Es ist dunkel. Auf dem Parkplatz steht ein Fendt mit zwei grossen Anhängern. Daniel Siegenthaler wartet. Die «BauernZeitung» begleitet den jungen Landwirt nach Aarberg in die Zuckerfabrik. Siegenthaler führt Rübenschnitzel. Heute steht nur ein Transport auf dem Programm. Oft sind es zwei, dann startet der in Schwanden i. E. wohnhafte junge Mann bereits um 4 Uhr in der Früh.

Diese Tage sind lang, aber es sind jene, die Siegenthaler am besten gefallen. Er steht gerne im Einsatz, wird gerne gebraucht. Wenn es «extrem läuft», wie er meint, sind es gut mal 16 Stunden Arbeitszeit oder mehr. Gerade in kurzen Schönwetterphasen. Und das als praktizierender Landwirt in Kombination mit seiner Arbeit beim Lohnunternehmer von Daniel Steffen in Affoltern i. E.


Den Betrieb auf seine Bedürfnisse eingerichtet


Am Morgen geht Daniel Siegenthaler zu Hause in den Stall. Er hat den Betrieb, den er Anfang dieses Jahres übernahm, auf seine Bedürfnisse eingerichtet. Denn die auswärtige Arbeit beim Lohnunternehmer ist ihm wichtig. Sehr, wie er betont. Es scheint eine Art Lebenselixier zu sein. «Ich habe bereits sehr früh erkannt, dass ich eines Tages so arbeiten möchte», erklärt der 32-Jährige.

Damals zu Hause, erzählt er, sei er als Bub auf dem Traktor gestanden, damit das Bein bis zur Kupplung vermochte, um überhaupt fahren zu können. Siegenthalers schöne Augen strahlen, wenn er erzählt, er wirkt allerdings nicht enthusiastisch, nicht abgehoben, eher ruhig und gelassen und vor allem verlässlich. Dennoch ist die starke Faszination spürbar, die an der Landwirtschaft, an den Maschinen und mindestens so sehr an der pflichtbewussten Arbeitsweise.


Im Herbst 2003 startete er mit den ersten Stunden im Lohnunternehmen. Heute sind es rund 1200 bis 1300 Stunden im Jahr. Haupteinsatzzeit ist der Herbst.

Freizeit ist kein grosses Thema in seinem Alltag


Dänu oder Sigi, wie ihn seine  Freunde nennen, ist grossmehrheitlich mit der Sähmaschine unterwegs. Aber auch Einsätze wie diesen nach Aarberg in die Zuckerfabrik oder andere Transporte gehören dazu. Die Maisernte ist auch ein Kerngeschäft des Lohnunternehmens Steffen.


Auf die Frage, was er ändern würde an seinem Alltag, überlegt der Landwirt nur kurz. «Nichts», sagt er und strahlt überzeugt. «Sonst würde ich es ändern», ist er sicher. Freizeit ist kein grosses Thema in seinem Alltag. Er möchte nicht mehr davon, nicht weil er nicht wüsste, was er damit anfangen sollte, sondern, weil ihm seine Arbeit grossen Spass bereitet.

Er stellt keine hohen Ansprüche an die «freie Zeit», wie er es nennt. Man müsse das auch wollen – Freizeit. Er hat sein Hornussen, macht auch gerne mal einen Ausflug. Aber die Leidenschaft fürs Traktorfahren, für die Erledigung der anfallenden Arbeiten in der Landwirtschaft steht bei Daniel Siegenthaler klar im Vordergrund. Unübersehbar.


Die Herausforderungen seiner Branche sieht der Landwirt eindeutig in der Wertschätzung. «Wenn es ums Essen geht, dann fragen viele nach möglichst günstigen Lebensmitteln, kaum geht es um Freizeitbeschäftigungen, ist viel mehr möglich», so Siegenthaler. Dort sieht er ein Ungleichgewicht, das nicht einfach so beseitigt werden könne. «Die Menschen kann man nicht ändern», meint er auf die Frage, was man dagegen tun könnte.


Mehr Veränderungspotenzial sieht der junge Landwirt im Bereich der Wertschätzung sich selbst gegenüber. «Wir sind uns selber auch zu wenig wert», weiss er und ist überzeugt, dass gerade im Bereich der Kommunikation einiges ändern sollte. So ist es für ihn entscheidend, wie der Bauer seine Produkte und seine Arbeit wertschätzt, wie er sie benennt. Sinnbildlich sagt er bei der Einfahrt in die Zuckerfabrik in Aarberg: «So, nun holen wir das edle Gut!»  


Die Produktion dem Konsumenten näherbringen


Im Grunde glaubt er, dass die Landwirtschaft bei der übrigen Bevölkerung einen positiven Stand geniesst. «Das soll auch das Ziel sein», ist Daniel Siegenthaler sicher. «So soll auch das Ziel jedes einzelnen Landwirts sein, die Produktion dem Konsumenten näherzubringen», ergänzt er. Und kritisiert dabei nicht, dass der Endverbraucher sich schliesslich immer mehr von der Urproduktion entferne und immer weniger vom Bauernstand verstehe. Man müsse auf ihn zugehen, den Konsumenten, und von der Landwirtschaft berichten, ist er sicher.

Für ihn ist Landwirtschaft ein umfassender Begriff. Nicht nur die Kuh melken, oder den Weizen ernten, sondern, im «Dienste der Landwirtschaft unterwegs sein», wie er beispielsweise die Lohnarbeiten, die er erledigt, erläutert.  


Der Fendt braucht seine Pferdestärken


39,7 Tonnen schwer ist der Traktor mit den beiden Anhängern voller Schnitzel. Die Fahrt geht zurück ins Emmental, zum Schloss Trachselwald. Der Fendt braucht seine Pferdestärken. Und mindestens so sehr die Routine des Fahrers. Daniel Siegenthaler macht beim Abladen der frischen Schnitzel Milimeterarbeit. Die Betriebe wurden seinerzeit nicht für derart grosse Gefährte gebaut.

Siegenthaler manövriert die tonnenschwere Last genau und blitzschnell. Sein Ausdruck im Gesicht verrät, dass er auch das gerne und sicher tut. Wie alles an diesem Morgen auf der Hin- und Rückfahrt zwischen dem Emmental und der Zuckerfabrik. Er wirkt hochkonzentriert, auch wenn die Arbeit längst Gewohnheit ist und er sich sattelfest fühlt.

Am längsten Tag des Jahres wurde er geboren. Das passt zu ihm und seiner Einstellung zur Arbeit. Er scheint ein typischer Vertreter seiner Generation – der Generation Y (siehe Kasten), die den Anspruch hat, Freude bei der Arbeit zu empfinden. Das soll auch so bleiben, ist er sicher.


Das Abladen der Schnitzel ist zu Ende. Daniel Siegenthaler hat beim Lohnunternehmen Feierabend. Auf seinem Betrieb in Schwanden i. ., wo er zusammen mit seiner Freundin Alexandra Burri lebt, wartet wieder Arbeit auf ihn. Arbeit, die Freude bereitet.

Simone Barth