Die Sortenorganisation beschwichtigt: «Die Freunde des Raclette werden auf ihre Kosten kommen.» 

Bewässerung hat Tradition

Ende dieses Sommers ging ein Aufschrei durch die Schweizer Presse: «Geht dem Wallis das Raclette aus?», titelte der «Blick». Radio, Fernsehen und Tageszeitungen sprangen auf den Zug auf und vertieften: «Wegen der Trockenheit konnten die Walliser Bauern nicht genug Winterfutter ernten. Auf die Freunde des Walliser Raclettes kommen harte Zeiten zu.» Die BauernZeitung erkundigte sich damals beim Geschäftsführer der Sortenorganisation «Raclette du Valais AOP», Urs Guntern, ob auch in der bäuerlichen Presse Alarm zu schlagen sei. Er winkte ab: «Zuerst wollen wir schauen, wie die Emdernte ausfällt. Erst dann ist eine definitive Prognose möglich.» Er sagte, ausserdem würden die neuen Bewässerungssysteme helfen, damit genügend Futter wachse. Seit Urzeiten werde im Wallis bewässert, sonst wären die Wiesen trocken und braun.

Wunderbarer Herbst

Letzte Woche erläuterte Urs Guntern am Sitz der Organisation in der Maison du Paysan, dank des schönen Sommers sei die Ernte des Emdes qualitativ, aber auch mengenmässig gut ausgefallen und aufgrund des wunderbaren Herbstes hätten die Weiden lange genutzt werden können. Er schmunzelte: «Die ‹Schreckensmeldungen› haben uns nicht geschadet, im Gegenteil.» Er vermutet, dass ein Produzent jemandem sagte, diesen Winter könnte es eng werden mit dem Walliser Raclettekäse. Weil grad nichts Brennenderes vorlag, stürzten sich gewisse Journalisten auf diese ‹Neuigkeit›. 

Hingegen beobachtet die Organisation, dass der Lagerbestand niedrig ist, weil die Nachfrage nach einem Stück Wallis ständig steigt. Rund 1800 Tonnen, etwa 380 00 Laibe, werden jährlich produziert und in der Deutsch- und Westschweiz verkauft. Dabei handelt es sich, wie das Label sagt, um ein reines Naturprodukt aus Rohmilch, hergestellt in traditioneller Weise. Der Walliser Raclettekäse ist rein, also frei von Zusätzen wie Pfeffer oder Paprika. «Das wird es bei uns nie geben», sagt Urs Guntern überzeugt. Schliesslich habe der Käse sein eigenes aussergewöhnliches und würziges Aroma. 

Futter gibt Geschmack

Aufgrund der unterschiedlichen Futtergrundlage gebe es leichte Geschmacksschwankungen bei den Käsen aus den verschiedenen Regionen. Der Geschäftsführer glaubt, dass Raclette je länger je mehr zum Trend werde. Es habe damit zu tun, dass die Konsumenten immer mehr nach regionalen und authentischen Produkten verlangen. 

Selbstverständlich wollte die BauernZeitung vom Experten wissen, wie Raclette korrekt zu essen sei. «Im Wallis, wo wir diese Spezialität am liebsten im grossen fröhlichen Kreis geniessen, schaben wir den Käse vom Laib», erklärt er. 

Nichts gegen einen Grill

Gegen einen Raclettegrill sei nichts einzuwenden. Wichtig sei – und das werde oft nicht beachtet – dass der Walliser Raclette AOP im Pfännchen schonend erwärmt werden müsse und rechtzeitig von der Heizquelle zu entfernen sei. «Sonst besteht das Risiko, dass der geschmolzene Käse eher ausfettet» erläutert er. Zum Raclette esse er Kartoffeln, Cornichons und Silberzwiebeln und trinke dazu einen guten Walliser Weisswein, zum Beispiel Fendant, betont Guntern.

Benildis Bentolila