Es käme mir nie in den Sinn, mir von einem Kollegen, dessen Vater Zahnarzt ist, einen Zahn ziehen zu lassen. Und Operationen am offenen Herzen überlassen wir alle lieber einem Herzchirurgen als seinem Cousin. Der Grund ist einfach: Fachwissen kann man nicht vererben, man muss es erwerben.

Besserwisser auf dem Hof

Was für Zahnärzte und Herzchirurgen gilt, wird bei einer anderen Berufsgruppen gerne vergessen. Bauern absolvieren zwar auch spezialisierte Ausbildungen, aber da jeder Schweizer in x-ter Generation von einem Bauern abstammt, könnte doch ein Administrationsfunktionär besser Zuckerrüben spritzen oder pflügen als sein Nachbar, der Landwirt. Während ich heute als Destillateur von einer Gruppe während eines Brennereibesuches anerkennend wie ein Schnapsgott behandelt werde, hatte ich als Obstbauer auf dem gleichen Betrieb mit den gleichen Besuchern einen mehrstündigen Spiessrutenlauf vor mir.

Alle Vorfahren waren Bauern

Denn der Obstbauer spritzt wie wild mit Gift um sich, versteht nichts von der Natur und ist eh überflüssig, da die knackigsten Äpfel ab April aus Neuseeland kommen. Würden sich unsere ignoranten Mitkonsumenten ebenso schnell entschlossen das Herz selber operieren, wie sie sich die nächste Volksinitiative gegen die Landwirtschaft ausdenken? Wohl kaum. Das kann man ja auch nicht vergleichen: Es kann nicht jeder Chirurg werden … doch jeder hat einen Vorfahren, der früher einmal auf dem Feld arbeitete.

Die schönsten Auswüchse dieser Art leisten sich Politiker. Ob Anwalt oder Mathematiker, jeder ist ein vererbter Bauer. Es reicht ein Facebookfoto vor einer Alphütte. Am besten auf einem klimaneutralen Elektrobike und mit einem grossen Käse im Arm. Und ein paar Bauern sollten im Hintergrund gefälligst zuversichtlich in die Zukunft schauen.