Die Delegierten der Branchenorganisation Milch (BOM) trafen sich am Dienstag zur 10. Delegiertenversammlung in Bern. Präsident Markus Zemp lobte die Fortschritte der Branchenorganisation, insbesondere die Gesprächskultur innerhalb der Organisation: «Ich freue mich, dass man Sitzungen nicht verlässt, sondern gemeinsam nach dem Konsens sucht.»



Lukas Barth neu in den Vorstand gewählt

Die Jahresrechnung schloss mit einem Ertragsüberschuss von über 100 000 Franken. In der konsolidierten Rechnung, bei der die verschiedenen Fonds berücksichtigt werden, beträgt der Erfolg noch 6327 Franken. Der Vorstand schlug deshalb den Delegierten vor, aufgrund des guten Jahresergebnisses den variablen Mitgliederbeitrag von 0,012 Rappen pro Kilogramm produzierter Milch auf 0,01 Rappen zu senken. Der Vorschlag wurde von den Delegierten akzeptiert. Jahresrechnung, Budget wurden gutgeheissen und die Organe entlastet.



Im Vorstand gibt es einen Wechsel. Gilles Oberson, der seit 2010 für die Elsa SA im Vorstand tätig war, gab auf die Delegiertenversammlung seinen Rücktritt. «Ich lasse ihn ungern gehen», sagte Markus Zemp. Oberson wird durch Lukas Barth ersetzt, der kürzlich vom Bundesamt für Landwirtschaft zur Elsa wechselte.



Allgemeinverbindlicher 
Standardvertrag

In seiner Rede ging Präsident Markus Zemp auf die schwierige Lage ein, in der sich die einheimische Milchwirtschaft zur zeit befinde. Der Entscheid der Nationalbank, den Euro-Mindestkurs nicht mehr zu stützen, habe die Schweizer Milchwirtschaft stark negativ getroffen, führte Zemp aus. Auf einen Schlag hätten sich die Exporte um 18 Prozent verteuert, die Importe entsprechend verbilligt und die Lücke im Schoggigesetz vergrössert. Zemp führte weiter aus, dass die Spannweite der Produzentenpreise noch nie so gross gewesen sei: «Während sich die Milchpreise für gewerblich hergestellte Rohmilchkäse auf gutem Niveau halten können, sind diejenigen für Molkereimilch in Richtung 50 Rappen gesunken.» Dennoch glaube er an das Fortbestehen der Schweizer Milchwirtschaft: «Wenn nicht die Milchwirtschaft in der Schweiz Zukunft hat, was dann?», schloss Zemp.



«Das Glas der Segmentierung ist zu 95 Prozent voll»

Geschäftsführer Stefan Kohler ging in seinem Jahresbericht insbesondere auf die Segmentierung ein und wand ihr dabei ein Kränzchen. 85,1 Prozent im vergangen Jahr flossen in das A-Segment. «Obwohl 2014 3,3 Prozent mehr Milch produziert wurde, blieb der Milchpreis stabil», führte Kohler aus. Das sei unter anderem der Segmentierung zu verdanken. Ausserdem helfe die Segmentierung, den Druck aus dem internationalen Umfeld etwas abzufedern. Er habe sich aber intensiv mit der Frage auseinandergesetzt, wo die Grenzen der Segmentierung seien. Für ihn ist klar, dass bei zu starken Mächten im Markt die Segmentierung nur begrenzt wirken könne. Er sehe das Glas der Segmentierung zu 95 Prozent voll. «Und wegen der fehlenden fünf Prozent lasse ich mir die Segmentierung nicht schlecht reden», betonte Kohler. Ein kritisches Votum von Marc Benoit, Präsident der Prolait, dass die Segmentierung keinen Einfluss auf den Markt habe, liess Kohler nicht gelten: «Man darf von der Segmentierung keine Wunder erwarten.»

Rudolf Bigler, BOM-Vizepräsident, forderte sowohl die Vertreter von Industrie und Handel auf, die Richtpreise zu bezahlen, wie auch die PO und PMO, die Milch nicht unter dem Richtpreis auszuliefern.



C-Milch als Schwachstelle der Segmentierung

Vor allem in den Monaten April bis Juni 2014 ist verhältnismässig viel C-Milch (bis fünf Prozent) gehandelt worden. Sowohl Präsident wie auch Geschäftsführer sprachen sich positiv gegenüber der Lactofama aus. «Richtig angewendet, verhindert sie den Preisdruck auf andere Segmente. Daher ziehe ich eine positive Bilanz», bemerkte Markus Zemp. Stefan Kohler führte aus, dass es 2014 aufgrund der höheren Produktion sogar noch mehr C-Milch benötigt hätte. Kohler bezeichnete die C-Milch als Schwachstelle im System. Ausserdem sei ihm zu Ohren gekommen, dass die C-Milch – anders als im Reglement festgehalten – nicht immer freiwillig abgeliefert werde. Es sei ihm noch nicht gelungen, diese Aussagen zu verifizieren, er wolle sich aber noch genauer mit diesem Vorwurf auseinandersetzen.



Allgemeinverbindlichkeit soll Trittbrettfahrer ausschliessen

Trotz Kritik an der Segmentierung beschlossen die Delegierten, beim Bundesrat das Gesuch für Allgemeinverbindlichkeit für die Segmentierung und den Standardvertrag einzureichen. Die Allgemeinverbindlichkeit läuft Ende Juni 2015 aus. In den kommenden Wochen muss nun beim Bundesrat ein Gesuch für die Allgemeinverbindlichkeit des Standardvertrags und der Segmentierung eingereicht werden. Dieses wird anschliessend von den Ämtern geprüft und kann dann zusammen mit anderen Verordnungsanpassungen ins Herbstpaket genommen werden. Falls der Bundesrat dem Gesuch dann zustimmt, wird es ab dem 1. Januar 2016 für Nichtmitglieder wieder verbindlich. Dass einige Monate ohne Allgemeinverbindlichkeit ausgekommen werden muss, sei ein kalkulierbares Risiko, da die grosse Mehrheit der Akteure Mitglied der Branchenorganisation sei, sagte Markus Zemp. Geschäftsführer Stefan Kohler betonte, dass die Allgemeinverbindlichkeit dennoch wichtig sei, insbesondere um Trittbrettfahrer und Marktverzerrungen auszuschliessen. Die IG der Produzenten stimmten mit drei Enthaltungen für die Weiterführungen der Allgemeinverbindlichkeit, die IG der Verarbeiter und des Handels sprachen sich einstimmig dafür aus.

Julia Schwery