Vanessa Monhart und ihre Mitstreiter vom bäuerlichen Komitee haben genug vom Vorschriften-Diktat aus Bundesbern. «Die Massentierhaltungsinitiative respektive der Gegenvorschlag des Bundesrats, das Schleppschlauchobligatorium, die gottseidank sistierte AP22+: Es reicht einfach!», machte Monhart ihrem Unmut im Landgasthof Sonne in Ebnat-Kappel Luft. Was von den Ämtern in Bern beschlossen werde, habe Konsequenzen für die Bauernfamilien, die fast nicht mehr zu ertragen seien. «Mit den Direktzahlungen sind wir erpressbar geworden und das wird schamlos ausgenutzt», fuhrt Monhart fort. Und während das Bauernsterben in der Schweiz weitergehe, blähe sich der Beamtenapparat immer weiter auf.

Über 3000 Seiten Regulatorien

Die Referenten, Werner Salzmann (SVP-Ständerat BE), Mike Egger (SVP-Nationalrat SG) und Esther Friedli (SVP-Nationalrätin SG) teilten Vanessa Monharts Ärger. Mike Egger rechnete vor, dass seit dem Jahr 2000 der Aufwand der öffentlichen Hand um 44Prozent auf 223 Mrd. Franken angestiegen ist. «Diese Aufblähung hat auch negative Auswirkungen auf die Land- und Fleischwirtschaft. Immer mehr Bürokratie und Kontrollen sind die Folge», sagte Egger. Für die Landwirtschaft gibt es alleine auf Bundesebene 3083 Seiten voll mit Regulatorien, ergänzt mit Erlassen für den Vollzug in den Kantonen. «Das sollte einem schon zu denken geben», sagte Egger.

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Retourkutsche nach der Niederlage zu den Agrar-Initiativen

Das Schleppschlauch-Obligatorium war an jenem Abend ein grosses Thema. Mike Egger bedauerte, dass es im Nationalrat keine Mehrheit für die Motion Hegglin gab. Mit dieser hätte es weiterhin Beiträge für den Schleppschlauch gegeben, es wäre aber den Bauern überlassen gewesen, wie sie ihre Flächen güllen. «Die Abstimmung im Nationalrat war eine Retourkutsche von den Linken und Grünen, nach der Ablehnung der beiden Agrar-Initiativen», sagte Egger. Für ihn als Politiker sei dieses Resultat ein Frust, ein viel grösserer Frust sei es aber für die Bauern.

Der SVP-Politiker sprach dem Publikum aus der Seele als er sich darüber aufregte, «dass in Bern Leute Gesetze machen, die von der Sache keine Ahnung haben». Egger betonte, dass die SVP-Fraktion in der Diskussion um die neue Agrarpolitik alles daran setzt, damit das Obligatorium doch noch rausgekippt wird. «Wir müssen schauen, dass wir wenigstens noch eine Fristerstreckung erzielen.» Allzu grosse Hoffnungen machte er den Anwesenden aber nicht. Er hofft auf pragmatische Lösungen bei der Umsetzung in den Kantonen.

Aufruf zu Widerstand

Die anschliessenden Voten zum Schleppschlauchobligatorium aus dem überwiegend bürgerlichen Publikum waren teils sehr emotional. Verschiedene Redner riefen die Basis zu Widerstand auf. Nicht nur gegen das Schleppschlauch-Obligatorium, auch gegen die Massentierhaltungsinitiative (MTI) respektive den Gegenvorschlag des Bundesrats und die zukünftige Ausgestaltung der Agrarpolitik. «Wir müssen jetzt zusammenstehen, sonst verlieren wir», sagte ein Bauer.

Mitbegründer des bäuerlichen Komitees, Guido Schildknecht, rief zum Protest gegen den Schleppschlauch auf: «Dieser Seich ist nicht durchführbar und dagegen müssen wir uns wehren!» Das Komitee hat eine Petition gegen das Schleppschlauchobligatorium in der Schweiz lanciert und sammelt ab sofort Unterschriften. 

Massentierhaltung ist nicht eine Frage der Tierzahl

Zur Sprache kam an jenem Abend auch das Thema Massentierhaltung. Christoph Werner, Grosstierarzt im Emmental, berichtete von den Zuständen in Viehställen zu DDR-Zeiten, wo er aufgewachsen ist. Er definiert den Begriff Massentierhaltung als «Kombination zwischen überfordertem Personal und Strukturen, die nicht funktionieren». Die Entfremdung der Bevölkerung von der Landwirtschaft und den bäuerlichen Strukturen habe zur Folge, dass die Kenntnis und das Verständnis sinken. Und weil immer mehr Betriebe mit der Landwirtschaft aufhören, werden die verbleibenden grösser. Letzteres ist für Werner nicht zwingend etwas Negatives.

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Er erzählte von einem Freund, der in Westdeutschland 400 Kühe in einem modernen Stall hält. «Jetzt stocken sie auf 1000 Tiere auf. Mit dieser Grösse haben sie auch die finanziellen Mittel, um in die entsprechende Technik zu investieren. Das ist auch ein bäuerlicher Familienbetrieb, halt einfach etwas grösser.» Die Grenze zur Massentierhaltung ist Werners Ansicht nach fliessend. «Es ist schwierig, darauf eine Antwort zu geben. Entscheidend ist, wie man dem Vieh gerecht wird.» Am Schluss stehe und falle alles mit den Fähigkeiten des Betriebsleiters.

Die Schweiz habe eine der strengsten Gesetzgebung in Sachen Tierwohl. «Wir müssen aufpassen, mit welchen Gesetzen wir die Landwirtschaft in die Knie zwingen», warnte er. Er habe die Folgen des bäuerlichen Untergangs in Ostdeutschland erlebt. «Ich möchte nicht, dass es in der Schweiz genauso endet.» Vanessa Monhart nutzte diesen Satz als Schlussvotum: «Wir resignieren nicht, sonst wären wir heute Abend nicht hier.»