Als die erste Studie in Europa habe man Weiden auf Mykotoxine und andere schädliche Stoffwechselprodukte von Pilzen und Pflanzen (z. B. auch Phytoöstrogene und Cyanogene Glykosiden) untersucht, so eine Mitteilung der österreichischen Vetmeduni Vienna. Diese Substanzen seien ein Risiko für die Gesundheit, Fruchtbarkeit und Leistungsfähigkeit von weidenden Tieren, so das Fazit der Forschenden – obwohl die gemessenen Einzelkonzentrationen im Allgemeinen niedrig und unter den EU-Richtwerten lagen.

Hohe Gesamtkonzentration und giftiger Mix

Insgesamt haben die Forschenden 68 Stoffwechselprodukte in repräsentativen Proben von den Weiden 18 österreichischer Milchviehbetriebe nachgewiesen. Oft lagen die einzelnen Substanzen zwar in niedrigen Konzentrationen (unter 200 Mikrogramm pro Kilo Trockenmasse) vor, die Gesamtkonzentration habe aber auf einzelnen Weiden über 6'000 Mikrogramm pro Kilo TS betragen.

Hinzukommt, dass auf 94 Prozent der Weiden 20 oder mehr verschiedene Stoffwechselprodukte auftraten. Deren Wechselwirkungen sind laut Vetmeduni nicht abschätzbar.

Vor allem Fusarium

Fusarium entpuppte sich in der Untersuchung als der wichtigste Pilz, dessen Gifte (beispielsweise Zearelon (Zen) und Deoxynivalenol (Don)) in den grössten Gesamtmengen vorkamen. Keine der untersuchten Weideproben war frei davon. Dieses Ergebnis decke sich mit einer Studie aus Argentinien, liege aber unter den Werten, die z. B. auf Weiden in Neuseeland, Australien oder den USA gemessen worden seien. Auch waren die Zen-Mengen tiefer als der Grenzwert der EU-Kommission für Milchkuh-Futter. «Die in Österreich nachgewiesenen Konzentrationen sollten kein Risiko für Fruchtbarkeitsprobleme bei Milchkühen darstellen», schreiben die Studienautoren. Allerdings sei unklar, ob sich die Wirkung verschiedener Giftstoffe im Mix verstärke.   

Auch wenn Fusarium dominiere, sollte man gemäss den Forschenden auch Mutterkornalkaloiden und Alternaria im Auge behalten. 

Zunahme der Mengen erwartet

Im Weiteren untersuchte die Studie, welche Faktoren die Produktion schädlicher Stoffwechselprodukte auf Weiden beeinflussen. Als entscheidend erwies sich die Umgebungstemperatur: Mit steigender Temperatur nehme die Zahl der Pilzmetaboliten linear zu, ab 15 °C steige die Konzentration von Fusarium- und Alternaria-Metaboliten und Mutterkornalkaloiden exponentiell. Im Hinblick auf den Klimawandel dürfte sich dieses Problem – das die Forschenden der Vetmeduni als «unterschätztes Risiko» bezeichnen – noch verschärfen. 

 

«Wir wollen zur Vorsicht aufrufen»

Mit 18 beteiligten Betrieben sei die Studie zu klein, um für ganz Österreich oder auch die Schweiz repräsentativ zu sein. Das sagt Qendrim Zebeli vom Institut für Tierernährung und funktionelle Pflanzenstoffe an der Vetmeduni auf Anfrage der BauernZeitung. Trotzdem deuten die Ergebnisse laut Zebeli darauf hin, dass auf Weiden derartige Gefahren lauern; «Wir nehmen die Studie als Anlass, zur Vorsicht aufzurufen».

Gutes Weidemanagement schützt

Da die Umgebungstemperatur als wichtiger Faktor für die Toxinkonzentrationen erkannt wurde, sei der Hitzestress von Pflanzen offenbar mitbestimmend. «Weidepflanzen reagieren unterschiedlich stark auf Hitzestress, Wassermangel usw. Daher sollte ein gutes Weidemanagement,  d.h. Sortenwahl, Düngung, Beweidung, positiv wirken», erklärt Qendrim Zebeli. 

Bei starkem Befall könne man aber nicht mehr viel mehr tun, als die Tiere weniger lange weiden zu lassen und vor dem Weidegang anderes Futter im Stall anzubieten. Zusätze, die Nutztiere vor Pilzgiften schützen sollen, sei eine deutlich teurere Strategie.

Tiere sind unterschiedlich sensibel

Robuste Tiere reagieren weniger stark oder gar nicht auf Pilzgifte, während schwächere, junge, hochleistende oder Zuchttiere eher betroffen seien, führt der Wissenschaftler aus. «Die zu erwartenden Symptome sind meist Fruchtbarkeits-Probleme, geringere Leistung trotz gutem Weidegang oder Störungen des Allgemeinbefindens», so Zebeli. Die Wahrscheinlichkeit für akute Symptome oder gar das Verenden der Tiere sei angesichts der gefundenen tiefen Konzentrationen allerdings klein. Um einen Verdacht zu überprüfen, könne man eine Sammelprobe von der Weide labortechnisch untersuchen lassen. 

Übergang in die Mich nicht ausgeschlossen

Laut der Studie wächst die Besorgnis wegen Mykotoxinen in der menschlichen Ernährung. «Die gute Nachricht ist, dass wir kaum Aflatoxine gefunden haben», relativiert Qendrim Zebeli. Auch andere für den Menschen gefährliche Gifte wie Mutterkornalkaloide oder Phytoöstrogene seien nur in geringen Mengen vorgekommen. Ausserdem könnten Wiederkäuer diese Substanzen recht gut abbauen. «Man kann aber nicht ganz ausschliessen, dass durch die Wirkung eines Cocktails von Toxinen die Fähigkeit des Tieres zum Giftabbau erschöpft wird und irgendwann ein Teil davon in der Milch zu finden ist», gibt Zebeli zu bedenken.