Der Direktor des Bundesamtes für Landwirtschaft sagte jüngst in einem doppelseitigen Bericht in der «NZZ»: «Die Landwirtschaft kommt aus der Planwirtschaft.» Das ist die bekannte Kritik von Neoliberal bis Grün. Die Landwirtschaft als sogenanntes Relikt der Planwirtschaft und als Subventionsempfänger. Hofer versucht damit der Beschwerde der Bauern wegen der staatlichen Überregulierung die Spitze zu brechen, indem er behauptet, die Landwirtschaft komme ja eben selbst aus der Planwirtschaft. Es ist aber umgekehrt, die Landwirtschaft wird in eine zunehmende Regulierung gestossen. Mit der AP 2030 plant das BLW, die Landwirtschaft neu in ein übergreifendes «Ernährungssystem» einzubinden, das sich an die EU anlehnt und vom Acker bis auf den Teller des Konsumenten (from farm to fork) bis zur Gesundheit alles regulieren will.
Es geht nicht so einfach wie in der Industrie
Nach dem Zweiten Weltkrieg hat die Einführung von Hilfsstoffen die Arbeitseffizienz in Industrie und Gewerbe wesentlich gesteigert. In der Landwirtschaft hat das aber zu Problemen geführt. Denn das im Vergleich zu den anderen Sektoren zu tiefe Einkommen in der Landwirtschaft kann nicht einfach mit Hilfsstoffen und entsprechender Produktionssteigerung erhöht werden wie in der Industrie. Die Produktionsbedingungen in der Landwirtschaft sind wegen der Bindung an die Naturgrundlage, die ja letztlich das Lebensmittel wachsen lässt, grundverschieden. Es waren die Hilfsstoffe, die in der Landwirtschaft zu sektorieller Überproduktion einerseits und als Folge davon zur Belastung der Naturgrundlage führten.
Daraus hat man gelernt. Der wahre und immer noch nicht gelöste Konflikt liegt jedoch bei der Unterbezahlung der Landwirtschaft. Die Landwirtschaft ist eingezwängt zwischen der hochkonzentrierten und marktmächtigen vorgelagerten Produktionsmittelindustrie und der ebenso hochkonzentrierten nachgelagerten Nahrungsmittelverarbeitungs- und Verteilindustrie. Alle Versuche, ihr selbst mehr Marktmacht zu geben, scheiterten bislang am Kartellrecht – und an der realen Macht der grossen Akteure. Also bleibt auf dem Hof nur die Effizienzsteigerung, um Einkommen nicht weiter zu verlieren – und da sind die Hilfsstoffe ein wesentliches Element. Dass damit der ungelöste Einkommenskonflikt auf die Naturgrundlage verschoben wird, weiss niemand besser als die Landwirtschaft selbst.
Die Allgemeinheit will die Ursache nicht lösen
Anstatt diese ungelöste Ursache der Unterbezahlung der Landwirtschaft im Hochlohnland zu beheben, belehrt die Gesellschaft von «Grün» bis «Neoliberal», die Landwirtschaft koste zu viel und belaste erst noch das Klima und somit die Lebensgrundlage der Allgemeinheit. Und dabei bekämen sie doch Subventionen von der Allgemeinheit. Aber genau diese Allgemeinheit will die Ursache der Unterbezahlung der Landwirtschaft nicht lösen. Im Gegenteil, die staatlichen Marktordnungen wurden aufgelöst. Weiter ging es mit dem Beitritt zur Welthandelsorganisation WTO. Der Grenzschutz und die staatliche Stützung der Landwirtschaft über die Preise wurden herabgesetzt. Die Produktpreise mussten sinken. So entstand der Vorschlag, mit direkten produktionsunabhängigen Einkommenszahlungen das sinkende Einkommen teilweise auszugleichen.
Da aber das Einkommensproblem und somit auch der Produktionsdruck nach wie vor ungelöst blieb, wurde in der AP 2024–2017 eine sog. «Weiterentwicklung» der Direktzahlungen vorgeschlagen. Dabei hat man die direkten Einkommenszahlungen wieder gestrichen – ohne das offen zu sagen – und den damit entwendeten Kostenrahmen dazu verwendet, Zahlungen nur noch an Mehrarbeitszeit erfordernde nichtproduktive Pflegeleistungen aller Art auszurichten. Unter dem Strich haben die Bauern bei gleichem Einkommen seit Einführung der sogenannten «Weiterentwicklung der Direktzahlungen» in der AP 2014–2017 einfach nur mehr Arbeit. Was die Agrarpolitik seit 2014 den Bauern eingebrockt hat, ist der Grund der Unzufriedenheit. Genau das wäre auf dem Hof von Freiburghaus zu klären gewesen.