Anfang August ist jeweils für viele Älplerinnen und Älpler die halbe Zeit der Alpsaison vorbei. Dies gilt auch für die fünf jungen Sennen und die Sennin auf der Alp Sefinen unterhalb vom Schilthorn im Berner Oberland. Seit dem 17. Juni sind Sandra Lörtscher, Patrick Röthlisberger, Marco Wüthrich, Martin Ramseier und Roger Aeschlimann mit 108 Kühen und 107 Rindern auf der Sefinen z Berg. Das junge Team im Alter von 20 und 21 Jahren harmoniert noch immer bestens und in der Zwischenzeit ist eine gewisse Routine eingekehrt – und auch das Käsen ist nicht mehr ein solches Abenteuer wie in den ersten paar Wochen. 

Alle packen an

Es ist gegen 11 Uhr, als der Autor letzten Freitag auf dem Stafel Boganggen eintrifft. Die Kühe sind auf der Weide, der Stall wird gerade sauber gemacht. Auf einem Trial-Töff kommt Marco Wüthrich dahergerast. Er ist verantwortlich für die Käsepflege und dafür muss er zum unteren Stafel fahren. «Wir lagern den Käse dort», gibt er trocken Auskunft. Der Rest des Teams befindet sich in der Käserei, dort herrscht jetzt Hochbetrieb. Denn es ist Zeit, den Käsebruch aus dem Kessi zu nehmen. Der «Chef» und Käser auf der Alp, Patrick Röthlisberger, gibt hier den Ton an. «So mir chöi dr Bruch itze usanä.» Alle packen an, jeder Handgriff sitzt. Gesprochen wird dabei nicht viel, wohl wegen des Besuchs der BauernZeitung. Heute gibt es zehn Käse à elf Kilogramm. «Die Kühe geben weniger Milch als letztes Jahr», sagt Röthlisberger, der schon den dritten Sommer auf der Alp verbringt. «Es ist einfach zu Nass. Fast jeden Abend haben wir Regen», beklagt das Team die Witterungsverhältnisse. Das Gras sei nicht so «melkig» aber zum Glück wachsig. Die Kühe haben dieses Jahr auch viel mehr mit Klauenproblemen zu kämpfen. So mussten doch schon drei mit dem Helikopter wieder hinunter ins Tal gebracht werden. 

Zehn Tonnen Alpkäse

Nichtsdestotrotz kommen Ende der Alpsaison gegen zehn Tonnen Alpkäse AOP zusammen. Auch Raclettekäse, Mutschli, Butter und Joghurt werden auf der Alp hergestellt. Nach dem Käsen werden alle Utensilien fein säuberlich gewaschen. Denn Sauberkeit und Hygiene seien das A und O für einen guten Alpkäse. Sogar eine unangemeldete Lebensmittelkontrolle gab es kürzlich auf der Alp und der Kontrolleur stellte dem Team ein gutes Zeugnis aus.

Nun steigt Marco Wüthrich in das Käsekessi, ausgerüstet mit einer Bürste und Schwamm. «Ich putze das Kessi viel lieber als diese blöde Milchfuge mit ihren 53 Fugitellern», lacht er. «Diese Arbeit überlasse ich dem Chef.» Patrick Röthlisberger nimmt es gelassen. Aufgrund seiner ruhigen Art kann ihn nichts so schnell zur Weissglut bringen, und zusammen mit seiner Freundin Sandra Lörtscher macht das Putzen sogar Spass. 

Ein guter Geist

Auf der Alp sind die Tage lang, die Arbeit ist streng. «Bei uns ist jeweils um 5 Uhr Tagwache», sagt Sandra Lörtscher. «Wir brauchen aber alle einen Wecker», lachen die Fünf am Küchentisch. Und wer ist jeweils der Erste? Sofort richten sich alle Augen auf Marco Wüthrich. «Ja, ich muss immer warten, bis alle komplett sind, damit wir gemeinsam den Tag beginnen können», sagt er neckisch zu seinen Gspänli. Jetzt wird es interessant: Stimmen werden laut, alle lachen, man spürt, es herrscht ein guter Geist hier oben. Ja, so ein Alpsommer schweisst zusammen. Es gibt keinen Chef hier, alle sind aufeinander angewiesen. Fehle ein Glied in der Kette, gebe das einen mühsamen Sommer, sind sich alle einig. Nach dem Frühstück gehen alle Fünf ihren Verpflichtungen nach. Martin Ramseier, der vor allem für die Kühe verantwortlich ist, hat ein gutes Auge für die Klauenpflege. «Es gibt viele Kühe, die immer wieder lahm gehen», klagt er. Abgesprengte Klauenwände, Zwischenklauenwarzen oder das Grippeli kommen häufig vor. Einer, der sicher Ende Alpsommer am meisten Kilometer gelaufen ist, ist der Gustihirt Roger Aeschlimann. Jeden zweiten Tag macht er sich zu Fuss auf den Weg, um die 107 Rinder zu begutachten – weit weg von der Hütte. Da ist Aeschlimann gut und gerne vier, fünf Stunden unterwegs. 

Seit Ende Juli ist das Älplerteam nun mit dem gesamten Vieh auf dem oberen Stafel Boganggen auf 2040 Metern über Meer. Bis Anfang September bleiben sie hier, dann geht es wieder zurück auf den unteren Stafel. Mitte September, um den Bettag, geht es dann nach gut 90 Tagen Alpzeit zurück ins Tal, abgerundet mit einem eindrücklichen Alpabzug durch Interlaken BE.

Peter Fankhauser

Weitere Bilder: www.bauernzeitung.ch/Fotogalerien