Zahlungen werden per App erledigt, Tiere bei der Tierverkehrsdatenbank an- und abgemeldet, Güllelieferungen bestätigt. Doch es ist nicht nur das Smartphone, welches auf dem modernen Landwirtschaftsbetrieb den Alltag erleichtert. Fütterungscomputer, Melkroboter, GPS auf den Traktoren. Der Bauernhof wird mehr und mehr gläsern. Die Datensammelwut hat klare Vorteile, aber auch Nachteile.

Wo werden diese Daten alle gesammelt, wer weiss nun alles, dass Bauer X bei Bauer Y eine Kuh gekauft hat, wie viel Milch diese Kuh gibt und wann sie Kraftfutter bekommt? Die grenzenlose Freiheit ist dem Streben nach Grösse, der Datensammelwut und dem Kontrollzwang geopfert worden. Oft gar unter dem Deckmantel der Direktzahlungen wird der Bauer gezwungen, die Hosen runter zu lassen, zumindest datentechnisch. Und wie wenig sorgfältig damit umgegangen wird, erkennt der Landwirt spätestens dann, wenn er zu seinen Betriebszweigen detaillierte Umfragen von Forschungsanstalten beantworten soll. Woher die wohl wissen, wer Mastkälber hält und wer Kopfsalat anpflanzt? Wer liest schon die AGB, wenn er eine App auf sein Smartphone lädt? Wer weiss schon wer alles auf welche Daten zugreifen kann?

Digitalisierung ist praktisch. Sie entlastet die Betriebsleiter bei herausfordernden Aufgaben. Heute weiss der Computer, welche Kuh wie viel Kraftfutter bekommt, wann sie stierig wird und wann sie trockengestellt wird. Und der Mensch führt aus, was ihm der Computer vorrechnet. Vom Denken entbunden. Man hat ja sonst genug Stress. Viele Betriebsleiter sind froh um jede Entscheidung, die ihnen abgenommen wird. Doch wer genau hat dem Computer gesagt, was er wie rechnen soll? War es jemand, der zugunsten des Landwirten oder zugunsten der Futtermühle gerechnet hat? Zwar hat wohl heute jeder, der eine Landwirtschaftsschule gemacht hat, noch das Wissen, einen Futterplan zu rechnen. Doch wer macht das in der Praxis noch? Und wird der Landwirt auch in 50 Jahren noch einen Futterplan rechnen können? Vielleicht gehorcht er dann nur noch den Computern, welche ihm melden, wann sein Schwein Fieber hat, der Weizen reif ist und das Kalb nicht säuft. Digitalisierung ist auf den ersten Blick gut und macht das Leben einfacher. Und sie kommt schleichend, so dass sie langsam, Stück für Stück, das Leben auf dem Bauernhof bestimmt. Wer kann schon grosse Herden ohne Computer managen? Das wäre unbezahlbar.

Der Konsument will keine grossen Herden. Und er will auch nicht, dass ein Computer sagt, wann die Schweine womit gefüttert werden müssen. Die heile Welt mit Kühen, die Namen haben, Kälbern, welche über die Wiese springen und Äpfeln, welche sorgsam und mit Liebe geerntet werden, gibt es auf Hightech-Bauernhöfen nicht. Dort rechnet der Computer vor, dass sich das nicht lohnt. Und der Bauer ist dermassen im Stress, dass er nicht auf die Idee kommt, dass sich vielleicht der Computer nicht lohnt. Denn Digitalisierung hat ihren Preis. Zwar ersetzt sie Arbeitskraft und es wird Zeit frei. Doch in dieser Zeit muss Zusatzeinkommen erwirtschaftet werden, sonst lohnt sich der Einsatz der teuren Technologie kaum.

Und wenn die Technologie aussteigt, ist fertig lustig. Oft benachrichtigt der Computer bereits heute nicht mal mehr den Landwirten, sondern direkt den Techniker, der das System einst geliefert hat.
Und dieser greift vom anderen Ende der Schweiz auf das System des Bauern zu. Ohne Unterstützung ist der Bauer aufgeschmissen. Egal, ob die Technik nun läuft oder grad mal nicht. Der Automat füttert ja die Kälber, Kühe und Schweine – oder eben nicht. Denn ob und auf wie viel Technik der Betriebsleiter setzen will, diese Entscheidung liegt bei ihm. Ganz sicher sind bei jeder solchen Entscheidung die Faktoren Zeit, Geld und Herz miteinzubeziehen. 

Die Technik kann helfen, man kann aber auch daneben stehen und sich machtlos fühlen, entmündigt. Hier ist sicher auch die entsprechende Anpassung der Ausbildung gefragt. Dann hat der Landwirt das Rüstzeug, um sich ganz persönlich zu fragen, ob er sich lieber mit einer App oder einem Kalb beschäftigt? Wo ist es sinnvoll, den Menschen mit Technik zu ersetzen? Und wie oft im Leben, hat das, was auf den ersten Blick praktisch und einfach erscheint, einen Haken. Chancen und Gefahren der Digitalisierung sind gross. Aber sicher ist, sie garantiert ganz sicher nicht automatisch ein besseres Leben für Mensch und Tier. 

Daniela Joder