Vor Kurzem wurde bekannt, dass die Afrikanische Schweinepest (ASP) in Sachsen (Ostdeutschland) wiederum einen Sprung von 60 km westwärts gemacht hat. Als Aussenstehender stellt man sich die Frage, wie sich die Lage in Deutschland entwickeln wird. Breitet sich die ASP weiter aus oder können die Deutschen die Kontrolle übernehmen? Der Ausgang ist offen. Um uns zur Situation im Nachbarland ein eigenes Bild zu machen, sind wir ins Krisengebiet gereist und zwar in den Landkreis Spree-Neisse – direkt an der polnischen Grenze.

Die Situation in diesem Landkreis ist erdrückend. Seit letztem Jahr wurden knapp 300 an ASP verendete oder erlegte Wildschweine gefunden. Auch ein Hauschweinebestand mit gut 300 Sauen war betroffen. Keulung aller betroffenen Herden war die Konsequenz.

Wildschweine kommen von Polen nach Deutschland

Doch woher kommt das Problem? Im Gegensatz zur damaligen isolierten Situation in Belgien sind die Deutschen einer anderen Herausforderung ausgesetzt (Belgien gilt seit Dezember 2020 amtlich als frei von ASP). Über die polnische Grenze drängen ständig neue, mit ASP infizierte Wildschweine nach Ostdeutschland. Das Reservoir in Polen ist beinahe unbegrenzt. Die polnischen Behörden haben den Kampf aufgeben und beschränken sich auf den Schutz der Hausschweinebestände. Dies ganz zum Ärger von Deutschland.

Seit Mitte Jahr sind insgesamt 500 Mann im Landkreis im Einsatz. Es ist eine bunt gemischte Truppe aus Studenten, Pensionierten und Personen aus anderen Gesellschaftsschichten. Ihre Mission: tote Wildschweine suchen. Dabei sind zehn Wildschweine am Tag keine Seltenheit. Die meisten von ihnen qualvoll an ASP verendet.

Suchtrupps mit Hunden, Drohnen und Helikoptern

Unterstützt werden die Suchtrupps durch Kadaver-Spürhunde. Die gelaufenen Routen von Hundeführern und Suchhunden werden über GPS direkt ins Kartensystem des Krisenstabs übertragen. Für nicht zugängliches Gelände oder Maisflächen vor der Ernte werden Drohnen und Polizeihelikopter eingesetzt.

Ein Korridor ausserhalb des Kerngebiets mit den meisten toten Wildschweinen soll durch Kadaversuche und Bejagung möglichst Wildschwein-frei gemacht werden. Erst dann beginnt in der am stärksten betroffenen Zone, dem sogenannten Kerngebiet, die Bejagung der noch lebenden Wildschweine. Wird ein verendetes Tier gefunden, markiert der Truppenführer die Stelle und übergibt die Koordinaten dem elektronischen System. Der Amtsveterinär nimmt anschliessend eine Probe. Ein separater Trupp entsorgt den Kadaver in einer eigens dafür eingerichteten Zentrale.

Bisosicherheit ist das A und O

Was bedeutet diese Situation für die Landwirtschaft? Ein Schweinebetrieb im Landkreis war direkt betroffen. Alle anderen Betriebe, die in der Nähe sind, können ihre Schweine je nach angeordneter Zone nicht mehr absetzen. Zurzeit können die Schlachtschweine nur noch in einem Schlachthof in Deutschland geschlachtet werden. Neben den Schweinehaltern sind auch die Betriebe mit Ackerfrüchten betroffen. Mais darf beispielsweise nur ab einer Höhe von 50 cm geerntet werden. Damit will man verhindern, dass Wildschweinkadaver ins Futter gelangen.

Die wichtigste Antwort auf die ASP heisst Biosicherheit. Der Schutz unserer Betriebe hat höchste Priorität. Sollte die ASP aber über die Wildschweine näher an die Schweiz kommen, dann braucht es zusätzliche Konzepte. Und hier können wir durchaus von Deutschland lernen. Zäune sind ein zentrales Element der Bekämpfung. Nur mit Umzäunung von stark betroffenen Gebieten ist die gezielte Bejagung und Entnahme von Wildschweinen möglich. Die Wirkung von fixen Zäunen beträgt in Deutschland 90 %. Schliesslich ist eine hohe Wildschweindichte ein zusätzliches Risiko und erschwert, die Situation unter Kontrolle zu kriegen. Es bleibt jetzt noch Zeit, um die Wildschweinpopulationen zu verringern.