«Was für Turbulenzen in den letzten 12 Monaten!», sagte Fritz Glauser, Präsident des Schweizerischen Getreideproduzentenverbands (SGPV) zum Auftakt der Delegiertenversammlung im freiburgischen Kerzers. Schon in den Covid-Zeiten habe der Welthandel nicht mehr richtig funktioniert. Der Ukraine-Krieg habe die Probleme der steigenden Produktionskosten, der Logistik und der Energieversorgung nun noch verschärft.  

Globalisierung erreicht die Ziele nicht

Ob man es als Zeichen nehmen müsse, dass die Globalisierung nicht die erwünschten Ergebnisse gezeitigt habe, fragte Fritz Glauser rhetorisch. «Sicherlich», sagte er. Man müsse befürchten, dass sich solche Krisen immer öfter wiederholten, ebenso wie die extremen Wetterereignisse.

«Es ist unabdingbar, dass wir unsere Selbstversorgung stärken», sagte Glauser, «vor allem mit Grundstoffen wie Getreide und Ölsaaten.» Das Ziel sei nicht, 100 % autark zu sein, aber man müsse mindestens das gegenwärtige Niveau halten. Dieses Ziel könne nur erreicht werden, wenn die Einkommen der Landwirte ein angemessenes Niveau hätten.   

Der Kampf für Richtpreise, welche die steigenden Produktionskosten decken, sei anspruchsvoll aber nicht erfolglos, sagte Glauser rückblickend über die zähen Verhandlungen (s. auch untenstehende Tabelle). «Beim Brotgetreide mussten wir traurigerweise feststellen, dass der grösste Druck von den industriellen Mehlkäufern ausging», so der Präsident. Diese drohten jeweils mit dem Import von zusätzlichen Fertigprodukten, falls der Schweizer Mehlpreis stark ansteige. 

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Rückblick auf die «katastrophale» Ernte 2021

In seinem Jahresbericht warf Direktor Pierre-Yves Perrin zunächst einen Blick auf die «katastrophale» Ernte 2021, sowohl beim Getreide wie auch bei den Ölsaaten. Das Resultat war beim Brotgetreide die tiefste backfähige Menge seit 1985. Die Lager aus den Ernten der Vorjahre wurden komplett aufgebraucht und es wurde eine Erhöhung des Zollkontingents zur Deckung des Bedarfs der Verarbeiter nötig.

Trotz der schwachen Ernte sei die Exportstützung 2021 fortgesetzt worden, fuhr Perrin fort. Dies möge in einem solch schwachen Jahr merkwürdig erscheinen, dabei gehe es auch um die Erhaltung von Marktanteilen. Der SGPV hat sich dabei mit insgesamt 15 Mio Fr. an der Stützung beteiligt. Auch in den kommenden Jahren will man die Abzüge unverändert bei Fr. 4.80/dt belassen, um einen gewissen Grundstock im Stützungsfonds aufzubauen. Dies wurde von der DV ohne Wiederrede zur Kenntnis genommen.

2022 sieht es besser aus

Das Folgejahr brachte zwar eine ansprechende Ernte, war aber geprägt von internationalen Krisen, namentlich dem Ukraine-Krieg. Dieser habe eine Explosion der Preise zur Folge gehabt, allerdings dank des Grenzschutz-Systems nicht auf dem Schweizer Markt. Aufgrund der zunehmenden Produktionskosten verlangt der SGPV eine Erhöhung der Maximalgrenzbelastung des Importgetreides von 23 Fr./dt. Hier sprach Perrin von einer wünschenswerten Erhöhung um 5 Fr. Entsprechende Diskussionen mit dem BLW und bei der Branchenorganisation Swiss Granum seien im Gang.

Die Ernte 2022 bezeichnete Perrin als gut. Die Brotweizen-Ernte fiel mit 382'500 t rund dreimal so hoch aus wie im Vorjahr; insgesamt stünden inklusive 70'000 t Importen 509'000 t Brotgetreide für die menschliche Ernährung zur Verfügung, bilanzierte Perrin. Bei einem Bedarf von 480'000 t resultiert eine Differenz von 29'000 t für die Einlagerung. Dazu kommen 60'000 t, die bereits vor der Ernte 2022 eingelagert waren.

Erfreuliche Situation bei den Ölsaaten

In Sachen Ölsaaten herrsche eine erfreuliche Situation, sagte Rahel Emmenegger von der SGPV-Geschäftsstelle. Durchschnittlich seien knapp 37 kg Raps/a geerntet worden. Die Produktionsmenge hat gegenüber 2021 (77'073 t) im Jahr 2022 mit 92'000 t klar zugelegt. Die Vertragsmenge von 106'000 t konnte allerdings nicht erreicht werden. Dies nicht zuletzt auch wegen der zunehmenden Einschränkungen des Pflanzenschutzmittel-Angebots.

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Sonnenblumenproduzenten sind laut Emmenegger weiterhin gesucht. Man kann sich bei Agrosolution melden. Für die Ernte 2023 werden die Stützungsbeiträge aus dem Ölsaaten-Pool für Sonnenblumen um 2 Fr./dt gesenkt werden, dies aufgrund der gestiegenen Produktion. Man müsse hier dafür sorgen, dass der Pool genügend geäufnet bleibe, sagte Emmenegter.

Die Marktpreise sind 2022 gegenüber dem Vorjahr deutlich gestiegen. Raps legte um rund 20 Fr./dt auf Fr. 113.55 zu. Die Sonnenblumen galten Fr. 106.60/dt (Fr. 90.10 im Jahr 2021) und die Futtersoja zwischen 62 und 67 Fr./dt. (Fr. 53.- bis 60.-/dt im Jahr 2021).

Agrarpolitik: «Realistische Ziele setzen»

Kurz angesprochen wurde auch die agrarpolitische Grosswetterlage. Hier verlangte Emmenegger namens des Verbands «realistische, sinnvolle und umsetzbare Ziele und Massnahmen».  Die Produktion dürfe nicht sinken und die Rentabilität müsse steigen. Fritz Glauser erwähnte die Motionen zur Entschärfung der Ökologisierungsmassnahmen.

Er betonte, dass die 3,5 % BFF auf der Ackerfläche nicht etwa verschoben werden dürften, sondern direkt verhindert werden müssten. Eine Verschiebung sei immer gefährlich, so Chiesa. Eine solche wird in einer Motion von SVP-Präsident Chiesa gefordert. Diese gelte es abzulehnen und stattdessen die Motion Rieder für die Streichung anzunehmen, sagte der SGPV-Präsident. Schon in seiner Eröffnungsrede hatte er dazu aufgerufen, die «eine unsinnige und unerklärliche Ökologisierung der Landwirtschaft zu verhindern».

 

Im statutarischen Teil wurden Jahresbericht, Rechnung, Budget, Mitgliederbeiträge und Tätigkeitsprogramm genehmigt. Zudem führten die Delegierten folgende Vorstandswahlen durch: Ruedi Barmettler aus dem Kanton Luzern, Zeno Stadler aus dem Kanton St. Gallen und Urs Baur aus dem Kanton Aargau wurden als Nachfolger von Beat Wüest, Bruno Wagner und Florian Vogelsanger gewählt.