«Und plötzlech schmöckt’s wider wie deheim.» Der Duft eines warmen Zopfs, von Älpler Magronen, einer Berner Platte oder einer gebrannten Creme. Unerwartet steigt er in die Nase, setzt sich fest und da sind sie wieder: die Erinnerungen an zu Hause, ans Grosi oder die Küche der geliebten Gotte. Essen ist Heimat, manchmal auch Heimweh! Menschen, die auswandern, nehmen oft ihre Rezepte aus der Heimat mit und schwelgen, gerne auch gemeinsam, in Erinnerungen. Familienfeste sind deshalb geradezu ideal, Essenstraditionen weiterzuführen.

Tessiner «Seelenfutter»

Ein Blick in die Töpfe der anderen Landesteile reicht und schon finden wir «Seelenfutter». Im Tessin kommt man kaum an Polenta und Risotto vorbei und natürlich gehören da Capretto und Cogniglio, Zicklein und Kaninchen, dazu. Ein traditionelles, bei uns nicht sehr bekanntes Essen ist schlicht ein eingelegter Fisch «Pesce in Carpione». Das uralte Rezept stammt aus einer Zeit, als das Tiefkühlen noch nicht erfunden war: Man legte gebratene Fische in eine Marinade und bewahrte sie als Vorrat bis zu vierzehn Tage an einem kühlen Ort auf. Heute wird der Fisch nur für ein paar Tage eingelegt, schliesslich will man noch etwas vom Geschmack der feinen Fische.

Bei «Pesce in Carpione» ist es wie mit der Tessiner Brottorte, fast jede Familie hat ein eigenes Rezept, eine eigene Variante. Gleich bleiben ein paar grundlegende Dinge: Ein Süsswasser-Fisch wird mit wenig Mehl gebraten, mit fein geschnittenem Gemüse und Kräutern zusammen in einer Essig-Wein-Beize eingelegt und mit frischem Brot nach zwei, drei Tagen genossen.

Rezept individuell anpassen

Das Rezept kann man für sich anpassen: Rotwein- statt Weissweinessig oder Weisswein statt Rotwein; Knollen- statt Stangensellerie; nur einige wenige Kräuter oder ein ganzes Bouquet davon. Und zur Not kann man teilweise auch einmal getrocknete Kräuter verwenden.

Das Ursprungsrezept spricht von ganzen, ausgenommenen Fischen, in deren Bauch sich ein, zwei Salbeiblätter verstecken. Schon lange jedoch werden der Einfachheit halber auch Filets verwendet. Es ist einfacher und geht etwas schneller. Früher wurden oft Agonen verwendet, die sogenannte Finte oder Elbe. Das ist eine inzwischen sehr seltene Süsswasser-Heringsart, die in den Tessiner und Oberitalienischen Seen lebt. In den Tälern wählte man, was die Flüsse hergaben. Heutzutage werden meist Felchen, Forellen und ab und zu auch Eglis verwendet.