3,709 Milliarden Franken. Das budgetiert der Staat 2023 für Ausgaben im Bereich der Landwirtschaft und Ernährung. Damit macht dieser Sektor 4,5 % der gesamten Staatsausgaben aus. Im Vergleich: Die Soziale Wohlfahrt (AHV, Bundesbeiträge an die IV, individuelle Prämienverbilligung, Ausgaben für die Migration) wird 2023 33,7% der Ausgaben ausmachen (über 27 Mia), der Verkehr über 10 Milliarden und die Sicherheit (vor allem die militärische Landesverteidigung) über 6 Milliarden. Mitte Dezember genehmigte das Parlament im Rahmen der Wintersession das Bundesbudget 2023 und machte dies publik.

[IMG 2]

Drei Viertel der Ausgaben fallen in Form von Direktzahlungen an

Innerhalb des Budgets für die Landwirtschaft und Ernährung entfallen drei Viertel der Ausgaben auf Direktzahlungen (2,8 Milliarden). Diese bleiben im Vorjahresvergleich unverändert. «Es gibt nicht mehr Geld für die Landwirtschaft, es findet bei den Direktzahlungen lediglich eine Umverteilung der Ausgaben statt», so Michelle Wyss, Co-Leiterin Geschäftsbereich Agrarwirtschaft beim SBV.

Für die Absatzförderung des Schweizer Weins erhöhte das Parlament den Betrag gegenüber der Vorlage des Bundesrats um 6,2 Millionen Franken. Dieses Geschäft wird allerdings noch im zweiten Rat beraten. Für den besseren Schutz der Herden vor dem Wolf werden 4 Millionen Franken mehr vorgesehen, also knapp 12 Millionen Franken. Die Aufstockung der Mittel für die Erhaltung einheimischer Nutztierrassen beträgt 3,9 Millionen Franken. Im Budget des Bundesrats sind 30 Millionen Franken dafür eingestellt. Diese Budgeterhöhungen im Bereich Herdenschutz, Erhalt von inländischen Nutztierrassen und Absatzförderung Schweizer Wein seien nötig, um den Status Quo halten und die neuen bzw. steigenden Anforderungen erfüllen zu können, erklärt Michelle Wyss.

Die Ausgabenquote sinkt trotz steigender Ausgaben. Der Grund ist das wachsende BIP
Da das nominale Bruttoinlandprodukt (BIP) um 3,2 Prozent wächst, geht die Ausgabenquote des Bundes - trotz einer Erhöhung der Ausgaben um 1,9 Prozent - leicht zurück. Das heisst konkret von 10,3 auf 10,2 Prozent des BIP. Gut zu wissen: Die Ausgabenquote ist ein grober Indikator für das Ausmass der Tätigkeiten des Bundes im Verhältnis zur Gesamtwirtschaft.

Budget steigt gemäss dem Voranschalg um 0,9%

Die Ausgaben für die Bereiche Produktionsgrundlagen und Produktion und Absatz bleiben gemäss der Eidgenössischen Finanzverwaltung (EFV) stabil. In welchem Bereich also werden die 33 Millionen verbucht, die im Vergleich zum Vorjahr das Budget um 0,9% «geringfügig» steigen lassen? «Der Anstieg im Voranschlag 2023 ist vor allem auf einmalige Ausgaben in Höhe von 30 Millionen bei den Familienzulagen Landwirtschaft zurückzuführen und steht in Zusammenhang mit der geplanten Änderung des Bundesgesetzes über die Familienzulagen in der Landwirtschaft», so das EFV.

[IMG 3]

Das heisst konkret, dass die Mittel für die Familienzulagen in der Landwirtschaft nicht mehr über den Bund, sondern nur noch über die Kantone laufen und diese Ausgaben nun einen einmaligen Aufwand für den Bund darstellen, erklärt Michelle Wyss.

Übrigens: Die Staatsausgaben steigen gemäss dem im August veröffentlichten Voranschlag im Bereich der Landwirtschaft und Ernährung mit + 0,9% gegenüber dem Vorjahr am wenigsten stark (siehe Grafik oben). Michelle Wyss vom SBV äusserte sich zwar nicht zur Budgetveränderungen der anderen Sektoren, betonte jedoch, dass in Zukunft bei allfälligen Diskussionen über Sparmassnahmen und Staatsausgaben der Fakt unterstrichen werden müsse, dass sich die Staatsausgaben für die Landwirtschaft über die Jahre kaum verändert haben. «Wir wollen nicht dafür verantwortlich gemacht werden, dass die Staatsausgaben zu hoch sind», so Wyss. Mit weniger Betrieben, weniger Fläche und weniger Leuten hat die Landwirtschaft das Produktionslevel halten können und das erst noch mit gleichbleibenden Geldern, so die Agrarwirtschafterin.

Vier Fragen an Michelle Wyss, Co-Leiterin des Geschäftsbereichs Agrarwirtschaft des SBV

Frau Wyss, was hat dazu geführt, dass sich das Bundesbudget 2023 zugunsten der Landwirtschaft verändern wird?
Michelle Wyss: Bezüglich der Budget für die Tierzucht und die Absatzförderung sind es Entscheide im Parlament, die eine Erhöhung des Budgets voraussetzen. Dann hat die Ablehnung der Revision des Jagdgesetzes und die damit verbundene Ausbreitung des Wolfes verursacht, dass mehr Geld in den Herdenschutz investiert werden muss. Es ist aber nicht unser Ziel, die Ausgaben dafür jährlich zu erhöhen. Es braucht pragmatische Lösungen im Jagdgesetz. Mit den in der Wintersession gefällten Entscheiden wurde der richtige Weg eingeschlagen.

Haben Sie negative Reaktionen von Verbänden oder aus der Bevölkerung betreffend der Budgeterhöhung für Landwirtschaft und Ernährung registriert?
Nein. Aber in dieser Wintersession gaben andere Geschäfte mehr zu reden.

Hätte man Ihrer Meinung nach die staatlichen Ausgaben fürs 2023 anders einteilen müssen?
Nein wir sind sehr zufrieden und froh, wie das Parlament entschieden hat. Es hat die aktuellen Probleme erkannt und entsprechende Mittel dafür gesprochen.

Voraussichtlich wird der Betrag für die Absatzförderung des Schweizer Weins um 6.2  Millionen Franken erhöht. Wäre es angesichts des Klimawandels nicht begrüssenswerter, mehr Investitionen im Bereich der erneuerbaren Energien, Bodenschutz, biologischer Pflanzenschutz, Biodiversität zu tätigen?
Es ist so, dass der inländische Wein vor grossen Herausforderungen steht, vor allem wegen der billigen Konkurrenz aus dem Ausland. Deshalb ist dieser Betrag sicher gerechtfertigt. Mit der Einführung der neuen Produktionssystembeiträgen läuft im Bereich Klimaschutz, Bodenschonung, Pflanzenschutz und Tierwohl schon viel. Die Anforderungen an den ÖLN steigen und die Entschädigung dafür bleibt gleich oder werden im Fall der Kürzung des Basisbeitrages ja sogar gekürzt. Das ist für die Landwirtschaft eine grosse Herausforderung.