Die Parolenfassung zur Trinkwasser-Initiative (TWI) beschert der Bio Suisse Probleme. Statt eine klare Position präsentieren zu können, hat man die Entscheidfassung anlässlich der Delegiertenversammlung (DV) vom Mittwoch erneut vertagt.

Die Delegierten haben im Zoom-Meeting vom Mittwoch mit 47 zu 40 Stimmen zunächst die vorgeschlagene Nein-Parole des Vorstands abgelehnt. Allerdings gab es offenbar Delegierte, die durch die Abstimmungsfrage verwirrt waren. Sie stimmten Nein und meinten damit die Nein-Parole. Wenn man eine solche wollte musste man aber Ja (zum Vorstandsantrag) stimmen. Deshalb ist es möglich, das die Nein-Parole im Frühjahr noch einmal auf den Plan kommt. Die DV hat nämlich mit klarem Mehr beschlossen, dass die definitive Parolenfassung auf die nächste DV verschoben wird.  

«Wichtige Partner und Freunde»

«Es ist sehr unglücklich, dass wir nicht den direkten Austausch haben», sagte Politchef Martin Bossard zum Auftakt des wichtigsten Traktandums der DV. «Wir müssen das stolze Bioschiff durch diese raue See steuern», so Bossard. Es gehe um ein Thema, das man nicht selbst aufgegriffen habe, auch wenn die Initianten Bio eigentlich helfen möchten.

Bossard schilderte noch einmal ausführlich die Position der Bio Suisse. Diese ist eine schwierige Gratwanderung, da man sowohl mit den Umweltorganisationen (welche die TWI unterstützen) und dem Schweizer Bauernverband (der die TWI klar ablehnt) als «wichtige Partner und Freunde» eng zusammenarbeite.

«Von grüner Agrarpolitik ist nichts übriggeblieben»

Bio Suisse habe die Abstimmungsparolen immer abhängig gemacht vom politischen Prozess. Bossard verwies auf die geplante Sistierung Agrarpolitik 2022+ (AP 22+) und die Abschwächung der parlamentarischen Initiative in Sachen Nährstoffe. Wegen des fehlenden Gegenvorschlags müsse man nun einen halbjährigen Abstimmungskampf gewärtigen, der auch Kollateralschäden für die Biobauern zur Folge haben werde.

Von der erwarteten grünen Agrarpolitik sei so gut wie nichts übriggeblieben, so Bossard. Vor diesem Hintergrund müsse sich die Bio Suisse fragen, ob man den Initiativen nicht zustimmen müsse. Man müsse hier aber klar differenzieren, so Bossard in seinen Ausführungen zur TWI.

Kritischer Punkt betriebseigenes Futter

Kein Problem habe man mit dem in der TWI geplanten Verbot von prophylaktischem Antibiotikaeinsatz als Vorbedingung für Direktzahlungs-Bezug, sagte Martin Bossard. Der kritische Punkt sei aber die Beschränkung der Fütterung auf betriebseigene Produktion, hier würden viele Biobetriebe nicht mitmachen, das sei der erste Grund gewesen für die Nein-Parole des Vorstands. Zweites wichtiges Argument gegen die TWI sei, dass sich die Initiative nur an die Landwirtschaft richtet und die übrigen gesellschaftlichen Gruppen nicht in die Pflicht genommen werden.

Es sei im Weiteren ein Nebenschauplatz entstanden um die Frage, welche PSM eingesetzt werden dürften. Hier hätten die Initianten aber zugesichert, dass alles auf der Betriebsmittelliste des FiBL weiter zugelassen bleibe, also auch Kupfer und Schwefel.

Nein wird abgelehnt

Die Konsumenten könnten ein Nein eher nicht nachvollziehen, sagte Bossard mit Blick auf die Kommentarspalten der Publikumsmedien. Trotzdem beantrage der Vorstand mit Blick auf die genannten Punkte eine Nein-Parole. Die Votanten in der Diskussion unterstützten mehrheitlich die Nein-Parole des Verbands. Auf Kritik stiess in der Diskussion auch eine Intervention von TWI-Initiantin Franziska Herren, die alle Delegierten direkt angeschrieben hat, um die Parole des Vorstands zu kehren.  

Widerspruch kam lediglich von Martin Ott, dem Präsidenten des FiBL, der für zwei Ja-Parolen plädierte. In der Abstimmung zeigte sich aber, dass die Mehrheit anderer Meinung ist, als der Vorstand. Nach dem Nein zur Vorstandsparole votierten die Delegierten mit 54 zu 33 für eine Verschiebung der definitiven Parolenfassung auf die Frühjahrs-DV 2021, so wie dies Ott beantragt hatte.

Klares Ja zur Pestizidverbots-Initiative

Am Nachmittag schritt die DV zur Parolenfassung zur Pestizidverbots-Initiative (PVI). Diese Initiative sei deutlich einfacher aufgebaut, indem sie einerseits auch die Importe einbeziehe und andererseits nicht nur die Landwirtschaft in den Fokus nehme. Sie will die synthetischen Pflanzenschutzmittel (PSM) für sämtliche Anwender verbieten, deshalb habe der Vorstand nicht lange über die Ja-Parole diskutieren müssen.

Die Diskussionsteilnehmer votierten mehrheitlich für die Ja-Parole zur PVI. Dies widerspiegelte sich auch im Abstimmungsverhalten. Mit klarem Mehr von 64 Ja zu 17 Nein (15 Enthaltungen) beschlossen die Delegierten die Ja-Parole zur PVI.

Diskussion über Spermasexing vertagt

Anschliessend schritten die Delegierten zur Diskussion um ein weiteres umstrittenes Thema, das Spermasexing in der Rindviehproduktion. Die DV hatte schon 1999 ein Verbot beschlossen und dieses 2015 bestätigt. Nun haben 108 Einzelmitglieder einen Antrag gestellt, die gesexten Spermien trotzdem zuzulassen. Zuvor wollte der Vorstand aber wissen, ob überhaupt eine weitere Diskussion geführt werden soll. Sein Antrag, diese zu unterbinden, setzte sich hauchdünn mit 42 zu 41 durch. Ein weiterer Antrag in der Frühjahrs-DV würde deshalb nicht erstaunen.