Lungenentzündungen und Durchfallprobleme gehören zu den häufigsten Erkrankungen bei den Kälbern. Besteht ein Problem auf dem Betrieb, kann mithilfe einer jeweiligen Impfung vorgebeugt werden. Tierärztin Corinne Bähler erklärt, wie, wogegen und wann geimpft werden kann.
Alles muss stimmen
«Die Impfung ist einer von mehreren Bausteinen zur Verbesserung der Kälbergesundheit», erklärt Tierärztin Corinne Bähler den Teilnehmenden am Strickhof-Milchtag. Damit diese aber auch den gewünschten Schutz gegen den Erreger erziele, müssten daneben auch die Haltung, Betreuung und Fütterung stimmen. «Wenn ihr schlecht füttert oder die Tiere schlecht betreut, dann ist die Impfung nicht viel wert», so die Tierärztin. Auch äussere Umstände wie der Geburtsverlauf oder die Jahreszeit haben einen Einfluss auf die Tiergesundheit.
Während infektiöse Durchfallerkrankungen in den ersten zwei Lebenswochen das Hauptproblem darstellen, treten Atemwegserkrankungen laut Bähler meist in den anschliessenden Wochen auf. Eine Impfung ist gegen folgende Durchfallerreger möglich: Cryptosporidien (Parasit), Rota-Corona (Virus), E.Coli (Bakterien) und Clostridien (Bakterien). «Zur Vorbeugung von Durchfallerkrankungen werden meist die Muttertiere geimpft», erklärt die Tierärztin.
Einzig gegen Clostridien sei auch eine Impfung der Kälber möglich, doch werde diese kaum angewendet, weil sie zu spät greifen würde. «Clostridien sind auf dem Betrieb nur schwer zu identifizieren», erklärt Bähler. Zwar komme eine Infektion mit dem Bakterium bei Kälbern relativ häufig vor, doch überwiegend gehe es mehr um die Erkennung und die anschliessende richtige Behandlung der Tiere.
Zum Tragen kommen diverse Erreger besonders bei der Verfütterung von Grassilage an die Galtkühe. Frisst die Kuh eine Silage mit Fehlgärung, entstehen im Pansen schädliche Stoffe, die über den Harn, den Kot und die Milch ausgeschieden werden. Über die Milch gelangen die Stoffe dann ins Kalb und können es krank machen. «Wenn das Durchfallproblem trotz guter Haltung, Betreuung und Impfung weiterhin besteht, schaut euch die Fütterung der Muttertiere an», rät die Tierärztin.
Wann soll ich impfen?
Bei der Impfung des Muttertieres gegen Durchfallerreger wird das Immunsystem der Kuh aktiviert und es werden Antikörper gebildet, die schliesslich über das Kolostrum ins Jungtier gelangen. Da der Körper ungefähr zwei Wochen für den vollständigen Aufbau von Antikörpern benötigt, sollte das Muttertier bis zwei Wochen vor der Geburt geimpft werden. «Eine Impfung ist auch noch eine Woche vor der Geburt möglich, doch dann hat der Körper vielleicht nur 80 % der Antikörper aufgebaut», so Corinne Bähler. Auch eine frühere Impfung sei kein Problem.
Zur Findung des passenden Zeitpunkts sei auf den Schweregrad des Problems auf dem Betrieb zu achten. «Bei grossen Schwierigkeiten würde ich die Tiere drei Wochen vor der Geburt impfen. Dann ist man sicher, dass die Antikörper mit höchster Konzentration ins Kolostrum gelangen», rät die Tierärztin. Handle es sich um eine zusätzliche Massnahme zur Unterstützung, könne man auch bereits beim Galtstellen der Kühe impfen. «Aus Sicht des Managements ist es dann meist am einfachsten», so Bähler. Aufgrund des späteren Auftretens der Atemwegserkrankungen werden hier stattdessen die Kälber ab dem siebten Lebenstag geimpft.
Ein Jahr durchziehen
Dass eine Impfung lebenslang auf dem Betrieb bestehen bleiben muss, findet Corinne Bähler nicht zwingend nötig. Bestehe ein Durchfallproblem auf dem Betrieb, sei es durchaus sinnvoll, eine Impfung in Betracht zu ziehen. «Wenn ihr euch für die Impfung entscheidet, dann impft mindestens über ein ganzes Jahr hinweg», rät die Expertin.
Um das Problem in den Griff zu bekommen, reiche es nicht aus, nur während einigen Monaten zu impfen. «Zieht ihr die Massnahme über ein ganzes Jahr durch, dann ist sicher jede Kuh einmal geimpft worden und der Erregerdruck konnte gesenkt werden», erklärt die Tierärztin. Auch die Impfung der Kälber gegen Atemwegserkrankungen sollte laut Expertin mindestens ein Jahr lang durchgezogen werden. «Wenn es euch nach einem Jahr vor lauter gesunder Kälber langweilig wird, könnt ihr immer noch abbauen», sagt sie.
Lebend- und Totimpfung
Es gibt zwei verschiedene Arten von Impfstoffen (Lebend- und Totimpfstoffe), wobei sich der Unterschied in der Art ihrer Herstellung zeigt.
Totimpstoff: Man isoliert aus einem Erreger – sei es ein Parasit, Bakterium, Pilz oder Virus – einen Teil, aus dem der Impfstoff hergestellt wird. Nach der Verabreichung wird das Immunsystem des Tieres angeregt, Antikörper gegen den Erreger zu bilden, sodass der Körper für eine mögliche spätere Infektion mit diesem Erreger gewappnet ist.
Lebendimpfstoff: Hier wird der Erreger bestrahlt, wodurch er geschwächt wird. Aus dem abgeschwächten Erreger wird dann der Impfstoff hergestellt. Nach der Verabreichung reagiert das Immunsystem entsprechend und bildet Antikörper. «Bei Lebendimpfstoffen wird das Immunsystem zusätzlich unspezifisch angeregt und vorbereitet. Anders als Totimpfstoffe müssen Lebendimpfstoffe nach Erhalt innerhalb von vier bis sechs Stunden verabreicht werden, da sie nicht länger haltbar sind», so Corinne Bähler.