Der Anbau von Zwiebeln, Kabis und Kartoffeln im Garten ist zwar bereichern, aber nicht besonders lohnend, da diese Gemüsearten das ganze Jahr hindurch günstig im Handel angeboten werden. Anders sieht es bei Spezialitäten wie Artischocken aus: Sie bekommt man längst nicht überall und wenn, dann sind sie relativ teuer. Das macht den eigenen Anbau deutlich attraktiver, zumal sich der Arbeitsaufwand in Grenzen hält.

Artischocken (botanisch heissen sie Cynara scolymus) mögen es sonnig und warm, sie gedeihen am besten in Weinbauregionen. Sie können als einjährige Kultur aber durchaus auch im Berggebiet angebaut werden, wie die Artischockenfelder in Lavin im Engadin auf 1400 Metern über Meer beweisen.

Botanisch gesehen handelt es sich bei diesem Gemüse um eine Riesendistel, die bis zu 1,8 Meter hoch und 1,2 Meter breit werden kann. Sie braucht im Garten mindestens einen Quadratmeter Platz, was erklärt, warum man sie in kleineren Gärten selten findet. Ein Topfanbau kommt aus dem gleichen Grund weniger in Frage, es sei denn, man pflanzt die dekorative Pflanze in einen sehr grossen Kübel (mindestens 30 Liter). Dann kann man sie auch auf eine Terrasse stellen.

Artischocken: Spitz oder rund

Man unterscheidet zwei Typen: kleinere «Carciofi» mit lockeren Köpfen und länglichen, spitzen Schuppen und grosse, runde Sorten mit dachziegelartig übereinanderliegenden, fleischigen Schuppen. Von den grossblütigen Sorten wird nur das Artischockenherz, das genau genommen ein verdickter Blütenboden ist, verzehrt.

 Bei kleinblütigen Sorten werden die Köpfe mehr oder weniger als Ganzes verwendet. Ich persönlich finde Carciofi wesentlich aromatischer – und praktischer, weil man nicht so viel Rüstabfall hat. Im Samenhandel sind aber meistens nur die grossfruchtigen Sorten erhältlich. Carciofi findet man fast nur bei Samenhändlern, die Saatgut aus Italien im Programm haben, wie zum Beispiel www.italienische-samen.de.

Aus eins mach zehn

Wer bereits eine Artischocke hat – oder jemanden gut kennt, der eine Artischocke hat – kann die Pflanzen über Ableger vermehren. Das ist die einfachste und effizienteste Methode. Im Frühling spriessen rund um die Mutterpflanze zahlreiche Jungtriebe aus dem Boden, die vorsichtig freigelegt und mit einem scharfen Messer abgeschnitten werden.

Diese Jungtriebe pflanzt man am besten sofort in einen Topf mit guter Gartenerde oder steckt sie gleich an Ort und Stelle im Freiland in den Boden. Man sollte die Jungpflanzen zuerst noch vor Frost schützen, zum Beispiel mit Vlies, einem Folientunnel oder einer Haube. Der Vorteil dieser Vermehrungsmethode ist, dass die Pflanzen schon im ersten Jahr fruchten.

Samen brauchen länger

Bei Pflanzen, die aus Samen gezogen wurden, ist das nur der Fall, wenn sie bereits Ende Februar/Anfang März ausgesät wurden. In dieser Zeit sind sie aber meistens auf künstliches Licht von Pflanzenlampen angewiesen. Bei späteren Saaten muss man je nach Sorte bis zum Folgejahr warten, bis man das erste Mal ernten kann.

Wer keine Artischocken zum Vermehren hat, greift zum Samentütchen. Die Saat erfolgt im Vorfrühling (März) etwa fünf Zentimeter tief in kleine Töpfe mit Aussaaterde. Zum Keimen ist eine Temperatur um 18 Grad ideal. Bis Ende Vollfrühling (Mai) sollten die Pflanzen noch in der Wärme bleiben. Eventuell muss man sie in dieser Zeit noch in einen grösseren Topf umtopfen, um zu vermeiden, dass die Wurzeln am Topfboden einen Kreis bilden oder gar aus dem Topf herauswachsen. 

Winter-Regenschutz

Nach dem Abhärten können die Pflanzen an ihren endgültigen Standort gesetzt werden. Bezüglich Boden sind sie nicht wählerisch, einzig staunasse Standorte sollte man meiden. Die Pflege ist ausgesprochen einfach: Sie besteht aus einer Düngung, dem Rückschnitt und einem Winterschutz.

Zur Düngung verteilt man im Frühling jeweils einen Kessel (etwa zehn Liter) gut verrotteten Mist oder Kompost rund um die Pflanze. Der Rückschnitt betrifft alle Blütenstiele: Man schneidet sie nach der Ernte bis zur Basis zurück, damit sich starke Jungtriebe bilden, die im nächsten Jahr einen schönen Ertrag liefern.

Artischocken sind robuste Schönheiten

Pflanzenschutzprobleme gibt es praktisch keine. Wenn die Pflanzen einmal von Ameisen oder Läusen heimgesucht werden, wirkt sich das nicht gross auf das Wachstum oder den Ertrag aus. Die robuste Pflanze steckt solche Besuche weg. Das einzige, was ihr gefährlich werden kann, ist der Winter. Artischocken sind nicht frosthart, sie ziehen über Winter ein.

Vor Kälte sind sie damit geschützt, nicht jedoch vor winterlicher Nässe. Wenn es nass ist, kann Wasser über die hohlen Stängel ins Herz der Pflanze gelangen, und sie verfault. Eine Abdeckung mit Reisig und Laub verhindert das mehr schlecht als recht. Viel besser ist die Installation eines «Regendachs» über dem Pflanzenherz.

Als Regendach eignet sich zum Beispiel ein schräg aufgestelltes Holzbrett, das den Hauptniederschlag vom Pflanzenzentrum fernhält, ohne dass die Pflanze darunter vertrocknet. Wer Artischocken im Kübel kultiviert, kann sie eventuell auch über Winter in den Regenschatten nahe einer Hauswand stellen, oder in einem Schopf oder einer Garage ins Trockene bringen.

Drei bis fünf Jahre Ernte

Der Grösse wegen pflanzt man Artischocken im Garten meistens in ein Randbeet, sie passen auch zu Stauden oder Blumen. Dabei sollte man bedenken, dass die Pflanzen nicht nur viel Platz brauchen, sondern auch viel Schatten werfen. Die Ernte beginnt im Sommer, meistens im Juni, im Herbst gibt es oft noch eine Nachernte.

 Ab dem zweiten Jahr liefert jede Pflanze sechs bis zehn Blüten. Artischocken sind grundsätzlich mehrjährig, tragen jedoch nur drei bis fünf Jahre lang, danach sind sie erschöpft.

 Artischocken werden geerntet, solange die Köpfe noch geschlossen sind. Zu spät geerntete Köpfe sind hart, und das Heu im Inneren ist dann strohig. Wenn man den idealen Erntezeitpunkt verpasst hat, ist es besser, die Pflanzen blühen zu lassen und als Zierpflanze zu verwenden. Und falls es einmal zu viele Artischocken gibt, ist auch das kein Problem: Man kann Artischocken auch einfrieren.  

 

Kardy: die stachlige Schwester der Artischocke

Kardy (Cynara cardunculus var. edulis) ist so nahe mit der Artischocke verwandt, dass man die beiden kaum auseinanderhalten kann. Kardy wird nicht wegen der Blüten, sondern wegen der Blattstiele angebaut, die man vor der Verwendung bleicht. 

Die eigentliche Kardy-Hochburg liegt im Kanton Genf. Der Anbau ist praktisch identisch mit dem der Artischocke, nur dass Kardy immer einjährig kultiviert wird, die Pflanzen müssen folglich aus Samen gezogen werden. Im Spätherbst wird mit dem Bleichen der Stängel begonnen.

Dazu wird entweder die ganze Pflanze auf dem Feld mit schwarzer Folie oder Wellkarton eingewickelt, oder man gräbt sie samt Erdballen aus und bleicht sie zwei bis drei Wochen lang in einem dunklen Raum. Nachdem die Stängel gebleicht sind, schneidet man die stacheligen Ränder weg und zieht die gröberen Fasern ab. 

Danach werden die Stängel in drei bis fünf Zentimeter lange Stücke geschnitten, in Essig-Salzwasser gekocht, wie Spargel zubereitet oder süss-sauer eingelegt. Im Vergleich zu Artischocken, bei denen man nur die Herzen isst, ist die Ausbeute bei Kardy höher. Stachelige Sorten sind geschmacklich meistens besser als stachellose.‹Plainpalais› ist eine Sorte, die als erstes Schweizer Gemüse ins Register der geschützten Ursprungsbezeichnungen (GUB/AOC) aufgenomme wurde, ‹Argente de Genève inerme› ist eine stachellose Sorte aus Genf.

Wer Kardy als Zierpflanze verwenden will, kann sie genau wie Artischocken mehrjährig kultivieren, zum Beispiel in einer Staudenrabatte. Die Blüten lassen sich gut trocknen, am schönsten werden sie, wenn man sie aufrechtstehend trocknet. Getrocknete Kardyblüten können in Gestecken und für Tischdekorationen verwendet werden.