Wer sich zur Weihnachtszeit in der Nähe des Freiburger Dörfchens Jaun befindet, sollte unbedingt einen Blick in die Kirche werfen. Dies nicht – oder zumindest nicht ausschliesslich – um zur Messe zu gehen, sondern um die dort ausgestellte Krippe zu bestaunen.

Viel Liebe zum Detail

Ein gut eingespieltes Team baut dort alljährlich mit viel Liebe zum Detail und grosser Hingabe eine immense Krippe auf. Martin Schuwey ist seit 20 Jahren verantwortlich für die Krippe. Bescheiden, aber auch nicht ganz ohne Stolz steht der pensionierte Landwirt vor dem Kunstwerk.

Dieses Jahr ist der Wolfsort der heimischen Bergkette «Gastlosen» abgebildet. Detailgetreu ist von Schuwey und seinem Team ein Teil der Bergkette inklusive Bach, Kapelle und Mühlenrad nachgebildet.

Sogar ein Wolf versteckt

Die Krippe hat alles, was eine Krippe braucht und noch viel mehr: Maria, Josef und das Christkind, Hirten, die drei heiligen Könige, Engel und natürlich jede Menge Tiere. «Hast du den Wolf schon gefunden?», fragt Martin Schuwey schelmisch. Denn wer sich einen Moment Zeit nimmt, entdeckt die vielen kleinen Details, welche sich in der Landschaft verbergen.

Ein kleiner Fuchs, der sich im Bau versteckt, Gämsen in der Felswand, ein winziger Hase und tatsächlich heult ein Wolf zuoberst auf der Gastlosen-Kette. «Das finden wahrscheinlich nicht alle lustig», erzählt Martin Schuwey lächelnd. Gerade die vielen kleinen Details machen die Krippe jedoch einzigartig. So wird etwa das Mühlenrad von einem richtigen «Bächlein» angetrieben, die Beleuchtung ist dezent und reagiert auf einen gut versteckten Bewegungsmelder. Gleichzeitig mit dem Licht lässt er auch die Weihnachtsmusik einsetzen.

Keine Nachwuchsprobleme

Alleine schafft man so ein Kunstwerk nicht, das wird sofort klar. Rund 20 Personen sind jedes Jahr involviert. «Eine durchmische Gruppe», erklärt Martin Schuwey. Davon sind sieben Hauptpersonen immer dabei, drei Landwirte, eine Landwirtin, zwei Schreiner und ein Buschauffeur, der eigentlich gelernter Mechaniker ist.

Egal ob alt oder jung, gross oder klein, jeder kann mitmachen. «Die Firmlinge helfen jedes Jahr und verbinden die Arbeit an der Krippe mit einem Atelier», erklärt er. Da bleibe immer mal wieder einer hängen und helfe auch die nächsten Jahre. Nachwuchsprobleme hätte die Gruppe daher keine.

Auch braucht es Helfer im Hintergrund, die nicht direkt an der Krippe selbst arbeiten. Martin Schuweys Frau Charlotte beispielsweise hilft beim Organisieren und Mitdenken.

Zwei Tonnen Material

Der eigentliche Aufbau der Krippe dauert ganze zweieinhalb Tage. Zuerst wird das Gerüst aufgestellt, dann folgen die Paletten und das Holz. Viel Arbeit bereitet das Vlies, beziehungsweise das Richten von diesem. Denn hier gilt es, besonders genau zu arbeiten. Das Abbilden eines Ausschnitts der Gastlosen-Bergkette ist Präzisionsarbeit. Einer formt, ein anderer gibt Anweisungen. Dann folgen Steine, Moos, Äste, Bäume – rund zwei Tonnen Material schätzt Martin Schuwey. Das Aufstellen der Figuren ist dann noch die Kür.

Die Arbeiten für die Krippe beginnen bereits zwei Monate vorher. Im Oktober findet die erste Sitzung statt. Dort wird besprochen, was im vergangenen Jahr gut oder vielleicht auch weniger gut war. Beim gemeinsamen Essen wird die nächste Krippe besprochen.

Krippe ist selbsttragend

Kurz vor dem Aufbau steigt dann auch die Nervosität. Da wache er auch manchmal nachts auf und überlege, ob er an alles gedacht habe, verrät Martin Schuwey. Die Freude überwiegt jedoch bei Weitem. Das gemeinsame Planen und Aufstellen verlaufe harmonisch. Aber vor allem die Anerkennung der zahlreichen Besucherinnen und Besucher bereitet ihm Freude. Die Krippe sei selbsttragend.

Im Kässeli sei Ende Adventszeit genügend gesammelt, dass auch ein gemeinsames Essen oder eine neue Figur finanziert werden können, erzählt er nicht ganz ohne Stolz. Aber das schönste Erlebnis sei jeweils, abends für einen Kontrollgang in die Kirche zu gehen und die Krippe zu geniessen. «Ganz alleine in der Kirche zu sein, dem rauschenden Bächlein und der Weihnachtsmusik auf dem Bänklein zuzuhören – das ist für mich immer ein Moment des Glücksgefühls», erzählt Martin Schuwey abschliessend.

Julia Overney