Albert Rösti, SVP-Nationalrat und Agronom aus dem Berner Oberland, will Bundesrat werden. Er hat am Montag seine Kandidatur bekanntgegeben. Dabei stellte er sich als gut vernetzten Brückenbauer dar, dem neben der Parteilinie der Draht zum Volk wichtig ist.
«Mit grossem Respekt vor der Aufgabe und der Verantwortung» stelle er sich für eine Bundesratskandidatur «sehr gerne» zur Verfügung, sagte Rösti vor den Medien in Bern. Er könne «mit klarem Ja» sagen, dass er sich das Amt zutraue, eine klare Vorstellung davon habe, wie er dem Land als Bundesrat dienen wolle und dass er in seinem privaten Umfeld den nötigen Rückhalt habe.
«Die Parteimitglieder wissen, was ich kann»
Rösti glaubt, dass er auch das Vertrauen der Parteikolleginnen und -Kollegen hat. «Während meinem SVP-Präsidium habe ich viel auf alleinigem Posten gegen den Rahmenvertrag mit der EU gekämpft», führte er als Beispiel an. «Und die Masseneinwanderungs-Initiative haben wir damals gewonnen, als ich in der Abstimmungsleitung war.» Den Parteimitgliedern müsse er nichts vormachen. «Die wissen, was ich kann.» Rösti leitete die SVP Schweiz von 2016 bis 2020.
Politik sei für ihn eine Leidenschaft und nicht bloss eine Beschäftigung. Er verwies unter anderem auf seine Fähigkeit für das Schmieden von überparteilichen Lösungen. So sei es ihm gelungen, das Parlament parteiübergreifend für eine schnelle Erhöhung der Grimselstaumauer zu gewinnen. Das Projekt war seit Jahren blockiert. Er wolle der Schweiz und dem Volk dienen und die richtigen Rahmenbedingungen schaffen, damit bestehende Errungenschaften erhalten und neue geschaffen werden könnten.
Rösti gegen Salzmann
Rösti ist nach Werner Salzmann der zweite Berner Kandidat. Seinen Kontrahenten bezeichnete Rösti als «hochqualifizierten Mitbewerber». Sie seien gute Kollegen und seit langem gemeinsam unterwegs, das sei «ein sportlicher Wettbewerb». Letztlich werde der Vorstand der kantonalen SVP entscheiden, wen er ins Rennen schicken wolle.
Für die Landwirtschaft sei es ein «Glücksfall», dass zwei Kandidaten zur Verfügung stünden, die in der Agrarpolitik den Durchblick haben. Der Bergbauern-Sohn Rösti war unter anderem Direktor der Schweizer Milchproduzenten (bis 2013). Heute präsidiert er den Schweizerischen Freibergerverband.
Die SVP-Wahlkreise Thun und Berner Oberland, die Rösti portieren, wollen die Kandidatur noch diese Woche der SVP Kanton Bern melden, wie der bernische Grossrat Samuel Krähenbühl sagte.
Taktische Fragen
Der kantonale Parteivorstand werde am 20. Oktober eine Auslegeordnung machen, in Kenntnis allfälliger weiterer Kandidaturen. Dabei gehe es auch darum abzuwägen, ob für die Berner SVP die Chancen mit zwei Bewerbungen am besten seien oder aber mit einer. Die SVP-Kantonalsektionen können ihre Vorschläge bis 21. Oktober bei der Findungskommission einreichen.
Aus Sicht der SVP-Wahlkreisverbände Thun und Berner Oberland bringt Rösti alle Voraussetzungen mit, um im Bundesrat «einen Beitrag an die Bewältigung der grossen Herausforderungen der Schweiz zu leisten».
Rösti habe eine Persönlichkeit, die es für das Bundesratsamt brauche, sagte Barbara Josi, Präsidentin des SVP-Wahlkreisverbands Berner Oberland. Er habe schon in jungen Jahren regelmässig auf dem Landwirtschaftsbetrieb seines Vaters mitgearbeitet. «Seine Prägung zu Bescheidenheit und Fleiss dürften dort ihren Anfang genommen haben.»
«Pointierter Kämpfer mit Anstand»
Der 55-jährige Albert Rösti betreibt ein Beratungsbüro. Ausserdem hat er aus Sicht gemäss Mitteilung der Wahlkreise Thun und Berner Oberland Erfahrung in Führungspositionen und habe sich seit seiner Wahl in den Nationalrat vor elf Jahren breit gefächerte politische Erfahrung aneignen können.
Im Nationalrat war Rösti in den vergangenen elf Jahren in der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK), in der Kommission Umwelt, Raumplanung und Energie und in der Kommission für Soziales und Gesundheit, die er derzeit präsidiert.
Er machte sich dort einen Namen als Energie- und Gesundheitspolitiker. Beobachter beschrieben ihn bald einmal als «gemässigt im Ton, aber hart in der Sache». Alt Nationalrat Hansruedi Waldfluh sprach am Montag von einer «zugänglichen Persönlichkeit, die zwar pointiert kämpft, dabei aber Anstand behält.»
Rösti ist seit neun Jahren Gemeindepräsident der Gemeinde Uetendorf, wo er Erfahrung in der Exekutive gesammelt hat. Er ist verheiratet und Vater von zwei erwachsenen Kindern.