller wachsen. Getreide muss so im Sommer früher geerntet werden und es bleibt weniger Zeit für die Kornfüllung, heisst es dazu in der Studie. Ein Trend zu früheren Ernteterminen bei Winterweizen und einer kürzeren Kornfüllungsphase sei in der Westschweiz bereits beobachtet worden.
Ausweichen auf andere Kulturen oder Standorte
Angesichts der sich verändernden Verhältnisse kann die positive Seite des Ganzen –dass neue Kulturen wie Sorghum oder Soja zunehmend gut gedeihen – zur Notwendigkeit werden. Dann nämlich, wenn an gewissen Standorten das bisher Angebaute nicht mehr für den nötigen Ertrag sorgen kann.
Ein weiteres Thema in diesem Zusammengang ist die Höhenverschiebung der Gunstzonen für verschiedene Pflanzen. Ackerbau im Berggebiet ist zwar möglich und wird bereits praktiziert, dem sind aber auch topografische und den Boden betreffende Grenzen gesetzt.
«Es ist davon auszugehen, dass diese Entwicklungen sich auch in der Zukunft fortsetzen werden», heisst es abschliessend. Das werde weitere Anpassungen in der Praxis erfordern.
Die vollständige Studie «Die thermische Vegetationszeit im Wandel des Klimas» finden Sie hier.
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