BauernZeitung: Maja Grunder, mit Ihnen steht erstmals eine Frau an der Spitze eines kantonalen Bauernverbandes. Wie viel bedeutet Ihnen das?

Maja Grunder: Ich erhoffe mir, mit meiner Wahl auch andere Frauen zu motivieren, so ein Amt zu übernehmen. Eine Frau kann diese Arbeit genauso gut oder so schlecht machen wie ein Mann. Ich glaube, dass meine Arbeit kritischer unter die Lupe genommen wird, weil ich die erste Bäuerin bin, die das VTL-Präsidium – in Co-Leitung – übernimmt. Ich bin aber der festen Überzeugung, dass man miteinander am stärksten ist und lebe das auch seit 25 Jahren zu Hause. Wenn man bedenkt, wie viel die Bäuerinnen auf den Betrieben leisten, war es vielleicht an der Zeit, die eine Hälfte des Präsidiums weiblich zu besetzen.

 

Zur Person

Maja Grunder ist 48 Jahre alt, verheiratet und Mutter von zwei Töchtern. Sie führt mit ihrem Mann Bruno in Oberneunforn einen Milchwirtschafts- und Ackerbaubetrieb mit Müllerei. Grunder war vier Jahre Vize-Präsidentin des VTL, gemeinsam mit Urban Dörig. Fünf Jahre präsidierte sie die Kommission Frauen in der Landwirtschaft des VTL.

 

Wie kam es zu Ihrer Kandidatur? Sie waren ja Präsidentin der Findungskommission um die Nachfolge von Markus Hausammann.

Grunder: Ich habe viele Gespräche mit aus meiner Sicht geeigneten Personen geführt. Wir erhielten aber nur Absagen. Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich bereit wäre, in meiner Funktion als Vize-Präsidentin mehr Verantwortung zu übernehmen. Im Herbst haben wir Dani angefragt und im Gespräch ist die Idee von einem Co-Präsidium entstanden. Alleine hätte ich die Verbandsführung nicht übernommen.

Daniel Vetterli: Ich hatte mich bei der Diskussion um die Nachfolge von Markus Hausammann rausgehalten, da ich überzeugt war, dass wir einen Nachfolger finden werden. Ich bin bereits Präsident der Thurgauer Milchproduzenten (TMP) und habe eigentlich immer gesagt «man tanzt nicht auf zwei Hochzeiten». Im November wurde klar, wir müssen eine Lösung haben. Ich wusste, dass Maja Interesse an dem Amt hat, es aber alleine nicht machen wollte. In einem Co-Präsidium konnte ich mir das vorstellen. Und so ist es zur gemeinsamen Kandidatur gekommen.

 

Zur Person

Daniel Vetterli ist 54 Jahre alt, verheiratet und Vater von vier Kindern. Er führt mit seiner Frau Käthi in Rheinklingen einen Biobetrieb mit Milchwirtschaft und Ackerbau. Seit zwei Jahren ist Vetterli Präsident der Genossenschaft Thurgauer Milchproduzenten (TMP). Für die SVP politisiert er seit zwölf Jahren im Kantonsparlament.

 

Daniel Vetterli, nebst dem Präsidium der TMP sind Sie Präsident der Maschinengemeinde Rheinklingen und SVP-Kantonsrat. Was hat Sie dazu bewogen, sich nebst all diesen Ämtern auch noch für das Co-Präsidium des VTL zur Verfügung zu stellen?

Vetterli: Von der Arbeitsbelastung her rechne ich damit, dass es Synergien geben wird, indem Verantwortlichkeiten definiert und Ressorts verteilt werden. Es ist toll, dass wir eine Frau haben, die Führungsverantwortung übernehmen will. Ich habe meine Kandidatur ein Stück weit darin gesehen, dies auch zu ermöglichen und freue mich darauf, mich mit meinem politischen Netzwerk für die Thurgauer Bauern einzusetzen.

Warum war die Kandidaten­suche so schwierig?

Grunder: Ich hatte mir das in der Tat einfacher vorgestellt, bei 2000 Bauern in unserem Kanton. Die Attraktivität öffentlicher Ämter hat leider abgenommen, während die Arbeitsbelastung auf den Höfen zunimmt, auch psychisch. Wir erhielten in der Findungskommission vor allem Absagen wegen der zusätzlichen Arbeitsbelastung. Die Schwierigkeit ist halt, gute Leute zu finden, die einem zu Hause vertreten, während man für den Verband unterwegs ist. Deshalb ist ein Co-Präsidium sicher eine sinnvolle Lösung. Man wächst ja auch mit einer neuen Aufgabe. Ich hoffe, dass ich viel von Danis Erfahrung lernen und davon profitieren kann.

Hand aufs Herz, wären Sie nicht lieber vor Ort von den Mitgliedern gewählt worden?

Vetterli: Auf jeden Fall. Wer mich kennt, weiss, dass ich mich der Diskussion stelle und nie hinter schriftlichen Entscheiden verstecke.

Grunder: Die Emotionen fehlten natürlich, aber in dieser Corona-Krise gab es sicher Schicksale, die schwerer wogen als nicht vor Ort von der Versammlung gewählt zu werden. Ich finde es vor allem für Markus Hausammann schade. Er hätte einen Abschied in einem würdigeren Rahmen verdient – auch wenn wir das an der GV 2021 nachholen werden.

Welche Ziele haben Sie als Co-Präsidentin/-Präsident?

Grunder: Mir ist wichtig, dass wahrgenommen wird, dass hinter jedem Betrieb eine Familie steht und dass es wichtig ist, dass es allen gut geht. Ein grosses Anliegen ist es mir, dass die Bildung Bäuerin im Thurgau, am Arenenberg, bleibt. Sicherlich werden wir die Arbeit weiterführen, die Markus vorgespurt hat.

Vetterli: Einerseits die politische Interessensvertretung im Kanton, zum Beispiel gegenüber der Raumplanung, dem Veterinäramt oder den Kontrollorganisationen. Das muss eine Kooperation und darf keine Schikane sein. Der zweite Punkt ist der Kontakt zur Bevölkerung. Wir müssen die Leute auf unsere Höfe einladen, Aufklärungsarbeit leisten und die Kommunikation stärken.

Wie stehen Sie zur Agrar­politik 2022+?

Grunder: Es passiert nicht das, was wir wollen. Entgegen aller Versprechen findet keine Vereinfachung statt. Im Gegenteil, die Bürokratie nimmt zu. Bei der Ökologisierung geht es nicht nur um Qualität, sondern auch um Flächen. Der SBV hat viele Inputs gegeben, die aber wenig Gehör gefunden haben.

Vetterli: Die AP 22+ wurde vor dem Hintergrund der Initiativen ausgestaltet. Der Druck auf die Tierhaltung ist gross, weil die Reduktionsziele Ammoniak erreicht werden müssen. Der Ackerbau steht mit den Reduktionszielen Pflanzenschutz ebenfalls vor grossen Herausforderungen. Beides trifft die Thurgauer Betriebe stark.

Zum Schluss: Wo tanken Sie Kraft und Energie?

Grunder: Zu Hause in meinem familiären Umfeld. Ich gehe gerne mit Freunden essen oder lese auch einfach mal ein Buch.

Vetterli: Bei meiner Familie, in meiner Ehe, beim gemeinsamen Musizieren. Ich mag lesen, Velo fahren und baden im Rhein.