Karfreitagnachmittag: Über 20 Kilometer Stau am Gotthard. Das ist zwei Kilometer weniger, als von uns daheim in Thürnen bis nach Olten an den Bahnhof. Dabei müssen wir die Ortschaften Diepflingen, Rümlingen, Buckten und Läufelfingen durchqueren, den Unteren Hauenstein (691 m ü. M.) bewältigen, und weiterfahren durch Trimbach, am Stadtpark Olten vorbei und über die Aarebrücke. Bei normalem Verkehr schaffen wir das in 20 Minuten. Ich stelle mir also vor, dass Leute rund drei Stunden in Autositzen hängen, neben Autos Freiübungen machen, auf Leitplanken essen und trinken, immer wieder die gleichen Selfies knipsen, stets die gleiche Aussicht vor Augen haben, sich aus Langeweile streiten, fluchen. Sicher gibt es jene – wie man hört und liest – zu deren Hobbies «stauen» gehört. Jetzt erst recht, wo sie zwei Jahre quasi davon abgehalten wurden.

Im Staustehen als Ehetest

Die simsen dann den Daheimgebliebenen: «Als die Geduld verteilt wurde, stand ich hupend im Stau.» Oder: «Ich stehe manchmal so lange im Stau, dass ich vergesse, ob ich nach Hause oder auf die Arbeit wollte.» Für Heiratswillige gibts den Ratschlag: «Mann/Frau sollte niemanden heiraten, der/die vorher nicht im Stau getestet wurde.»

Backen statt warten, heisst es bei Bentolilas

Bei uns in der Wohnung duftet es wunderbar. Nach frischen Osterhasen, aber aus Zopfteig. Ich nehme sie aus dem Backofen. Roland will ein Öhrchen abreissen, lässt ihn aber sofort wieder los. Kurzer französischer Fluch; sie sind zu heiss. Seit wir zusammen sind – und das sind über 40 Jahre – buk ich jährlich Osterhasen. Die Anzahl entsprach jeweils den Gästen, die wir trafen, oder den Bekannten, die wir besuchten. Dieses Jahr bescherten wir «nur» ein befreundetes Paar.

Geschenke verteilen bis in die Nacht hinein

«Es ist mir lieber, wenn du nicht mehr mehrere Gebäcke produzierst», sagt mein Mann Roland. «So haben wir die Übersicht!» Früher, als er am Samstag noch arbeitete, vertrieb ich mir die Zeit oft mit der Fabrikation von herrlichen Milchbroten. Wenn er im Laufe des Nachmittags nach Hause kam, gabs Milchkaffee, knuspriges Brot mit «Angge und Gomfi». So gestärkt begaben wir uns auf Spendentour. Wir erstellten eine Liste, wem wir ein Brot schenken wollten. Erdachten die schlauesten, sprich kürzesten Wege. Manchmal waren wir die halbe Nacht unterwegs. Schliesslich gab es da und dort einen Schwatz oder einen Kaffee. Wir hatten keine Eile, denn am nächsten Morgen konnten wir ausschlafen. Und uns dann selbst so ein feines Brot genehmigen.

Der Schreck ist gross, alles Brot ist weg

Noch im Bett, sagte Roland eines Morgens: «Oh, wie ich mich freue auf dein Brot!» Ich erschrak. Wo ist das Brot? Wohin habe ich es gelegt? Ich erinnere mich gar nicht, dass wir noch eines haben. Ich konnte suchen, so lange und wo ich wollte: Es gab kein Brot. Wir hatten alle verteilt. Einige hatten sich noch in der Nacht und des Morgens früh telefonisch bedankt und die Bäckerin gerühmt. Es habe so fein geduftet, dass sie nicht zuwarten konnten mit dem Anschneiden. Reumütig begab ich mich zum Beck nebenan und kaufte einen Zopf. Von da an managte Roland die Brote. Bevor wir die Verteilliste erstellten, nahm er eines weg und versteckte es. «Das passiert mir nicht noch einmal, dass andere das selbst gebackene Brot schmausen können und ich gehe leer aus», meinte er.