«Die Proteste in Deutschland, Frankreich, den Niederlanden, in Polen und auch bei uns zeigen eines ganz deutlich auf: Der Frust der Bauern muss gehört werden! Auch wir haben volles Verständnis für die grossflächigen Protestaktionen in unseren Nachbarländern.»

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Mit diesen Worten eröffnete Samuel Guggisberg, Präsident der IG Bauernunternehmen, die Gönnerversammlung der IG und zeigte zugleich die Stossrichtung für die Versammlung vom 19. Februar an. Die IG Bauernunternehmen traf sich im freiburgischen Pierrafortscha auf dem Betrieb von Familie Fernand und Sandra Andrey, es nahmen rund 150 Landwirte teil.

Die IG übt deutliche Kritik

In seiner Ansprache umriss Samuel Guggisberg anschliessend die aus Sicht der IG Bauernunternehmen grössten aktuellen Probleme der Schweizer Landwirtschaft. Diese umfassen zu tiefe Preise für landwirtschaftliche Produkte, neue und immer strengere Produktionsauflagen, einen stetig wachsenden administrativen Aufwand sowie die geringe gesellschaftliche Wertschätzung für die inländische Nahrungsmittelproduktion.

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Bauernunternehmer stellen konkrete Forderungen

Um der vielfältigen wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Herausforderungen Herr zu werden, fasst die IG Bauernunternehmen fünf Lösungsansätze bzw. fünf konkrete Forderungen ins Auge:

  • Die Anerkennung der produzierenden Landwirtschaft, die mithilfe moderner Technologie nachhaltig produziere, so Samuel Guggisberg. Eine «unnötige und übertriebene Ökologisierung und Bürokratisierung» lege unnötige Steine in den Weg.
  • Eine Erhöhung der Produzentenpreise, um kostendeckend produzieren zu können, sowie eine faktenbasierte Preisbildung.
  • Bessere Produktions- und Verarbeitungsmethoden
  • Eine Stärkung des Grenzschutzes für Agrarprodukte und Lebensmittel
  • Keine neuen Sparprogramme auf Kosten der Landwirtschaft

Diese Forderungen würden sich grosso modo mit den Forderungen der Petition des Schweizer Bauernverbandes und mit denjenigen von Révolte Agricole Suisse, erklärte Samuel Guggisberg.

Die Agrarpolitik wieder verständlich machen

Als Gastredner geladen war Bundesrat Guy Parmelin, der sich «in die Höhle des Löwen» wagte, wie Samuel Guggisberg augenzwinkernd meinte. Auch Parmelin, Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF), dem auch das Bundesamt für Landwirtschaft angehört, äusserte Verständnis für den Unmut der Bauern und die aktuellen Proteste.

«Mein persönliches Ziel ist es, dass die Agrarpolitik wieder verstanden wird.»

Bundesrat Guy Parmelin über sein persönliches agrarpolitisches Ziel.

Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass der bürokratische Aufwand enorm gross geworden sei, die Einkommen vieler Bauern zu tief und die Schwierigkeiten in der Produktion fordernd. Diesen Herausforderungen müsse die Agrarpolitik gerecht werden. Doch auch die Agrarpolitik sei sehr komplex und man sei – wie immer in der Politik – auf Mehrheiten angewiesen.  «In der künftigen Agrarpolitik stehen wir erst am Anfang. Wir hören zu, wir suchen aktiv den Dialog», so Parmelin.

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Betriebe wie ein KMU führen

«Mein persönliches Ziel ist es, dass die Agrarpolitik von euch Landwirtinnen und Landwirten, aber auch von der Gesellschaft wieder verstanden wird. Sie muss einfacher werden, aber gleichzeitig wirksamer in Bezug auf die Zielerreichung», gab der Waadtländer Bundesrat zu Protokoll. Man fasse dabei auch den Berufsnachwuchs ins Auge, es müsse wieder attraktiv sein, einen Betrieb zu übernehmen.

«Verlassen Sie sich nicht darauf, dass der Bund zu stark in die Märkte eingreifen wird.

Guy Parmelin ermahnt zu unternehmerischem Denken.

Viele Fragen, die ein Landwirt heute angehen müsse, seien unternehmerische Fragen, sagte Guy Parmelin: «Landwirtschaft ist Wirtschaft und Wirtschaft fordert Unternehmergeist. Ob es uns gefällt oder nicht: Man muss heutzutage einen Betrieb wie ein KMU führen.»  Was dieser liberale Ansatz jedoch gleichzeitig auch bedeutet, machte Parmelin zum Abschluss seiner Rede deutlich: «Verlassen Sie sich nicht darauf, dass der Bund zu stark in die Märkte eingreift. Unser Land ist ein Land des Unternehmertums und das gilt auch für unsere Landwirtschaft.»

«Auf die Strasse gehen die Profi-Landwirte»

Den unternehmerischen Standpunkt richtete anschliessend Gastgeber Fernand Andrey in deutlichen Worten an den anwesenden Magistraten: «Es ist genug: Keine andere Branche in der Schweiz wird dermassen reglementiert wie die Landwirtschaft», proklamierte der Vizepräsident der IG Bauernunternehmen. «Wir wären gerne KMUs, aber wir können ja gar keine sein!»

In der Zusammenarbeit mit den verschiedenen Ämtern hätten die Landwirte und insbesondere die IG Bauernunternehmen zahlreiche Vorschläge eingebracht – mit dem Resultat, dass viel versprochen, aber wenig eingehalten worden sei. «So wird das auch mit Digiflux laufen. Keines unserer Anliegen wird berücksichtigt werden.» Das schade dem unternehmerischen Handeln, denn es herrsche «einfach keine Planungssicherheit.»

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So sei es denn auch nicht in erster Linie die Politik, die der Landwirtschaft Steine in den Weg lege. Vielmehr seien es die Verwaltung und all ihre Ämter, namentlich das BLW, das «links-grün unterwandert» sei, so Landwirt und Lohnunternehmer Andrey. Es scheine ihm, als wolle man beim BLW «keine Profi-Landwirtschaft».

In der Schweiz brauche es aber genau diese, um die Ernährung zu sichern. «Profi-Landwirtschaft ist die produzierende Landwirtschaft. Wir bringen die Wirtschaft zum Laufen, nicht einer, der Blumenwiesen sät», so der Freiburger.

So würden denn aktuell auch nicht unbedingt die extensiv wirtschaftenden Landwirte, die immer mehr von Direktzahlungen abhängig seien, auf die Strasse gehen. Es sei vor allem die produzierende Landwirtschaft, sagte Andrey: «Ihr werdet sehen, unsere Bauern, die gehen auf die Strasse!»