Um über 20 Prozent ist der Nahrungsmittelbedarf der Schweiz seit dem Jahr 2000 gestiegen. Für die nächsten zehn Jahre wird laut Bundesamt für Statistik (BFS) ein Anstieg um nochmals 20 Prozent erwartet. Grund ist die rasante Bevölkerungszunahme: Noch innerhalb des nächsten Jahrzehnts soll laut BFS die 10-Millionen-Marke erreicht werden. Grund genug, dass sich auch die Management-Consulting-Firma Price Waterhouse Coopers (PwC) der Landwirtschaft annimmt. Oder des Schweizer «Food Ecosystems», wie es im «Executive Summary» einer neuen Studie heisst, die sich mit der Frage beschäftigt, wie man eine «wachsende Schweiz nachhaltig ernähren» könnte.

Für die Studie kontaktierte PwC nach eigenen Angaben den Bauernverband, Swisscofel, die Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften (ZHAW) sowie «im Food-Tech-Bereich tätige Unternehmen», dies «ohne jedoch unsere Aussagen von den jeweiligen Institutionen beeinflussen zu lassen», wie Sprecherin Emina Custo klarstellt. Und: «Es handelt sich hier um eine unabhängige Studie und es gab keine externen Auftraggeber.»

2035 noch 40–50 Prozent der Kalorien aus der Schweiz

Herausgekommen ist ein Bündel von Handlungsempfehlungen an Politik und Wirtschaft. Um die Herausforderungen der nächsten Jahre zu meistern, müssten private und öffentliche Akteure einen gemeinsamen strategischen Plan verfolgen, so die Autoren der Studie. Wenn der Landwirtschaftssektor durch Innovation und neue Technologien gestärkt werde, könne er weiterhin einen substanziellen Beitrag zur Schweizer Nahrungsmittelversorgung leisten, heisst es in der Studie.

Sie beziffert den Anteil der Landwirtschaft an der Ernährung der 10-Millionen-Schweiz 2035 auf «40–50 Prozent der benötigten Kalorien». Importiert würden dann noch 35–45 Prozent des Kalorienbedarfs. Die Importe reduzieren wollen die Autoren einerseits durch die Vermeidung von Nahrungsmittelverlusten durch ein «zirkuläres Farm-to-Fork Ecosystem» (2 bis 7 Prozent), andererseits mit neuen Produktionsverfahren und «Novel Food»-Technologien.

Übernimmt die Schweiz eine Führungsrolle bei Labor-Fleisch?

«Nachdem das israelische Start-up Aleph Farms und ein lokaler Retailer einen regulatorischen Antrag für kultiviertes Fleisch eingereicht haben, könnte die Schweiz als eines der ersten Länder Europas solche Produkte versuchsweise einführen», heisst es dazu in der Studie.

Entscheidend dafür seien regulatorische Zulassungen und die Akzeptanz der Konsumenten. Dies vorausgesetzt, sei schon in den 2030er-Jahren eine breite Markteinführung durchaus realistisch. Welchen Stellenwert wird die Tierhaltung in der 10-Millionen-Schweiz haben? Für die Autoren steht hier die Reduktion des ökologischen Fussabdrucks im Zentrum. Immerhin verursachen die rund 1,5 Millionen Kühe in der Schweiz nach ihren Angaben rund 10 Prozent der gesamten Treibhausgas-Emissionen der Schweiz.

40 Prozent wollen für Nachhaltigkeit mehr bezahlen

Als Alternative zur Verkleinerung der Bestände empfiehlt die PwC-Studie eine veränderte Fütterung: Hülsenfrüchte und Getreide anstelle von Soja und Mais. Auch Futtermittelzusätze wie die Rotalge Asparagopsis oder Bovaer werden in der Studie genannt.

Weiter sehen die Autoren grosses Potenzial in der Produktion von Fisch und Meeresfrüchten. Diese könnten in Zukunft wichtiger werden, so das Resultat einer Konsumentenum-frage bei rund 200 Personen. Dies weise auf eine Verschiebung weg von Fleisch, Zucker und Weizenprodukten hin zu Hülsenfrüchten, Fleischersatz und «kultiviertem Fleisch». Insgesamt könnten sich 40 Prozent der Befragten vorstellen, für nachhaltigere Produkte auch mehr zu bezahlen.