Entlang der lykischen Küste erstreckt sich das gigantische Taurusgebirge bis nach Finike. Die Hafenstadt liegt etwa 110 km südwestlich vom touristisch geprägten Antalya entfernt und ist eines der wichtigsten Agrargebiete der türkischen Mittelmeerküste – «denn hier scheint an 340 Tagen die Sonne», begründet Ali Koyak, unser Reiseleiter auf der Leserreise durch die Südtürkei. Aber auch die fruchtbaren Böden in dieser Region tragen dazu bei. 

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Wie stark dieses Gebiet zur Produktion von Gemüse genutzt wird, zeigt sich bereits vor unserer Ankunft: Auf einer Anhöhe – einige Kilometer vor Finke – lässt sich das Ausmass von weiss schimmernden Gewächshäusern und Tunneln rund um die Stadt erkennen. Hier werden für den einheimischen Markt und auch für den Export Zucchini, Paprika und Auberginen, aber vor allem Tomaten das ganze Jahr über an­gebaut. 

1 Million Setzlinge für die Türkei

Wir machen Stopp bei der Sämlingsproduktion «Maki Fide». Das 1998 gegründete Unternehmen liegt in Kumluca – an der Bucht von Finike – und ist die älteste und grösste Firma für die Jungpflanzenproduktion in dieser Region. Auf einer Fläche von 50'000 m2 werden hier jährlich etwa eine Million Setzlinge gezüchtet. Davon ist ein Teil veredelt.

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Deren Produktion findet in einem separaten Bereich statt, um Krankheitsübertragungen zu vermeiden. Es handelt sich hierbei vor allem um Tomaten, Gurken, Auberginen und Melonen, die in der gesamten Türkei dann entweder in Gewächshäusern oder auf Feldern eingesetzt werden. Ein Teil der Setzlinge wird auch exportiert, z. B. nach Frankreich und in die USA. 

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Die Vermehrung findet in Folien-Gewächshäusern statt, welche die Feuchtigkeit besser als Glas halten können. Zwischen Januar und April werden sie auf mindestens 16 °C mit Kohle aufgeheizt. Im Sommer sorgt Schatten für eine maximale Temperatur von 35 °C. Die Folien müssen alle 36 Monate ausgetauscht werden. 

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Türkei als grosser Exporteur

Bekannt ist das Gebiet auch für seine Zitrusfrüchte, vor allem Oran­­gen. Die fruchtbaren Böden der Gegend um und in Finike sorgen für eine hochwertige Qualität dieser. Aktuell werden drei Orangensorten angebaut: Washington Neval, Jaffa und Valencia – auf insgesamt rund 36'000 ha sind das jährlich etwa 142'000 t Orangen, zudem über 4500 t Mandarinen, 5500 t Zitronen und 600 t Grapefruits. Die Ernte findet ausschliesslich per Hand statt. Man findet hier viele Saisonarbeiter aus den Nachbarländern, Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan. 

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Neben der Produktion von Gemüse und Zitrusfrüchten ist die Türkei auch für ihre Getreideproduktion bekannt. «Sie ist die Nummer fünf weltweit, wenn es um den Getreideexport geht», sagt unser Reiseleiter. Jährlich werden 35 Millionen Tonnen in der Türkei produziert, hauptsächlich Winterweizen. Mit dem Export von Hülsenfrüchten, Kichererbsen, Linsen sowie Haselnüssen, Sultaninen und Feigen steht das Land auf dem ersten Platz weltweit. 

Milch von Schafen und Ziegen

Milchkühe sieht man auf unserer Reise durch die Südtürkei nur wenige. Dies ist nicht verwunderlich, werden in der Türkei nur elf Millionen Kühe gehalten. Milch wird in der Türkei nur wenig getrunken und das Futter ist aufgrund der Trockenheit in diesem Land sehr teuer. Die Milch werde hauptsächlich für die Herstellung von Joghurt und Käse genutzt, wie man uns sagt, vor allem von den 27 Millionen Schafen, 14 Millionen Ziegen und 600'000 bis 700'000 Wasserbüffeln, die in der Türkei hierfür gehalten werden. Der Import von Milch sei nicht erlaubt. Aber die Türkei könne sich gut mit ihren landwirtschaftlichen Produkten selbst versorgen, wird uns gesagt. 

Der grösste Käsehersteller in der Türkei ist die Firma «Ekici», etwa eine halbe Autostunde von der Stadt Antalya entfernt. Sie wurde 1957 als kleine Molkerei gegründet. Heute werden täglich 480 t Milch auf einer Gesamtfläche von 42'000 m2 zu Käse verarbeitet. Die Milch wird von Kooperativen sowie Landwirten für einen Milchpreis von 55 Cent/l eingekauft – den Preis legt der Staat fest. Mit 500 Mitarbeitern gehört das Unternehmen zu den Top 1000 in der Türkei. Es werde nur die hochwertigste Milch für die Käseherstellung verwendet, so der Geschäftsführer. Die etwa 30 verschiedenen Produkte werden hauptsächlich im eigenen Land vermarktet, aber auch bspw. nach Zypern, Jordanien, Aserbaidschan und Irak exportiert.

Vollausgestattet mit Lely

Einer der Betriebe, die Milch produ­zieren, ist die Trion-Farm. ­Orhan, der Betriebsleiter, führt uns durch den Betrieb mit Laufstall und 120 Holstein-Kühen (Genetik aus Deutschland). Die Trion-Farm setzt Roboter-Technik von Lely ein. Alle Prozesse sind gemäss EU-Standards voll automatisiert.

«Unser Betrieb darf als einziger in der Türkei die unverarbeitete Milch exportieren.»

[IMG 4] Orhan, Betriebsleiter der Trion-Farm, setzt Lely-Roboter ein.

Die Milchkühe bekommen frisches Futter – von Vertragsbauern, die Gülle als Tausch erhalten –, das vollautomatisch gemischt und dem gemessenen individuellen Bedarf entsprechend, ebenfalls mit Robotik, verteilt wird. Die Kühe gehen freiwillig zum Melken (drei Melkroboter), was rund um die Uhr möglich ist und je nach Tier bis zu 4- bis 5-mal pro Tag stattfindet – 60 l/Kuh und Tag.

Wenn das Milchleistungspotenzial unter 22 l sinkt, werden sie verkauft, sagt der Betriebsleiter. Pro Jahr werde eine Milchleistung von 15'000 kg erreicht. Die Zellzahl betrage 100'000, weshalb der Betrieb als einziger in der Türkei die unverarbeitete Milch exportieren darf, z. B. nach China, sagt Orhan. Die Zellzahlen in der Türkei betragen sonst 400'000. 

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Weiter erzählt er, dass die Geburten dem natürlichen Verlauf überlassen werden, um einen maximalen Anstieg der Milchproduktion sicherzustellen. Die Kälber werden zwei Wochen lang individuell verpflegt, danach in kollektiven Bereichen untergebracht. Die Jungstiere verkauft Orhan je nach Nachfrage in einem Alter von 1 bis 6 Monaten. Die Auffrischung der Herde findet ebenfalls innerhalb des Hofes statt mit gesextem Samen. Er lasse die Kühe mit den gesündesten Spermen befruchten. Dadurch möchte der Betrieb eine bessere Genetik (bis zu 99 %) erreichen. 

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Moderne und Tradition

Wir erleben die Türkei als ein Land, das es liebt, seine Traditionen zu zelebrieren – auf unseren Stationen werden wir immer freundlich mit Mokka und türkischem Tee empfangen. Diese Geste abzulehnen, gilt als Unhöflichkeit dem Gastgeber gegenüber. Die Türkei hat sich allerdings in den letzten Jahrzehnten auch stark modernisiert. Wie etwa mit modernster Roboter-Technik im Milchviehstall (siehe oben), aber auch im Bereich der Forschung tut sich viel. 

So habe bspw. die Firma «Cantek Group», ein grosser Exporteur für Kühlhäuser, Schlachthäuser, Fischverarbeitung und Pflanzenfabriken (77 Länder) in der Nähe von Antalya, wegen des Bevölkerungswachstums und Mangels an landwirtschaftlicher Flächen in den letzten Jahren in eine voll automatisierte Vertical Farm investiert. Hier wachsen auf 40'000 m2 und während 365 Tagen verschiedene Kräuter, Salate, Pilze und Erdbeeren, die ohne Einsatz von Chemie und mit wenig Wasser behandelt werden. «Der Bauer muss nicht ins Feld. Das Feld muss zum Bauern», sagt uns der Betriebsleiter.