Zur vorherigen Folge: Wohin mit uns Alten?

Alle Bäuerinnen-Kolumnen

Jaaaaa, nicht ganz so einfach, die Geschichte eines Hauses erhalten zu wollen, wenn das Haus nicht will. War leider nix mit dem Abschleifen und Lackieren der alten Tannenböden. Viele Jahre waren Teppiche darüber geklebt, die Spalten im Boden enorm. Das heisst, die unteren Räume müssen mit neuem Parkett verlegt werden. Ich begebe mich zum Fachmann und der quasselt eine Stunde auf mich ein, torpediert mich mit Fachausdrücken wie 3-fach-Schnitte, gebürstet und geölt, bis mir ganz schwummrig wird.

Mein Mann muss nochmals mit, wenigstens einer, der den Durchblick hat! Gut bin ich mir wegen der Farbe schon mal sicher. Ein Höhepunkt im Leben einer öfters Unentschlossenen wie mich. Dieser Umbau ist eine echte Herausforderung. Die Böden im ersten Stock sind zum Glück noch tipptopp. Das obere winzige Bad werde ich im Vintage-Stil einrichten, da freu ich mich drauf. Ich bin Dauergast im Internet auf der Suche nach Ideen.


Nun ist die Wand beim Treppenaufgang völlig nach aussen gebogen, sagt unser Maurer, die muss er öffnen, da die Bretter gebrochen seien. Was heisst, dass die untere tapezierte Wand, die mir so gefiel, weg muss. Ich krieg das grosse Heulen, denn ich musste schon die alte kleine Garderobe opfern, damit meine winzige Landhausküche wenigstens noch etwas Platz zum Arbeiten bietet.  Im unteren grossen Bad musste ich auf den alten Schrank verzichten, damit ich noch eine Badewanne kriege. Herrgott!! Den alten Schrank verlagere ich nun in den Naturkeller und werde dort die  Konfitüren und sonstigen Vorräte dekorativ versorgen. Zum Alten Sorge tragen, das ist mir wichtig. Der Schrank wird toll aussehen dort.

Mein Mann versteht mich nicht, schluchz. Er macht sich lustig über mich, wenn ich von der Geschichte des Hauses rede, die man erhalten sollte – soweit als möglich natürlich – und er sagt immer zu mir «Na, Mädchen, nun such  mal die alten Geister!» Die ehemalige alte Hausnummer und zwei alte Türen habe ich jedenfalls schon konfisziert, die Nummer bekommt einen Ehrenplatz, und aus den Türen werden meine Freundin und ich «was Tolles basteln».

Ich kämpfe um jeden Zentimeter. Da wir im zweigeschossigen Hause gerne auf einer Ebene leben wollen – sind ja nicht mehr die Jüngsten, nöd wohr – wird der ehemalige Wintergarten mit Balkon in ein Schlafzimmer umgewandelt. Da zu klein, wollten wir vergrössern und auf der Südseite den Balkon wieder anbauen.

Oha lätz, da kommt der Baureferent und zieht uns einen Strich durch  seine heilige Baulinie. Nix mit Balkon, müssen wir halt auf die Westseite ausweichen, es gibt einen grossen Sitzplatz mit Reben (etwas Landwirtschaft müssen wir uns einfach erhalten). Auch gut, schaut uns wenigstens keiner auf den Cervelat. Bei der Küche machen wir noch einen kleinen Balkon, da werden mein Mann und ich dann gemütlich unser Frühstück einnehmen. Wie gesagt, es wird um jeden Zentimeter gekämpft. Fortsetzung folgt.

Claudia Gysel