Die Grundlage der meisten Kennzahlen bildet die Schlussbilanz. Diese wird per 31. Dezember, aber auf jeden Fall auf das Ende des Geschäftsjahres erstellt und sämtliche Konten, die während diesem Jahr bebucht wurden, sind darin enthalten. Durch das Gegenüberstellen der Aktiv- und der Passivkonten in der Schlussbilanz können nebst dem Gewinn, beziehungsweise Verlust des Betriebes, die Eigenkapitalbildung und folgende wichtige Kennzahlen berechnet werden.

Zahlungsfähigkeit berechnen

Die Liquidität beschreibt die Zahlungsfähigkeit eines Betriebes. Hier stellt sich die Frage: «Können alle Rechnungen fristgerecht beglichen werden?» Auskunft über die Liquidität eines Betriebes gibt die Liquiditätskennzahl, wobei drei verschiedene Liquiditätsgrade unterschieden werden. Die Unterschiede dieser drei Grade liegen hauptsächlich in den Geldmitteln, welche die Verbindlichkeiten abdecken.

Als wichtigste Liquiditätskennzahl gilt der zweite Grad, auch «Quick Ratio» genannt. Dies ist eine sehr aussagekräftige Kennzahl. Hiermit wird berechnet, ob die kurzfristigen Verbindlichkeiten, wie offene Rechnungen/Kreditoren für Produktionsmittel (Futtermittel, Dünger usw.), Reparaturen, Pachtzinsen, Kreditraten, Steuern und Anzahlungen, mit den flüssigen Mitteln plus die kurzfristigen Forderungen bezahlt werden können. Kurzfristige Forderungen sind zeitnah (< 1 Jahr) anstehende Zahlungen der Kunden.

Berechnung des Liquiditätsgrads 2 (Liquidität auf kurze Sicht / Quick Ratio):

(Flüssige Mittel + Forderungen) × 100 / kurzfristigesFremdkapital

Ein Richtwert von 120 bis 140 % ist anzustreben. Fällt der Richtwert unter 100 %, kann die Zahlungsunfähigkeit (Insolvenz) und im schlimmsten Fall ein Konkurs drohen. Kurz gesagt bedeutet diese Kennzahl, ob ein Betrieb die offenen Rechnungen bezahlen kann und genügend «Geld in der Kasse» ist.

Anlagedeckungsgrade zeigen, wie das Anlagevermögen finanziert wird

Mit den Kennzahlen Anlagedeckungsgrad 1 und Anlagedeckungsgrad 2 kann gezeigt werden, wie das Anlagevermögen finanziert wird. Das Anlagevermögen setzt sich aus Tierbestand, Maschinen, Boden, Gebäuden usw. zusammen. Der Anlagedeckungsgrad 1 zeigt, wie viel Prozent des Anlagevermögens mit dem Eigenkapital finanziert wird. Ist diese Kennzahl bekannt, können Rückschlüsse auf die Bilanz getätigt werden. Bei einem Wert von über 100 % bedeutet dies, dass das Anlagevermögen mit dem Eigenkapital finanziert ist und der Betrieb somit solide dasteht. Ein höherer Anlagedeckungsgrad ist natürlich anzustreben, um die finanzielle Stabilität zu steigern, da somit das Anlagevermögen «selbst bezahlt» und darauf keine Rückzahlungspflicht besteht.

Berechnung des Anlagedeckungsgrads 1:

Eigenkapital × 100 / Anlagevermögen

Ein Richtwert von 90 bis 100 % ist anzustreben.

Der Anlagedeckungsgrad 2 baut auf der Anlagedeckung des 1. Grades auf. Hier wird zusätzlich zum Eigenkapital das langfristige Fremdkapital mit einbezogen. Im Gegensatz zum Eigenkapital wird das langfristige Fremdkapital aber verzinst und muss an den Kapitalgeber zurückbezahlt werden. Aus diesem Grund wird bei dieser Kennzahl zwingend ein Richtwert von über 100 % erwartet. Läge dieser Wert unter 10 %, würde dies bedeuten, dass das Anlagevermögen, welches die Produktionsmittel eines Betriebes beinhaltet, nur kurzfristig finanziert wäre. Käme es durch fehlende Liquidität zu einem finanziellen Engpass, würden dem Betrieb Teile des Anlagevermögens, also die Produktionsmittel, entzogen, womit die Wertschöpfung verringert oder verunmöglicht würde.

Berechnung des Anlagedeckungsgrads 2:

(Eigenkapital + langfristiges Fremdkapital) × 100 / Anlagevermögen

Ein Richtwert von über 100 % ist anzustreben.

Wie stark wird mein Betrieb fremdfinanziert?

Der Verschuldungsgrad ist eine weitere Buchhaltungskennzahl, welche zeigt, wie das Kapital strukturiert ist. Sie bildet das Verhältnis zwischen Fremdkapital und Gesamtkapital ab. Diese Kennzahl zeigt also, wie viel vom Gesamtkapital fremdfinanziert wird. Je tiefer der Verschuldungsgrad, desto weniger Abhängigkeit besteht von Geldgebern und desto mehr Eigenkapital ist im Betrieb vorhanden. Es besteht somit Spielraum für Umstrukturierungen oder Extensivierung des Betriebes bei einer nahenden Betriebsaufgabe.

Berechnung des Verschuldungsgrads:

Fremdkapital × 100 / Gesamtkapital

Ein Richtwert von 60 bis 80 % (nach Hofübernahme) und 0 bis 40 % (vor der Hofübergabe) ist anzustreben.

Je tiefer der Immobilisierungsgrad also ist, desto flexibler ist ein Betrieb

Der Immobilisierungsgrad gibt Auskunft über die Struktur der Aktiven in der Bilanz. Es wird der Anteil an stark gebundenem Vermögen (Anlagevermögen) den gesamten Aktiven des Betriebs gegenübergestellt. Je tiefer der Immobilisierungsgrad also ist, desto flexibler ist ein Betrieb. Dies bedeutet, dass ein Betrieb einfacher umstellen oder sich schneller einer geänderten Marktsituation anpassen kann. Dies ist dadurch zu erklären, dass im Anlagevermögen Geld fixiert ist, welches nicht schnell oder nur mit Schwierigkeiten verfügbar gemacht werden kann.

Berechnung des Immobilisierungsgrads:

(Anlagevermögen + Tiervermögen) × 100 / Aktiven Betrieb

Ein Richtwert von 60 bis 80 % ist anzustreben.

Wie viele Jahre dauert es, die Schulden zu tilgen?

Der Verschuldungsfaktor gibt Auskunft über die Ertragskraft des Unternehmens und insbesondere darüber, wie viele Jahre es dauert, um mit dem Jahresergebnis resp. dem erwirtschafteten Cashflow die Schulden zu tilgen. Können die Schulden des Betriebes mit den erwirtschafteten Mitteln bereits in 3 bis maximal 6 Jahren zurückbezahlt werden, ist dies gut bis sehr gut. Akzeptabel wäre in der Landwirtschaft auch eine Zeitdauer von bis zu 10 Jahren, wenn erst kürzlich grosse Investitionen oder Landzukäufe oder gar ein Betriebserwerb zu einem Preis über dem Ertragswert getätigt wurden. Diese Kennzahl ist somit ein sehr bedeutender Hinweis darauf, ob es einem Betrieb finanziell gut läuft und die richtigen Betriebsleiterentscheide getroffen wurden oder ob der Betrieb «nur schwer vom Fleck kommt».

Berechnung des Verschuldungsfaktors:

Effektive Verschuldung / Cashflow

Ein Richtwert von 3 bis 6 % ist anzustreben.

Nach Ermittlung und Analyse all dieser Kennzahlen lässt sich eine detaillierte Aussage zum finanziellen Zustand des Betriebes machen und es wird rasch klar, ob in den nächsten Jahren das Hauptgewicht auf die Reduktion der Verschuldung, die Stärkung der Ertragskraft oder auch auf das Management der Liquidität gelegt werden soll. Oder aber es zeigt sich, dass der Betrieb finanziell kerngesund ist und man somit alles richtig gemacht hat und Grund zur Freude hat.