In der kalten Jahreszeit, wenn draussen Schnee in höheren Lagen liegt, stellt sich oft die Frage, wie Bienen den Winter überstehen. Wildbienen, die hauptsächlich als Solitärinsekten leben, also ihre Nester eigenständig bauen und ihre Brut ohne Unterstützung von Artgenossen aufziehen, verbringen die Wintermonate in einem Entwicklungsstadium als Larven oder Puppen. Interessanterweise schlüpfen sie erst etwa ein Jahr nach der Eiablage durch das Weibchen, abhängig von der Art, zwischen März und Oktober.

Anders verhalten sich staatenbildende Wildbienen wie Hummeln. Ihr gesamter Staat inklusive der Königin stirbt mit Einbruch der Kälte. Vor diesem Zeitpunkt ziehen diese Völker jedoch Jungköniginnen heran, die das nächste Jahr übernehmen. Diese Jungköniginnen suchen sich vor dem Winter geschützte Orte oder graben sich in den Boden ein, um zu überleben.

Im Gegensatz dazu überdauern Honigbienen, ebenfalls staatenbildende Insekten, den Winter als gesamtes Volk. Eine Honigbienenkolonie kann bis zu 10’000 Individuen umfassen und schafft es, dank ihrer sozialen Struktur und gegenseitigen Unterstützung, die kalte Jahreszeit zu überstehen.

Frühe Vorbereitung und die Dynamik der Bienenpopulation

Die Vorbereitung der Bienen auf die Überwinterung beginnt schon im Sommer. «Bereits ab Juli schlüpfen die ersten Winterbienen», erläutert Sarah Grossenbacher von BienenSchweiz. Obwohl sie äusserlich nicht von Sommerbienen zu unterscheiden sind, leben Winterbienen länger, sind passiver und nehmen nicht an der Brutpflege und anderen Arbeiten im Bienenstock teil.

Winterbienen haben einen deutlich grösseren Fettkörper als Sommerbienen und sie speichern Eiweiss in ihrem Körper, das im Winter entscheidend für das Überleben des Volkes ist: «Die körpereigenen Vorräte werden im Februar, sobald wieder Brut gepflegt wird, mobilisiert und da Winterbienen zwischen 6 und 9 Monate alt werden, überdauern sie den Winter und bauen mit der Königin erneut das Volk auf», erklärt Sarah Grossenbacher weiter.[IMG 2]

Sowieso verändert sich im Laufe des Jahres die Grösse der Bienenkolonien. «Im Mai und Juni legt die Königin am meisten Eier – bis zu 1’200 pro Tag», schildert Sarah Grossenbacher. Doch ab Juli werde die Eierproduktion reduziert, was zu einer Verringerung der Koloniegrösse führe. Und sobald es an die Wintervorbereitungen geht, die Vorräte aufgebaut werden und die Sommertracht ausklingt, werden Drohnen, also die männlichen Bienen, nicht mehr geduldet und aus dem Stock gedrängt.

«Der Grund liegt sehr wahrscheinlich daran, dass sie so möglichst ökonomisch überwintern können, das heisst, so wenig Futter verbrauchen wie nötig, aber doch gross genug sind, um die Wärme im Bienenstock zu halten», erklärt Sarah Grossenbacher. Denn Bienen überwintern, indem sie in ihrem Stock eine Traube bilden, in der sie sich gegenseitig wärmen. Dabei sitzt die Königin in der Mitte der Traube und alle Bienen versammeln sich um diese herum. Die Bienen an der Aussenseite der Traube werden regelmässig von weiter in der Mitte sitzenden Bienen abgelöst. So herrschen in der Traube immer schön kuschelige 25 bis 30 Grad.

Wichtige Rolle der Imkerinnen und Imker

Da nur gesunde und starke Bienenvölker Ende Sommer auch genug Winterbienen aufziehen können, tragen Imkerinnen und Imker massgeblich zur erfolgreichen Überwinterung der Bienen bei. Sie müssen sicherstellen, dass die Bienen ausreichend Nahrung in Form von Kohlenhydraten wie Honig oder Zuckersirup und Proteinen in Form von Pollen zur Verfügung haben.

Die Ergänzung der Vorräte nach der Honigernte ist also essentiell. «Ein Volk darf nie Hunger leiden», betont Sarah Grossenbacher, «sonst ist es anfälliger für Krankheiten.» So ist bei den Winterbienen vor allem der Pollen wichtig und es ist wichtig, dass die Bienen einen optimalen Standort haben, wo es auch im Spätsommer noch blüht und somit genug Pollen gesammelt werden kann.

Daneben ist Behandlung gegen die Varroamilbe sehr wichtig. Eine erste Behandlung wird im Spätsommer nötig, denn Bienen, die während ihrem Larvenstadium von der Varroamilbe parasitiert wurden, sind geschwächt und kurzlebiger. «Das heisst, sie können den Winter nicht überdauern und sind auch zu schwach, um die neue Brut im Februar aufzuziehen», erklärt Sarah Grossenbacher.

In den Wintermonaten liegt der Fokus auf der Überwachung der Bienenstände und der Vorbereitung auf die nächste Saison. Dies umfasst die erneute Behandlung gegen die Varroamilbe damit das Volk dann mit einer möglichst geringen Milbenbelastung in die Saison starten kann, und regelmässige Kontrollen der Futterreserven. So habe sich die Behandlung gegen die Varroamilbe zu einem zentralen Aspekt im Bienenmanagement entwickelt, sagt Sarah Grossenbacher: Wissenschaftliche Konzepte und Methoden wurden entwickelt, um den Milbenbefall effektiv zu kontrollieren und Winterverluste zu reduzieren.

Herausforderungen durch den Klimawandel

Weiter sind auch die Auswirkungen des Klimawandels in der Bienenzucht spürbar und können die Überwinterung der Bienen massgeblich beeinflussen. So können warme Winter zu einem vorzeitigen Brutbeginn führen, was den Nahrungsbedarf erhöht. «Im Brutnest müssen die Temperaturen dann rund 34 Grad betragen, was zusätzlich Energie und entsprechend Futterreserven braucht – vor allem bei erneuten Kälteeinbrüchen», erläutert Sarah Grossenbacher. Zusätzlich steigt auch das Risiko einer erhöhten Varroamilbenpopulation. Denn wenn die Bienenvölker mehr und länger brüten, werden auch mehr Varroamilben aufgezogen.

Von den veränderten klimatischen Bedingungen sind aber besonders Wildbienen betroffen, da ihre Lebenszyklen oft eng mit spezifischen Pflanzenarten verknüpft sind. «Bei den Wildbienen ist es so, dass der Zeitpunkt des Schlüpfens nach dem Winter oft auf einzelne Pflanzen abgestimmt ist», erklärt Sarah Grossenbacher. Durch das warme Klima könne es aber vorkommen, dass einzelne Wildbienenarten früher schlüpften, bevor die entsprechenden Pflanzen bereit seien und sie so keine Nahrung finden.

Eine Studie, die das Zusammenspiel der Küchenschelle und ihrer wichtigsten Bestäuberin, der Gehörnten Mauerbiene, untersucht habe, habe ausserdem das umgekehrte Szenario beschrieben, so Sarah Grossenbacher. In diesem Fall habe der Blühbeginn der Pflanze schneller auf die höheren Temperaturen reagiert als die Mauerbiene, sodass sich dieses Arten verpassen können.

«Honigbienenvölker scheinen etwas anpassungsfähiger zu sein als Wildbienen», sagt Sarah Grossenbacher und ergänzt: «Zudem stehen sie unter der Obhut der Imkerinnen und Imker, wodurch ihnen in manchen ungünstigen Situationen geholfen werden kann.» So umfasst die Überwinterung von Bienen ein umfassendes Verständnis und eine sorgfältige Planung. Imkerinnen und Imker spielen eine entscheidende Rolle in diesem Prozess. Sie müssen nicht nur die physischen Bedürfnisse der Bienen berücksichtigen, sondern auch auf Bedrohungen wie Krankheiten und klimatische Veränderungen reagieren. Durch die Anpassung an diese Herausforderungen tragen sie wesentlich zum Fortbestand und zur Gesundheit der Bienenvölker bei.