Vergangene Woche hat das Parlament in Bern über weitere Hilfsmassnahmen an die Wirtschaft wegen der Corona-Pandemie beraten. Auch in vielen Kantonen wurden ergänzende finanzielle Hilfspakete geschnürt und Zusatzkredite beschlossen.
Lieferanten erhalten Hilfe
Auch im Aargau beantragt die Regierung die Aufstockung des Verpflichtungskredits für Härtefallmassnahmen. Und zwar um 450 Millionen Franken, darin sind auch die Beiträge des Bundes enthalten. Die angepasste Verordnung soll am 23. März in Kraft treten. Vorgesehen sind nicht nur Fixkostenbeiträge für Firmen mit hohem Umsatzausfall von mindestens 40 Prozent. Neu soll es auch Gelder für Unternehmen geben, die stark von behördlich geschlossenen Betrieben abhängig sind. Diese Unterstützung gehe über die Bundesvorgaben hinaus und werde deshalb vom Kanton allein finanziert, schreibt die Regierung in einer Mitteilung. Dafür kalkuliert werden 30 Millionen Franken.
Profitieren davon könnten beispielsweise Unternehmen aus dem Grosshandel, dem Baugewerbe, der Gebäudebetreuung sowie Garten und Landschaftsbau. Erheblich betroffen von der Schliessung der Gastronomie sei aber auch der Weinbau.
«Im Zweifelsfall soll für die Härtefallentschädigung angemeldet werden.»
Dies rät der Luzerner Rebbaukommissär Beat Felder den Weinbauern mit grossen Umsatzeinbussen.
Beitrag an Fixkosten
Deshalb sollen Aargauer Winzer, deren Anteil am Gesamtumsatz 2019 durch direkte Lieferungen an behördlich geschlossene Betriebe mindestens 25 Prozent beträgt, nicht zurückzahlbare Fixkostenbeiträge erhalten. Der Beitrag pro Tag bemisst sich am branchenüblichen Fixkostenanteil und beträgt höchstens 20 Prozent des durchschnittlichen Jahresumsatzes, pro Monat maximal 50 000 Franken, heisst es in den Erläuterungen zur Botschaft des Regierungsrates.
Gesuche bis Ende Juni
Gesuche können ab Ende März bis Ende Juni 2021 eingereicht werden. Macht beispielsweise ein grosser Weinbauer die Hälfte seines Umsatzes von einer Millionen Franken in der Gastronomie, welche 68 Tage geschlossen wäre, so erhielte dieser beim kalkulierten Anteil Fixkosten von 30 Prozent einen Beitrag von rund 28 000 Franken. Bereits erhaltene Unterstützungsgelder würden aber abgezogen.
Der Weinabsatz stockt
Eine solche Unterstützung von Zulieferbetrieben sei schweizweit bisher einzigartig, freut sich Ralf Bucher, Geschäftsführer des Bauernverbands Aargau und Grossrat. Gemäss Pascal Furer, Geschäftsführer von Swiss Wine Aargau, dem Branchenverband Aargauer Wein, dürften von der Hilfe sicher mehrere grössere Winzer profitieren können. Und zwar explizit solche, welche eben einen hohen Umsatzanteil mit der Belieferung der Gastronomie erzielen. Der Verband habe diese Massnahme beim Kanton angeregt und sei damit auf Offenheit gestossen. Zwar laufe die Direktvermarktung von Wein grundsätzlich gut, mit dem Boom in den Hofläden sei dies aber nicht zu vergleichen. Zumal eben derzeit keine oder nur beschränkt Degustationen möglich sind. Und vor allem der Wegfall von Veranstaltungen führe zu Umsatzeinbrüchen beim Weinabsatz.
2,5 Millionen Flaschen Wein
Im Aargau wird auf rund 400 ha Wein produziert, es ist der viertgrösste Schweizer Weinbaukanton. Die 600 Winzer lesen im Schnitt jährlich 2500 t Trauben, mehr als die Hälfte ist Blauburgunder. Je ein Drittel der Trauben werden in Eigen- oder Lohnkelterung verarbeitet, ein weiterer Drittel wird an externe Abnehmer verkauft. Jährlich werden rund 2,5 Millionen Flaschen Aargauer Wein produziert.
Keine Hilfe für zuliefernde Luzerner Weinbetriebe
Auch im Kanton Luzern hat die Regierung die Härtefall-Verordnung vergangene Woche angepasst. So auch, um Missbräuche zu verhindern, nachdem die Staatsanwaltschaft schon 65 Anzeigen und eine Deliktsumme von rund 10 Millionen Franken bekannt gab. «Der Regierungsrat will, dass die Finanzhilfe an die richtigen Unternehmen ausbezahlt wird», heisst es in der Medienmitteilung.
Die Winzer leiden
Allerdings bleibt es inhaltlich bei den bisherigen beiden Härtefallprogrammen. Hilfe gibts nur für behördlich geschlossene Unternehmen sowie für nicht geschlossene mit mindestens 40 Prozent Umsatzeinbussen. Für den Luzerner Rebbaukommissär Beat Felder stellt sich aber die Frage nach der Beurteilung der Weinbaubetriebe auch hier immer mehr. In Luzern ernteten die rund 50 Erwerbswinzer im vergangenen Jahr von 70 ha Reben rund 400 t Trauben. Die vergangenen Monate würden vor allem Weinbauern spüren, welche in die Gastronomie liefern, und das seien immer mehr, betont Felder. Erschwerend sei der Wegfall von Veranstaltungen. Mit der neuen Entschädigung im Aargau für Zulieferer steige der Druck. Vor allem bei grösseren Luzerner Weinbetrieben könne der Umsatzanteil in die Gastronomie durchaus gegen 40 Prozent ausmachen. «Kurzarbeit ist aber nicht möglich, da die Arbeit im Rebberg ansteht und der neue Wein abzufüllen ist.» Im Zweifelsfall soll aber für die Härtefallentschädigung angemeldet werden. Obwohl es nicht einfach werde, einen Umsatzrückgang von 40 Prozent zu den relevanten Vorjahren dokumentieren zu können. Und es sei ein durchschnittlicher Umsatz von 50 000 Franken in den Vorjahren erforderlich.
Umsatz pro Sparte prüfen
Sind Weinbaubetriebe aber in verschiedenen Sparten tätig, beispielsweise Landwirtschaft, Weinverkauf und Fremdkelterung, und führen eine separate Spartenrechnung, könnten sie allenfalls eine Prüfung des Umsatzrückgangs je Sparte beantragen, rät Felder