Importierte Bio-Produkte sollen erst dann mit dem Knospen-Label verkauft werden dürfen, wenn die Bestände aus einheimischer Produktion aufgebraucht sind. Dies beschloss die Delegiertenversammlung von Bio-Suisse am Mittwoch in Olten. Die Delegierten stellten sich damit gegen den Vorstand und Präsident Urs Brändli. Dieser hatte einen Gegenvorschlag formuliert, in dem es lediglich hiess, Schweizer Produkte hätten Priorität.

Der Genossenschaft Biofarm, die den Antrag gestellt hatte, ging das aber nicht weit genug. Es gehe darum, den Absatz der Schweizer Knospe-Betriebe zu sichern, sagte Hans-Georg Kessler von der Biofarm-Geschäftsleitung. Dabei gehe es vor allem um den Anbau von pflanzlichen Eiweissen für die menschliche Ernährung – ein klimapolitisch aktuelles Ziel. «Lange Zeit mussten wir die Produzenten davon zu überzeugen versuchen, nun ist das Interesse sehr hoch. Aber wir müssen immer wieder bremsen, weil Importe in Knospe-Qualität die einheimische Produktion konkurrenzieren», begründete er den Antrag. Verantwortlich dafür seien die Grossverteiler. «Billiges Bio scheint gefragt zu sein».

«Doch lieber 40 Kühe»

Der Berner Produzent Mischa Scherrer schilderte vor den Delegierten sein Dilemma: «Wenn ich Bohnen für die menschliche Ernährung anbaue, nehme ich das Risiko auf mich, dass sich nicht jedes Jahr lohnt. Wenn es dann von einem Jahr auf das andere heisst, ich solle nur noch die Hälfte produzieren, halte ich doch lieber 40 Kühe und produziere dazu Weizen und etwas Mais für die Fütterung. Auch wenn das Herz eigentlich für die menschliche Ernährung schlägt.»

Auch aus Konsumentensicht seien die Importe schwer verständlich, ergänzte Christian Riggenbach von Bio Nordwestschweiz. Wer Knospe kaufe, gehe davon aus, dass darin ein hoher Anteil Schweizer Produktion stecke und der Rest aus Betrieben aus dem nahen Ausland stamme. Diese Erwartung werde enttäuscht, «wenn ich im Coop Borlotti-Bohnen mit Knospe kaufe und dann merke, dass die aus China kommen.»

Urs Brändli hielt dagegen, dass Bio-Suisse auf die Zusammenarbeit mit ausländischen Herstellern angewiesen sei. Paradebeispiel sei das Bio-Joghurt, für dessen Herstellung es zwar genug Schweizer Milch, aber nicht genug Schweizer Früchte in der geforderten Qualität gebe. Keine Früchte mehr aus dem Ausland zuzulassen, bedeute deshalb auch, dass weniger Bio-Joghurt verkauft und damit weniger Bio-Milch abgesetzt werde. Damit diese Zusammenarbeit mit den ausländischen Produzenten funktioniere, brauche es aber Verlässlichkeit. Und die sei nicht gegeben, wenn sie je nach Menge und Qualität der Schweizer Ernte liefern könnten oder eben nicht. Dann werde es schwierig, diese Kanäle offen zu behalten, gab Brändli zu bedenken.

Knospe geschwächt?

Das Problem werde auch nicht aus der Welt geschafft, wenn sich Bio-Suisse bei der Labelvergabe querstelle, gab Laura Spring, Co-Leiterin Politik von Bio-Suisse, zu bedenken. «Bei Eiweisskulturen und Nischenpflanzen haben wir ein Problem mit dem fehlenden Grenzschutz», sagte sie. Dies liege daran, dass diese beim Abschluss des WTO-Abkommens in den 90er-Jahren kein Thema gewesen seien. Hier brauche es Verbesserungen, aber «mit den richtigen Mitteln am richtigen Ort.»

Qualität als Vorwand

Mit anderen Worten: Die Bio-Kichererbsen kommen so oder so ins Regal – ob mit Knospe oder nicht. Je weniger Produkte aber mit Knospe erhältlich sind, desto schwächer wird das Label. «Wenn wir gegen die Grossverteiler durchgreifen wollen, machen sie es einfach wie Lidl und Aldi und ersetzen die Knospe durch andere Bioimporte», brachte es eine Wortmeldung auf den Punkt.

Einfach nur in die Richtlinien zu schreiben, dass Schweizer Produkte Priorität hätten, reiche nicht aus, doppelte dagegen Hans-Georg Kessler nach. «Richtlinien müssen klar sein, damit die Umsetzung funktioniert.» Weiter warnte er davor, dass der Handel qualitative Unterschiede als Vorwand nehme, um günstig zu importieren. Umgekehrt wurde ihm aus dem Plenum vorgehalten, dass Biofarm selbst auf Knospen-Obst aus Italien zurückgreife und diese Lieferanten wegen des eigenen Antrags in Zukunft vielleicht nicht mehr liefern könnten.

Trotz intensiver Diskussion wurde der Antrag am Ende mit einem deutlichen Mehr angenommen. Er ergänzt die neue Verbandsstrategie, die von der Delegiertenversammlung ebenfalls mit grossem Mehr verabschiedet wurde. Sie hält bis 2030 umsetzbare und messbare Ziele fest und soll Anfang Mai der breiten Öffentlichkeit vorgestellt werden.

Eine Neuerung gibt es bei der Beikrautregulierung für Knospe-Betriebe. Künftig sind auch Laser, Heisswasser und Solarisation erlaubt. Die Liste der physikalischen Methoden wurde entsprechend erweitert.