«Heute geniessen wir das Zusammensein und schnädere.» Mit diesen Worten begrüsste die Co-Präsidentin Ida Schaffter die zahlreich erschienenen Frauen zum 26. Kantonalen Bäuerinnen- und Landfrauentag des Solothurnischen Bäuerinnen- und Landfrauenverbands (SOBLV) am Bildungszentrum Wallierhof, Riedholz. Auch die zweite Co-Präsidentin Sieglinde Jäggi freute sich auf einen unbeschwerten Tag und auf die zwei Referate zum Thema Aufbruch.

Pilgerpass und gute Schuhe sind nötig

Beatrice Wagner aus Egerkingen machte sich mit Tochter Jasmin auf, um auf dem Jakobsweg zu pilgern. Corona erschwerte ihre Reise und die Vorbereitungen mussten sorgfältig getroffen werden. Gut eingetragene Wanderschuhe, wenig Gepäck und selbstverständlich der Pilgerpass sind wichtig. Als Zeichen dafür, Pilger zu sein, wird eine Muschel am Rucksack getragen.

Grosse Gastfreundschaft der Einheimischen

Das Abenteuer begann für die beiden Frauen bereits am Flughafen in Madrid (E), als sie darum bemüht waren, in den richtigen Zug nach Léon zu steigen. Ab dort ging die Reise zu Fuss weiter. Unterwegs wurden die zwei Pilgerinnen spontan eingeladen von Einheimischen zu Kaffee und Frühstück. Nach über 100 Kilometern wurde das Gespann wegen Fussproblemen von Beatrice Wagner gezwungen, für das letzte Stück nach Santiago de Compostela den Bus zu nehmen. Das Ankommen bei der Kathedrale war für Mutter und Tochter ein überwältigendes Erlebnis. Auf die Frage aus dem Plenum, ob sie das im Bus zurückgelegte Stück nochmals zu Fuss gehen möchte, antwortete die Pilgerin: «Mein Ziel ist nicht mehr Santiago de Compostela, der Weg ist das Ziel», und ganz bestimmt möchte sie wieder einmal auf dem Jakobsweg unterwegs sein.

Spanien auf dem Wasser

Aufgebrochen, aber auf ganz andere Art, ist Rita Hänggi, ehemalige SOBLV-Präsidentin mit ihrem Mann Blasius. Sie kauften einen Katamaran, liessen die Schweiz hinter sich und bieten nun rund um die kanarischen Inseln Segeltörns für Gäste an. Die erste Fahrt «brauchte Mut und Vertrauen», erzählte sie, die im Solothurner Jura aufgewachsen ist. Der Bericht, wie es dazu kam, welche freiwilligen und unfreiwilligen Aufbrüche Rita Hänggi vorher in ihrem Leben durchgemacht hatte, liess die Frauen teils schmunzeln, lachen oder auch ganz still werden.

Aber … gibt es beim Manövrieren nicht

Spannend und unterhaltsam waren die mit Bildern und Videos unterlegten Erzählungen über das Leben und Arbeiten auf dem Schiff. Während auf dem Schiff im Ruhezustand Demokratie herrscht, sieht es beim Manövrieren anders aus. Ein aber... hat da keinen Platz. Das alleinige Kommando gehört dem Skipper, also Ehemann Blasius. Das musste Rita Hänggi rasch lernen, wie sie verriet und damit die Lacher auf ihrer Seite hatte. Sie ist auf dem Katamaran für das leibliche Wohl der Gäste sowie für den Anker beim An- und Ablegen verantwortlich. Spannende Begegnungen, die auch mal zu bleibenden Freundschaften werden, gehören da mit dazu.

Mehr zum Seglerpaar gibt es hier

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«Viele Frauen müssen noch selbstbewusster werden»

Die BauernZeitung hat bei den beiden Co-Präsidentinnen Sieglinde Jäggi und Ida Schaffter nachgefragt, wie es den Solothurner Bäuerinnen und Landfrauen und ihrem Verband geht.

Mit welchen Themen beschäftigt sich zurzeit der Solothurnische Bäuerinnen- und Landfrauenverband?
Sieglinde Jäggi: Mit der Mitgliedergewinnung. Wir möchten alle Frauen, auch jüngere, Bäuerinnen, Frauen vom Land und von der Stadt ansprechen.

Ida Schaffter: Wir sind bemüht, unsere Frauen aus der Lethargie der Pandemie zu holen. Wir kämpfen gegen den Mitgliederschwund und sind daran, unsere Statuten den Bedürfnissen anzupassen.

Wie nehmen Sie die Stimmung unter den Solothurner Bäuerinnen wahr? Oder anders gefragt, wo drückt auf den Betrieben der Schuh am meisten?
Ida Schaffter: Viele Bäuerinnen sind es müde, gegen viele Anschuldigungen von aussen (Massentierhaltungs-Initiative, Trinkwasser-Initiativen usw.) anzukämpfen. Manche arbeiten über ihre Kräfte, weil sie keine guten Arbeitnehmenden finden oder diese nicht bezahlen können. Andere arbeiten auswärts und wollen trotzdem auf dem Hof alles gut machen. So bleibt keine Zeit für Geselligkeit und Vereine.

Sieglinde Jäggi: Ich denke, die Stimmung ist nicht schlecht. Ich glaube jedoch, der Schuh drückt am meisten wegen der stetigen Abstimmungen, welche uns Bauernfamilien betreffen. Die Bäuerinnen müssen sich betreffend ihrer Arbeit immer rechtfertigen, was ja eigentlich nicht Sinn unseres Berufes sein sollte. Jede Bauernfamilie gibt ihr Bestes, wir schützen, was wir lieben, stellen unsere Produkte mit bestem Wissen und Gewissen her und führen unseren Beruf mit viel Liebe und Herzblut aus.

Wie wichtig sind für Sie Anlässe wie der Kantonale Bäuerinnen- und Landfrauentag und weshalb?
Ida Schaffter: Es ist uns wichtig, etwas Geselligkeit in den Alltag zu bringen. Einen Tag alle Sorgen und Pflichten zu vergessen und Freundschaften pflegen zu können.

Sieglinde Jäggi: Für mich persönlich ist sehr wichtig, vor allem auch das gemütliche Miteinander erleben zu dürfen.

Wie hat sich aus Ihrer Sicht die Rolle der Bäuerinnen in den letzten 20 Jahren auf den Höfen verändert?
Sieglinde Jäggi: Die Bäuerinnen gehen heute oft einem Nebenerwerb nach. Oftmals führen sie auf dem Betrieb einen Betriebszweig selbstständig, beispielsweise die Direktvermarktung. Zudem gibt es bereits viele Betriebe, die von Frauen (Landwirtinnen) geführt werden.

Ida Schaffter: Die Bäuerinnen haben viel mehr Druck. Eine Bäuerin, die nicht auswärts arbeitet, einen Hofladen führt oder eine Dienstleistung anbietet, wird oft sogar von Berufskolleginnen als faul bezeichnet. Dadurch, dass immer mehr Betriebe eingehen, die verbleibenden grösser werden, müssen die Frauen stets mehr mithelfen und zugleich ihren Männern den Rücken freihalten.

Wie wird sich die Rolle der Bäuerin in Zukunft noch verändern?
Ida Schaffter: Die Rolle, dass sie für Haus und Garten zuständig sind, wird nicht so schnell verschwinden. Aber sie werden immer mehr Aufgaben übernehmen müssen. Da ist auch die Öffentlichkeitsarbeit sehr wichtig. Sie werden sich auch immer mehr mit elektronischen Medien befassen müssen.

Auch auf Landwirtschaftsbetrieben sind Scheidungen keine Seltenheit mehr. Ist aus ihrer Sicht die Bäuerin dabei genug abgesichert oder wo müsste noch nachgebessert werden?
Sieglinde Jäggi: Ein Teil ist sicher abgesichert. Wie ausreichend, kann ich jedoch nicht sagen. Es besteht sicher noch ein grosser Bedarf, bis wir da so weit sind, wie es sein sollte. Der Sozialversicherungsschutz sollte jedoch nicht nur für Bäuerinnen, sondern für die gesamte Bauernfamilie ein Thema sein. Auf unserer Homepage haben wir in der Rubrik Aktuelles einen Beitrag dazu aufgeschaltet.

Ida Schaffter: Wir betreiben sehr viel Aufklärungsarbeit, um darauf hinzuweisen, wie wichtig die soziale Absicherung ist. Es gibt dabei verschiedene Wege. Zu viele Menschen sind wohl noch immer der Meinung, ihnen könne nichts passieren. Das gilt übrigens nicht nur für Bäuerinnen, sondern für alle KMU-Frauen. Sicher müssen viele Frauen noch selbstbewusster werden. Wir befassen uns mit dem Thema und werden dazu bald etwas anbieten, was wir momentan am Ausarbeiten sind.