LID: Die Importe nehmen seit Jahren zu, der Marktanteil der Schweizer Brauereien sinkt. Herrscht am heutigen "Tag des Schweizer Bieres" Freude oder eher Katerstimmung?

Marcel Kreber:Wir führen den "Tag des Schweizer Biers" heuer zum dritten Mal durch. Es ist ein Tag der Freude. Dass es den Schweizer Brauereien schlechter geht wegen den steigenden Importen, würde ich nicht sagen. Die ausländische Konkurrenz zwingt die Schweizer Brauereien, innovativ zu sein, kostengünstig und effizient zu produzieren. Genau dies ist der Fall.

Warum trinken Schweizer immer mehr ausländisches Bier?


Das hat verschiedene Gründe. Zum einen wandelt sich die Gesellschaft. Die Stammtisch-Kultur wird heute nicht mehr zelebriert wie früher. Diese Personen, die das noch tun, werden immer älter und immer weniger. Dazu kommt das Rauchverbot, das sich gerade für Restaurants auf dem Land negativ auswirkt. Das führt dazu, dass immer mehr Bier zu Hause konsumiert wird. Das setzt Wirte unter Druck, während der Detailhandel profitiert. Gerade preisgetriebene Konsumenten kaufen im Laden kostengünstige Biere und das sind meist Importbiere. Dazu kommt, dass die Euroschwäche Importe begünstigt.

Die Anzahl Brauereien hat sich in den letzten zehn Jahren rund vervierfacht, obwohl der Bierkonsum in der Schweiz seit Jahren stagniert. Woher kommt diese Euphorie?

Man muss diesen Boom etwas relativieren. Es gibt 44 Brauereien, die professionell produzieren, das heisst mit ausgebildeten Lebensmitteltechnologen, Brauern und Braumeistern. Diese 44 Brauereien stehen für 99,2 Prozent der Bierproduktion. Die restlichen 0,8 Prozent werden von 379 Braustätten produziert. Dabei handelt es sich mehrheitlich um Hobby-, Gasthaus- oder Nebenbrauereien, für die das Brauen ein Nebenerwerb ist. Begünstigt wurde der Boom durch das Biersteuergesetz aus dem Jahr 2007, das kleine Brauereien steuerlich bevorteilt.

Trotz vieler Brauereien ist der Schweizer Biermarkt letztlich beherrscht von zwei grossen Unternehmen: Carlsberg und Heineken. Wirte beklagen, dass es keinen Wettbewerb gebe.


Doch, der Markt spielt. Das zeigt sich schon in der Tatsache, dass immer neue Anbieter auf den Markt drängen. Zudem gelingt es immer wieder kleineren Brauereien zu wachsen und aufzusteigen. Klar, die Gastronomie ist unter Druck, gerade im ländlichen Raum. Es wird aber niemand gezwungen, einen Vertrag abzuschliessen. Teils ist die Fluktuation gross, so dass sich die Brauereien vertraglich absichern wollen. Dafür greifen die Brauereien den Wirten auch unter die Arme.

Die Schweizer Brauereien konnten in den letzten Jahren - wenn auch auf tiefem Niveau – die Exporte steigern. Wie viel Potenzial besteht hier noch?

Grundsätzlich ist ein Interesse am Schweizer Bier im asiatischen Raum festzustellen. Ob nun die Exporte gesteigert werden können, beziehungsweise das Engagement in diesen Ländern verstärkt wird, hängt von den unternehmerischen Entscheiden der Brauereien ab.

Derzeit revidiert das Parlament das Alkoholgesetz. Wie sind Sie mit dem derzeitigen Stand zufrieden?

Wir waren überrascht, dass der Ständerat sich für Mindestpreise ausgesprochen hat. Zum Glück hat der Nationalrat Gegensteuer gegeben und sowohl Verkaufsverbotszeiten wie auch Mindestpreise aus dem Alkoholgesetz gekippt. Schade ist, dass die Diskussion um die Ausbeutebesteuerung im Spirituosensteuergesetz zu Verzögerungen führt. Wir hätten gerne den Schwung im Nationalrat mitgenommen. Mindestpreise sind nicht der richtige Weg, weil damit die ganze Bevölkerung bestraft wird. Wenn man Prävention betreiben will, muss man das zielgruppenspezifisch machen.

Der Bund hat kürzlich die Zollfreifreigrenzen für Bier von zwei auf fünf Liter erhöht. Können die Schweizer Brauereien damit leben?

Ja, damit können wir leben. Die Zollverwaltung wollte ursprünglich die Zollfreigrenze von zwei auf 20 Liter erhöhen. Das wäre einer Einladung zum Einkaufstourismus gleichgekommen.

Im Gegensatz zum nass-kalten Frühjahr 2013 präsentierte sich das Wetter bisher schön und warm. Zudem steht ab Juni die Fussball-WM an. Mit was für einem Jahr rechnen die Sie?


Letztes Jahr war wettertechnisch in der Tat schlecht. Aufgrund des bisherigen Verlaufs bin ich verhalten optimistisch. Man muss klar sagen, dass das Wetter einen viel grösseren Einfluss auf den Bierkonsum hat als die Fussball-WM.

Wie sehen die Trends auf dem Biermarkt aus?


Man stellt fest, dass auch die grossen Brauereien verstärkt die Biervielfalt leben. Das hat auch mit den vielen Kleinbrauereinen zu tun, die viel schneller auf Trends und Kundenwünsche reagieren können. Die Produktion von Spezialitätenbieren nimmt, wenn auch auf tiefem Niveau, zulasten der Lagerbiere zu. Dass die Biervielfalt wichtiger wird, zeigt auch das enorme Interesse an unserer Ausbildung zum Schweizer Bier-Sommelier, die wir gemeinsam mit GastroSuisse anbieten. In den letzten drei Jahren haben rund 100 Leute diese Ausbildung absolviert.

Interview Michael Wahl, LID