Das Coronavirus sorgt auch hier in Paraguay für Schlagzeilen. Die Schulen hier sind geschlossenen. Man diskutiert über eine Impfpflicht, den eingeschränkten Flug- und Schiffsverkehr, Importschwierigkeiten, den eingeschränkten Ausgang und vieles mehr. Manche Bestimmungen haben auch direkten Einfluss auf die Landwirtschaft.
Angesichts der permanent steigenden Nachfrage nach Futtermitteln sowie des teilweisen Importstopps, sind wir froh, konnten wir nochmals rund sechs Hektaren Futter- und Weideland zukaufen. Seit dem vorletzten Samstag ist das neu erworbene Land mit schweren Holzpfosten und fünffachem Draht eingezäunt. So können wir unseren Tieren freien Lauf gewähren und unser Futter vor fremden, freilaufenden Kühen schützen.
Die Mühen der Moderne
Dass wir den Zaun überhaupt erst errichten durften, war eine Herausforderung. Wir mussten Papiere und Grundstücktitel eingeben. Das erforderte seine Zeit. Auch Paraguay entwickelt sich weiter. Seit 2020 gelten Vermessungen nur noch, wenn sie per GPS gemacht wurden und sie ins Grundbuchregister eingetragen sind.
Dies gestaltet sich jedoch schwieriger, als man denkt. Umliegende Besitzer hatten ihre Grundstücke zu Grossvaters Zeiten mit Meterband und Fussschritten vermessen. Ihre Bemessungen stimmen nicht mehr mit den neuen GPS-Punkten überein. Der eine oder andere fürchtet sich, wegen der neuen Messmethode Anteile an seinen Grundstücken zu verlieren.
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Diesen Zaun hat Huber selbst aufgebaut. Er umgibt eine sechs Hektare grosse Futterfläche.
Laut Aussagen der Einheimischen gibt es in Paraguay jedoch nie Probleme, sondern nur Lösungen. Erstaunlicherweise lassen sich dann bei einer gemütlichen Runde Terere, einem eisgekühlten einheimischen Kräutertee, und einem einfachen Gespräch, rasch Lösungen finden.
Der Nachfrage nachkommen
Nächste Woche wollen wir nun Kamerungras, Mais und Maniok anbauen. Eigentlich dachten wir zunächst auch an Gemüse, Erdnüsse und Melonen. Dafür ist es nun zu spät, wir müssen uns wohl noch bis September gedulden. Bald werden die Nächte wieder kühler und der Herbst steht vor der Tür. Wir überlegen uns, unseren Betrieb noch etwas weiter zu vergrössern, solange die Baumaterialien dazu noch etwas billiger sind. Neben den sechs Hektaren Neuland ist die neue Futterbank für 20 Milchkühen im Feinschliff.
Schon bald sind unsere Rinder produzierende Milchkühe. Unser «Chäshüsli» und ein «Tatakua», ein paraguayischer Feuerofen, sowie ein vergrösserter Aussenhof für unsere Hühner sind in Planung. Ebenfalls möchten wir mehr Schweinefleisch produzieren. Die Nachfrage danach wächst rasant. Doch es fehlt noch ein geeigneter Stall dazu.
An Ideen fehlt es uns nicht. Die Baubewilligungen sollten auch kein Problem sein. Zum Glück dürfen Kleinbetriebe hier in Paraguay ohne jegliche Auflagen schalten und walten.
Freude über den Nachwuchs
Da gut ausgebildete Arbeiter fehlen und alles aus mühsamer Handarbeit errichtet werden muss, haben wir bis jetzt fast alles selbst gebaut. Weil die Schule geschlossen ist, können die Kinder mithelfen. Die wenigen obligatorischen Hausaufgaben sind via Handy schnell gemacht.
Danach haben die Kinder viel Zeit, um den Alltag auf dem Bauernhof zu erleben. Ich will ihnen aber auch soziale Werte vermitteln, wie Konfliktlösung oder Durchhaltewille. Sie helfen auf dem Bau mit. Da gilt: «Learning by doing». Wir geniessen es, unseren Alltag so zu verwirklichen und gegenseitig voneinander zu lernen. Dies bringt uns alle näher zusammen. So viel haben wir bisher erlebt und gelernt.
Und unser grösstes Geschenk durften wir Anfang März begrüssen. Unsere Tochter und Schwester Gabriela Cristina kam auf unserem Bauernhof zur Welt. Sie lässt unsere Gesichter freudig erstrahlen. Ein neues Bauernhof-Familienmitglied mit unvorstellbarem Wert.
Zur Autorin
Michèle Huber ist gelernte Landwirtin mit Fachrichtung Bio und Permakultur. Ein von ihr initiiertes PRE mit dem Ziel einer neu ausgerichteten regional-solidarischen Landwirtschaft fand Anklang bei Inforama, FiBL und Bio Schwand und wurde sogar vom BLW und Lanat anerkannt und finanziell mitunterstützt. Leider funktionierte die Umsetzung nicht ganz, der Landkauf gelang nicht. Überzeugt von ihren Idealen, gab Michèle Huber nicht auf und startete das Projekt nun im fernen Paraguay.