Schon seit 1948 wird auf dem Betrieb Waldhof in Reitnau AG auf biologischen Anbau gesetzt. Damals noch ohne finanziellen Mehrwert. Seit nunmehr elf Jahren bewirtschaften Ruedi und Monika Burgherr den 15,7 ha grossen Bio-Betrieb.

«Wir produzieren aus Überzeugung nach den Richtlinien des biologischen Landbaus», sagt das Betriebsleiterehepaar. In ihrem Dorf gibt es mehrere Bioproduzenten und alle ziehen am gleichen Strick: «Wir arbeiten sehr eng zusammen und helfen uns gegenseitig aus», sagt Ruedi Burgherr. So macht er für andere Lohnarbeiten, hilft mit Hofdünger aus und kauft im Gegenzug bei seinen Bio-Kollegen Futtervorräte ein.


Strenge Vorschriften


Biolebensmittel liegen voll im Trend, und das zu Recht. Denn der biologische Anbau wirkt sich positiv auf Klima und Umwelt aus. Die Vorschriften seien streng und Bio mache man nicht wegen des Geldes. «Bio muss im Kopf wachsen. Trotz Vorschriften und Mehraufwand schlägt unser Herz für diese Anbaumethode», hält Ruedi Burgherr fest. Und der neunjährige Micha doppelt nach: «Papa braucht keinen Kunstdünger und Spritzmittel. Das ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für die vielen kleinen Tiere auf den Wiesen.»

Neben dem Ackerbau und der Milchwirtschaft sind auf dem Betrieb Burgherr auch die 2000 Legehennen ein wichtiger Betriebszweig. Zurzeit werden noch acht Muttersauen gehalten – wegen Platzbedarf aber nicht mehr lange. «Ich lasse die Schweine mit einem lachenden und weinenden Auge ziehen.


Obwohl die Preise für Bio-Ferkel sehr hoch sind, sind sie von all den Tieren auf dem Betrieb am anfälligsten auf Krankheiten», gibt der Landwirt zu. Das Ziel ist klar: Die Familie Burgherr will auf die Milchproduktion setzen. Sie realisierten im letzten Jahr einen Durchschnittspreis von 
80 Rp/kg Milch. Und der Bio-Betrieb setzt noch einen drauf: Antibiotikafreie Milch sei das Zukunftsziel.  


Keine Hochleistungskuh


33 Kühe halten Burgherrs in ihrem Laufstall. Gemolken wird im alten Anbindestall. Die Fitnessmerkmale, insbesondere die Fruchtbarkeit und die Zellzahl, seien wichtiger denn je: «Wir brauchen keine Hochleistungskuh. Mit Leistungen von 6500 bis 7000 kg Milch sind wir zufrieden. Dazu suchen wir eine mittelgrosse, robuste Swiss Fleckviehkuh», sagt der Agronom.

«Neben Gras- und Maissilage füttern wir wenn nötig (nicht immer!) etwas Bio-Sojakuchen bei. Auf Leistungsfutter verzichten wir seit sieben Jahren.»

Und warum gerade antibiotikafreie Milch? «Nach einem Aufruf von Emmi habe ich mich für 
dieses Projekt gemeldet.» Die Vorschriften seien streng, die Anforderungen hoch.

«Obwohl ich noch keinen Mehrwert erzielen konnte, darf ich seit einem Jahr keine Antibiotika mehr im Stall einsetzen», sagt Ruedi Burgherr. Emmi möchte mit der sogenannten NOP-Milch Käse und Milchpulver herstellen  und den amerikanischen Markt erobern «Kommt das Projekt zustande, wird einem ein Franken pro Kilo Milch versprochen», so der Landwirt. Auch der Antibiotikaverbrauch bei den Kälbern sei verboten. «Muss ich trotzdem 
ein Kalb behandeln, darf seine Milch später nicht als antibiotikafrei verkauft werden.»

Und wie behandelt er Kühe mit zu hohen Zellzahlen? «Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es vielfach auch ohne Behandlung geht. Man muss den Kühen Zeit lassen und melken, melken, melken –ein gutes Ausmelken ist der Schlüssel – bis sich die schlechten Zellen durch neue ersetzt haben», empfiehlt Burgherr. «Gibt eine Kuh aber dauernd schlechte Milch, ist es besser, wenn man sich von ihr trennt.»


Bio-Eier sind gesucht


Seit 2010 steht auf dem Betrieb auch ein 2000er Bio-Legehennen-Stall. «Für uns ist das ein sehr guter Betriebszweig», sagt Ruedi Burgherr. «Wir standen damals vor der Entscheidung, entweder auswärts zu arbeiten oder ein zusätzliches Betriebseinkommen zu generieren», so der Landwirt. Der Erfolg gibt ihnen Recht: Zurzeit lösen sie 45,5 Rp. für ein Bio-Ei.

Aber der Ankauf einer Bio-Junghenne sei auch nicht ganz billig. Mit 25 Franken müsse man rechnen. Mit 18 Wochen kommen die Hennen jeweils direkt von einem Bio-Aufzuchtbetrieb auf den Hof und legen dann bis zu einem Alter von 15 Monaten Eier. Die Hühner werden danach nicht einfach entsorgt. Der Eiabnehmer der Familie nimmt sie zurück und verwertet das Fleisch. «Obwohl ich für diese Hühner nichts bekomme, bin ich sehr froh, dass sie nicht einfach in der Biogasanlage enden», hält der Landwirt fest.


Grosszügige Anlage


Die grosszügige Anlage erlaubt es den Hühnern, sich bei jedem Wetter ausserhalb des Stalls zu bewegen. Im Wintergarten können sie nach Lust und Laune picken, scharren und Sandbäder nehmen. Über eine Anlage werden den Hühnern von oben her täglich Körner gereicht. Normalerweise hat die Hühnerschar auch Auslauf auf einem Hektar grossen Feld im Freien. Wegen der Vogelgrippe dürfen sie derzeit aber nicht aufs Feld.


«Mit all den verschiedenen Betriebszweigen ist unser Betrieb breit aufgestellt», sagt Ruedi Burgherr. Ob die Biowelle von Dauer sein wird, könne er nicht sagen. «Dass so viele Betriebe derzeit auf Bio umsteigen ist einerseits erfreulich, andererseits gefährlich: Denn wie schnell stimmen heute Angebot und Nachfrage nicht mehr überein», so der Betriebsleiter.


Peter Fankhauser