Theresa und Stefan waren während ihrer Studienzeit die besten Freunde und füreinander da wie eine Familie. Dann trennten sich ihre Wege abrupt.
20 Jahre später begegnen sie sich per Zufall wieder. Doch die Innigkeit ist weg. Sie schreien sich an. Nach diesem hässlichen Treffen versuchen sie, ihrer Freundschaft per Mail nochmals eine Chance zu geben.
Überlebenskampf gegen Überlegenheitsgefühle
Stefan, der Kulturchef einer Hamburger Wochenzeitung, der gendert, der alles richtig benennen und dem Klimawandel journalistisch entgegentreten will. Für ihn gibt es moralisch richtig und moralisch falsch. Er ist überzeugt, moralisch richtig zu handeln. Theresa, die Milchbäuerin aus Brandenburg, die den Hof ihres verstorbenen Vaters auf Bio umstellt, auf nachhaltige Energie setzt, verzweifelt und über ihre Kraft gegen Bürokratie, Schweinegrippe, tiefe Preise und Ansprüche der Familie kämpft.
Warum beschreibe ich Ihnen die Handlung aus dem Buch «Zwischen Welten» von Juli Zeh und Simon Urban? Die E-Mails und Whatsapp der beiden lassen einen in zwei total unterschiedliche Leben eintauchen; ja, und eines dieser Leben nervt ziemlich (das mag ich an Büchern: mich so richtig aufregen zu können über andere).
Stefan und Theresa reden aneinander vorbei, sie fühlen sich vom anderen provoziert und greifen tatsächlich auch in die unterste verbale Schublade. Es gelingt ihnen nicht, die Lebenswelt des anderen zu verstehen. Und beide merken dabei nicht, dass sie längst in ihrer eigenen Welt gefangen sind und nicht mehr selber über sich bestimmen können.
Die beiden scheitern grandios
Noch liegt ein Viertel des Buches ungelesen vor mir. Ich kann es Ihnen trotzdem sehr empfehlen. Mich berührt, dass Stefan und Theresa immer wieder versuchen, konstruktiv zu debattieren. Auch wenn sie grandios daran scheitern. Imre Grimm vom Redaktions-Netzwerk Deutschland hat über Diskussionskultur geschrieben: «Es ist ein massiver Unterschied, ob man im Umgang miteinander falsche Meinungen bekämpft – oder gleich die ‹Falschmeinenden› selbst. Die Chancen für eine Deeskalation freilich sind gering. Es wird die Welt aber nicht nachhaltig voranbringen, wenn alle immer bloss beleidigt sind.»
Viel Spass beim Lesen von «Zwischen Welten».