Ein verschneiter Vorplatz, ein Bauernhaus am Hang mit Blick auf St. Silvester und acht Limousin-Mutterkühe  mit sechs Rindern und drei Kälbern im Stall: Das ist das «Paradies» von Steve Zurkinden. Erst seit einigen Monaten nennt der gelernte Zimmermann und Landwirt das Heimet in Giffers FR sein Eigen. Nach 15 Jahren der Suche ist er fündig geworden – und auf seiner jahrelangen Odyssee einige Erfahrungen reicher.

Betriebshelfer und Lohnunternehmer

Auf einem Landwirtschaftsbetrieb aufgewachsen ist Steve Zurkinden nicht, «aber fast», wie er ergänzt. Sein Grossvater und sein Onkel führten einen Hof mit Milchvieh im gleichen Dorf und als Bub war Zurkinden wann immer möglich dort. Nach seiner Lehre zum Zimmermann wurde er Landwirt und bildete sich zum Betriebsleiter weiter. Letzteres habe ihm viel gebracht, v.a. das Rüstzeug zum erfolgreichen Wirtschaften, bemerkt der heute 33-Jährige. Zuerst absolvierte der Freiburger die nötigen Praxistage bei seinem Onkel. Spätre war Steve Zurkinden auf einem anderen Betrieb in Tentlingen angestellt mit Absicht diesen zu übernehmen und leistete Betriebshelferdienst für verschiedene Bauern in der Gegend. Bald kamen erste Lohnarbeiten hinzu, wofür sich Zurkinden einige Maschinen zulegte, statt sie wie zuvor von seinem Arbeitgeber zu mieten.

Die Übernahme war nah

Durch seine Arbeit baute sich Steve Zurkinden ein breites Netzwerk auf und begann mit 18 Jahren seine Suche nach einem Landwirtschaftsbetrieb.

«Produktionsrichtung und Grösse waren für mich nie ausschlaggebend»,

hält Steve Zurkinden fest.

Ihm sei aber viel daran gelegen, dass es für alle Beteiligten fair zu und her ging. Als sein Arbeitgeber mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen hatte, kam er seinem Ziel zum ersten Mal sehr nahe: «Wir hatten uns bereits auf einen Pachtzins geeinigt», erinnert sich der Freiburger. Zusammen mit seinem Buchhalter wollte Steve Zurkinden eine Betriebsgemeinschaft aufbauen. Doch die Einigkeit über den Pachtzins geriet ins Wanken, als ein Berater des LZ Grangeneuve die Zerstückelung des Betriebs vorschlug. «Dafür braucht es zwar eine Bewilligung, es wären aber viel höhere Zinse möglich gewesen», erklärt Zurkinden. Ausserdem bekamen die Nachbaren Wind von der Sache und hätten sich auch einen Anteil der Fläche gewünscht, um ihre Betriebe zu vergrössern. Derweil führte Steve Zurkinden aufgrund des schlechten Gesundheitszustands des Eigentümers den Hof praktisch selbst.

«Ich gebe auf»

«Der Pachtzins hat sich immer weiter hochgeschaukelt», schildert Steve Zurkinden. Am Ende hätte er nur noch Land ohne Gebäude pachten können und ging nicht auf den Deal ein. «An diesem Punkt», erinnert sich der Freiburger, «habe ich gesagt: Ich gebe auf und werde halt nicht Bauer.» Keiner habe ihm das damals geglaubt.

Der Betrieb seines Grossvaters war ihm versprochen gewesen und als daraus nichts wurde, zog Zurkinden die Konsequenzen, räumte seine Werkstatt und verliess mit seinen Maschinen den Hof.

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Ein Güllefass öffnet Türen

Von da an konzentrierte sich Steve Zurkinden auf sein Lohnunternehmen und war im Alter von 23 Jahren von einem Tag auf den anderen zu 100 Prozent selbstständig. «Ich hatte – eigentlich für meinen eigenen Betrieb – ein neues Güllefass mit Schleppschlauch gekauft. Das war sehr gefragt.» Es sei zu der Zeit praktisch der einzige Schleppschlauch in der Region gewesen. Neben diversen Dienstleistungen als Lohnunternehmer half Zurkinden weiter aus, wenn wegen Operationen oder Krankheiten Not am Mann war. So lernte er auf einem Betrieb in Marly FR nicht nur besser Französisch, sondern auch die Munimast kennen. «Der dortige Landwirt hat mir geraten, in einen Rasentraktor zu investieren und für Immobilienverwaltungen zu arbeiten», schildert der Freiburger. Wenn er diesen Mann nicht kennengelernt hätte und seinem Rat gefolgt wäre, hätte sich sein Leben anders entwickelt, ist Steve Zurkinden überzeugt.

Maschinen und Tiere, aber das Land fehlt

Die Voraussagen bewahrheiteten sich: Steve Zurkinden sah sein Lohnunternehmen als Umweg, um doch noch zum eigenen Betrieb zu kommen. «Ich war jung, mir glaubte man nicht, dass ich mir das leisten könnte», gibt er zu bedenken. Dabei hatte der Freiburger von seiner Arbeit viel Kapital auf der Seite, das er in Maschinen und eine Handvoll Tiere investierte. Seine Milchkühe und deren Kälber kamen bei Freunden in Pension unter. «Während sechs Jahren führte ich mein Lohnunternehmen mit Kollegen und Aushilfen weitgehend alleine und habe in 70 Stellen als Betriebshelfer gearbeitet», fasst Zurkinden zusammen. Geld aus dem Verkauf von Kälbern investierte er ins Unternehmen. Hinzukam ein florierender Futter- und Strohhandel. Doch was weiterhin fehlte, war der eigene Betrieb.

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Die Nachbaren werden zur Konkurrenz

«Zehn Jahre habe ich das relativ gut ausgehalten, aber die letzten fünf waren zäh», sagt Steve Zurkinden rückblickend. Mehrmals stand er kurz vor der Hofübernahme und wurde knapp vor Vertragsabschluss von Nachbaren überboten. Ausserdem gehe die Beratung in Richtung Strukturwandel, so seine Kritik. «Man rechnet das Budget durch mit dem Bestehenden und kommt zum Schluss, ein kleiner Betrieb rentiere nicht», erklärt der Freiburger. Dabei gehe das Potenzial vieler Innovativer Junglandwirte vergessen, die Einkommen für den Betrieb mit Innovationen regenerieren könnten. Geld für Investitionen kann seiner Meinung nach z. B. auswärts verdient werden, innovative Ansätze wie Biogasanlagen, Fernwärme oder Direktvermarktung verbessern die Wertschöpfung – «egal wie klein ein Hof ist, man kann ihn wirtschaftlich machen», ist Zurkinden überzeugt, getreu seinem Motto:

«Wenn jemand sagt, das geht nicht: Denke daran, das sind seine Grenzen, nicht deine.»

Steve Zurkinden

Für die Verwaltung seien grössere, dafür weniger Betriebe allerdings praktischer, da damit auch die Zahl der Ansprechpersonen sinkt.

Das Lohnunternehmen wird zu gross

Mit 30 Jahren wollte Steve Zurkinden erneut einen Schlussstrich unter seine Hofsuche ziehen und voll auf sein Lohnunternehmen setzen. Um sein Privatvermögen und die Firma zu trennen, gründete er eine GmbH mit drei Angestellten, verkaufte alle seine Tiere und investierte in neue Maschinen. Damit manövrierte sich der Lohnunternehmer allerdings in ein neues Problem: «Mein Maschinenpark war so gross geworden, dass wir ihn auf fünf Depots verteilen mussten.» Während drei Jahren ging so viel Zeit mit ineffizientem Hin- und Herfahren verloren. Aber die Idee, eine Gewerbehalle auf freier Fläche in einem Industriegebiet zu bauen, scheitere an mangelnder Verfügbarkeit. «Ich kam zu dem Schluss: Ich muss bauern, damit ich auch Lohnunternehmer sein kann.»

Das selbst finanzierte Heimet

In der Folge intensivierte der Freiburger die Suche nochmals, kontaktierte Stiftungen und Pfarreien, wenn sich Betriebsleitende der Pension näherten, meldete sich auf Inserate und verbreitete einen Aufruf via Whatsapp-Status unter seinen rund 3'000 Smartphone-Kontakten – alles erfolglos.

Dann begegnete ihm im Herbst 2022 ein alter Bekannter aus seiner Kindheit und Jugendzeit in einer Dorfbeiz, erzählt Steve Zurkinden, «an diesem Tag meinte er schlicht: Du kannst den Hof haben». Der Freiburger handelte schnell. Mit einem Darlehen von seiner eigenen GmbH finanzierte er den gesamten Inventarkauf, ohne Starthilfe beantragen zu müssen. «Wir haben uns sofort gefunden, niemand hatte Zeit, dazwischen zu gehen».

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Eigener Betrieb mit handverlesenen Kühen

Seit vier Monaten ist Steve Zurkinden Besitzer eines kleinen 6,5-ha-Betriebs in Giffers FR. Der selbst umgebaute Stall bietet Platz für 11 Mutterkühe mit Kalb und 12 Rinder. Aktuell stehen darin acht Limousin-Kühe mit sechs Rindern und drei Kälbern. «Ich habe sie zusammen mit meiner Freundin aus der Herde eines Kollegen handverlesen», meint er glücklich und streicht einer der Kühe über den breiten Rücken. «Wir haben jene gewählt, die handzahm waren – das hat sich gelohnt.» Der Freiburger kann von fixen Zäunen auf den umliegenden Weiden profitieren, die einst für Eringerkühe genutzt worden sind.

Menschen auf der Suche nach einem Hof rät Steve Zurkinden, alle verfügbaren Kanäle zu nutzen – vom Whatsapp-Status über Inserate bis zum Briefeschreiben. «Sobald man etwas in Aussicht hat, sollte nach aussen unter den Vertragsparteien Stillschweigen herrschen, bis die Unterschriften gesetzt sind», ergänzt er. Finanzberater als Dritte könnten nützlich sein, so seine Meinung, «aber besser niemand mit Verbindung zur Agrarpolitik, die sich gegen eine kleinstrukturierte Landwirtschaft wendet».

«Jeder braucht die Bauern»

Für Steve Zurkinden ist die Arbeit als Bauer erfüllend. «Als Lohnunternehmer gibt es Konkurrenz um Aufträge und man ist auf Austraggeber angewiesen», erklärt er. Als Bauer fühlt er sich an der Basis, «jeder braucht die Bauern». Dass sein Betrieb so klein ist, sei kein Nachteil, der Landwirt und Lohnunternehmer plant bereits dessen Weiterentwicklung: «Wenn ich ums Haus laufe, kommen mir allerhand Ideen», meint er lächelnd.

Betriebsspiegel Zurkindens Limousinhof
Ort: Giffers FR
LN: 6,5 ha
Kulturen: Grasland, 0,5 ha Mais
Tierbestand: 8 Mutterkühe, 6 Rinder, 3 Kälber, alles Limousin
Arbeitskräfte: Betriebsleiter