Mit dem August beginnt für angehende Landwirte und Landwirtinnen auch immer ein neues Lehrjahr. Ein neuer Betrieb, eine neue Familie, ein neues Umfeld, neue Regeln. Das ist eine grosse Umstellung für junge Erwachsene. Ich habe Respekt vor jeder Person, die sich für diesen Weg entscheidet. Es ist der Beginn einer Ausbildung, die nur alle 11 Tage ein freies Wochenende kennt. Und es ist ein Job, der nicht mit dem Feierabend endet.
Sie entscheiden sich für einen Lebensentwurf
Zum Zeitpunkt der Berufswahl entscheiden sich die Schüler und Schülerinnen nicht nur für einen Beruf, sondern für einen Lebensentwurf. Getrieben von der Leidenschaft für «ds Bure» ist für sie der Fall klar. Diejenigen, die diese Leidenschaft kennen, wissen, was ich meine.
Ein grosser Teil der heranwachsenden Generation von Landwirten und Landwirtinnen werden schon in den Kindergummistiefeln mit dieser Freude geimpft – andere kommen auch ohne elterliche Vorbilder aus der Landwirtschaft auf diese Fahrgasse.
Über den Kiesweg oder die geteerte Strasse auf den Lehrbetrieb
Ob die Lernenden über einen Kiesweg oder über eine geteerte Kantonsstrasse auf den Lehrbetrieb gelangen: Die Bereitschaft, diesen Beruf zu erlernen, sagt doch schon einiges über den Menschen aus, der an diesem ersten Tag des neuen Lehrjahres zur neuen Bauernfamilie stösst.
Wie geht man mit Fehlern um?
Die Motivation, diesen Beruf zu erlernen, dürfte für die Bauerntochter und den Lehrersohn eine ähnliche sein, der Umgang mit Fehlern ein anderer. Ich stelle diese Hypothese in den Raum, weil die erste Partie meines Berufsweges der theoretisch geprägten Akademie gewidmet war und ich mich jetzt als landwirtschaftliche Mitarbeiterin in einem anderen Milieu bewege.
Prallen diese zwei Lebensformen aufeinander, gewinnt man interessante Erkenntnisse. Mache ich einen Fehler, grüble ich an einem Kniff, wie ich ihn rückgängig machen kann, ich studiere, was ich hätte anders machen sollen.
Den «Was-wäre-wenn»-Prozess überspringen
Ich stelle fest, dass praktisch veranlagte Personen schneller akzeptieren, dass Fehler passieren. Vermutlich, weil sie es mit handfesten Dingen zu tun haben. Anders als in der Theorie kann man draussen Geschehenes nicht einfach ungeschehen machen. Den Blühstreifen angemäht? Passiert. Zu viel gesät? Passiert. Ein Teil beim Traktor abgeklemmt? Passiert. Diese Situationen haben nichts mit der Vernachlässigung der beruflichen Sorgfalt zu tun. Es sind Tatsachen, die man hinnehmen und eine Lösung dazu suchen muss. Praktisch denkende Personen überspringen den «Was-wäre-wenn»-Prozess schneller. «Passiert ist passiert – Was machen wir jetzt damit?».
Aus einem Fehler herausmanövrieren
Fehler passieren in unserem Beruf wohl häufiger, als wir eingestehen möchten. Darum bieten sich zahlreiche Möglichkeiten, daraus zu lernen. Das ist schlussendlich auch wichtiger und vor allem nachhaltiger, als bei der Schuldzuweisung steckenzubleiben. Diese Einstellung erschafft eine positive Fehlerkultur, in der unangenehme Sachen zwar immer noch passieren, aus denen man sich aber immer irgendwie herausmanövrieren kann.
Das ist eine wichtige Lektion fürs Leben - das eine Lektion, die in keine Modulgruppe passt. Sie findet draussen, im Leben, statt.
Sera ist im Hinterland von Schwarzenburg aufgewachsen, wohnt in Bern und arbeitet als Redaktorin bei der BauernZeitung. In ihrer Serie erzählt die Agronomin von den Unterschieden zwischen der bodenständigen Lebensart, die sie beim «Bure» erlebt und dem ganz anderen Leben in der Stadt.